Ernährungsform oder Lifestyle-Trend?
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Ernährung ohne tierische Produkte – so geht vegan

Gefüllter Wrap auf Holzbrett
Die vegane Ernährungsform sieht vor, ganz auf tierische Produkte zu verzichten. | Bild: annapustynnikova / AdobeStock

Die Idee einer rein pflanzlichen Ernährung aus moralischen oder ethischen Gründen ist nicht neu. Griechische Philosophen beschäftigten sich bereits in der Antike mit diesem Gedanken. 

Die Namensschöpfung „vegan“ wurde 1944 von Donald Watson, dem Begründer der British Vegan Society, aufgebracht. Das Wort setzt sich aus dem Anfang und Ende des Wortes „vegetarian“ zusammen. In Deutschland ernährt sich nach eigenen Angaben etwa ein Prozent der Bevölkerung vegan.

Vegane Ernährung für Tiere und Umwelt

Die Entscheidung, sich vegan zu ernähren, wird meist nicht in erster Linie von gesundheitlichen Aspekten bestimmt. Auch der Wunsch nach einer Gewichtsreduktion spielt dabei keine Rolle. 

Das Ziel ist eine ethisch korrekte Lebensweise mit folgendem Grundgedanken: Kein Tier soll gegessen oder misshandelt werden. Dabei beschränkt sich eine streng vegane Lebensweise nicht nur auf die Ernährung. Kleidung aus Bestandteilen tierischen Ursprungs wie Leder oder Wolle wird genauso abgelehnt wie z. B. der Besuch von Zoos oder Zirkussen, in denen Tiere zur Schau gestellt werden.

Was essen Veganer nicht?

Ein Veganer verzichtet auf Fleisch, Wurstwaren und Fisch, aber zum Beispiel auch auf die aus tierischen Kollagen hergestellte Gelatine. Außerdem verzehren Veganer keine Milch und Milchprodukte (also Käse, Joghurt und ähnliches), Eier und Honig. 

Weshalb die Letztgenannten auf der Liste der zu meidenden Lebensmittel stehen, erscheint auf den ersten Blick nicht gleich einleuchtend. Bei genauerer Betrachtung der Tierhaltung wird die Argumentation der Veganer klar, dass auch für die Produktion dieser Lebensmittel Tiere misshandelt oder getötet werden:

  • Milchkühe geben nur Milch, wenn sie gekalbt haben – denn ursprünglich ist die Milchbildung ja dazu gedacht, ihre Kälber zu ernähren. Das ist beim Menschen genau so. 
    Stattdessen werden die Kälber früh von ihren Müttern getrennt und entweder selbst wieder zu Milchkühen herangezogen oder als Fleischlieferant geschlachtet. Wenn eine Milchkuh nach wenigen Jahren nicht mehr genug Milch geben kann, landet auch sie auf dem Schlachthof.
  • Eier legen können nur Hennen. Männliche Küken werden deshalb nach der Geburt entweder getötet oder zum Zweck der Fleischgewinnung gemästet. Die Hennen leben in Massentierhaltung und werden durch den täglichen „Eierklau“ gezwungen, wesentlich mehr Eier zu legen als von der Natur aus vorgesehen. Teilweise werden den Hennen auch die Schnäbel gekürzt, damit sie sich in der engen Stallhaltung nicht gegenseitig verletzen.
  • Auch die Bienenzucht stellt eine Form der Massentierhaltung dar. Ihnen wird zumindest ein Teil des Honigs genommen, der zu ihrer eigenen Ernährung produziert wurde. Werden gar der Bienenkönigin die Flügel gestutzt, damit der Staat nicht ausschwärmen kann, oder Rauch vernebelt, um den Honig besser entnehmen zu können, so kann von Tierquälerei gesprochen werden. Die Vorschriften für Imker sind von Land zu Land sehr unterschiedlich – hier muss genau betrachtet werden, woher der Honig kommt.

Kritische Nährstoffe in der veganen Ernährung

Kritiker der veganen Ernährung befürchten einen Nährstoffmangel, da vermeintlich bestimmte Nährstoffe ausschließlich über tierische Produkte aufgenommen werden können. 

Grundsätzlich sollte jeder Mensch auf eine ausreichende Nährstoffversorgung achten, ganz gleich auf welche Art und Weise er sich ernährt. Je restriktiver die Ernährungsweise jedoch ist, desto wichtiger ist es, sich darüber zu informieren, welche Folgen diese Limitierung haben kann.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat zehn Nährstoffe benannt, die bei einer veganen Ernährung als potenziell kritisch einzuschätzen sind:

Vitamin B12
An erster Stelle steht das Vitamin B12. Vitamin B12 wird ausschließlich von Mikroorganismen gebildet. Diese sitzen bei Wiederkäuern im Verdauungstrakt, andere Lebewesen nehmen Vitamin B12 über die Nahrung auf. Mischköstler supplementieren B12 im Grunde daher indirekt.
Dieser Weg fehlt Veganern, weshalb diese Vitamin B12 über Nahrungsergänzungsmittel zuführen müssen, um eine Mangelversorgung zu verhindern.

Vitamin D3
Vitamin D3 kann der Körper selbst bilden, wenn man sich ausreichend lang in der Sonne aufgehalten hat. Die Versorgung mit Vitamin D3 hängt demnach weniger mit der Ernährung zusammen, sondern mehr mit der individuellen Sonnenexposition. Es ist daher kein kritischer Nährstoff nur für Veganer.

Jod
Jod ist wie Vitamin D ein potenzieller Risikonährstoff für die gesamte Bevölkerung, also nicht nur für Veganer. Maßgeblich ist, ob jodiertes Speisesalz in ausreichender Menge zu sich genommen wird. Außerdem sehr jodhaltig sind zum Beispiel Meeresalgen.

Langkettige Omega-3-Fettsäuren (DHA und EPA)
Gemeinhin wird angenommen, man müsse Fisch essen, um langkettige Omega-3-Fettsäuren in ausreichender Menge aufzunehmen. Fische nehmen Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure (EPA) jedoch über ihre Nahrung (Mikroalgen) auf. 
Veganer können daher über Mikroalgen(-öl) die empfohlenen Zufuhrmengen erreichen. Grundsätzlich ist unser Körper in der Lage, aus kurzkettigen Omega-3-Fettsäuren (Alpha-Linolensäure, ALA) DHA zu bilden. Reich an ALA sind zum Beispiel Leinsamen und Chiasamen bzw. deren Öle.

Zink
Ob Zink tatsächlich ein durchweg kritischer Nährstoff in der veganen Ernährung ist, wird in der Wissenschaft kontrovers diskutiert. Es gibt einige Lebensmittel, die einen hohen Zinkgehalt aufweisen. Zu ihnen zählen u. a. Sesam, Kürbiskerne, Sonnenblumenkerne und Leinsamen, aber auch Haferflocken und Chiasamen. Wird die in pflanzlichen Lebensmitteln enthaltene Phytinsäure durch zum Beispiel Einweichen oder Abkochen abgebaut, kann die Bioverfügbarkeit und damit die Aufnahme von Zink im Körper verbessert werden. Phytinsäure bindet Zink und verschlechtert daher die Absorption. Die Nährstoffversorgung mit Zink muss daher nicht kritisch sein, wenn man eine vollwertige Kost wählt.

Eisen
Wie bei Zink gilt auch für Eisen, dass dies nicht zwingend ein kritischer Nährstoff sein muss. Entscheidend ist hier die Bioverfügbarkeit. Die meisten Lebensmittel, die reich an Zink sind, enthalten auch viel Eisen: vor allem Sesam, Kürbiskerne und Hanfsamen. Die Absorption von Eisen kann gesteigert werden, wenn gleichzeitig auf eine Aufnahme von ausreichend Vitamin C, Beta-Carotin oder schwefelhaltige Substanzen (enthalten zum Beispiel in Zwiebeln) geachtet wird.

Selen
Da die Futtermittel für Tiere häufig mit Selen angereichert werden, haben einige Mischköstler keinen Selenmangel. Pflanzliche Selenlieferanten sind Paranüsse und frische Steinpilze. Da in Paranüssen der Gehalt an Selen jedoch sehr schwanken kann und diese auch nicht in großer Menge verzehrt werden sollten, kann für Veganer eine Selenzufuhr mithilfe eines Nahrungsergänzungsmittels sinnvoll sein.

Vitamin B2 (Riboflavin)
Riboflavin muss in der veganen Ernährung kein kritischer Nährstoff sein, wenn auf eine ausgewogene und vielfältige Lebensmittelauswahl geachtet wird. Reich an Vitamin B2 sind u. a. Mandeln, Champignons und Austernpilze, aber auch angereicherte Pflanzenmilch und Hefeflocken.

Calcium
Calcium wird von der DGE ebenfalls als potenziell kritischer Nährstoff in der veganen Ernährung genannt. Dies hängt vermutlich damit zusammen, dass insbesondere Milch und Milchprodukte reich an Calcium sind. Mit dem Verzicht auf diese muss jedoch nicht zwangsläufig eine Unterversorgung eintreffen. Calciumreich sind zum Beispiel auch Sesamsamen, Chiasamen, Mandeln, calciumreiches Mineralwasser, Grünkohl und angereicherte Pflanzenmilch. Gerade bei letztere lautet eine allgemeine Empfehlung für Veganer: Wer gerne eine Pflanzenmilch trinkt, sollte darauf achten, dass diese mit Calcium angereichert wurde.

Protein
Ebenso wie beim Calcium wird auch beim Protein gemeinhin angenommen, dass dies primär über tierische Produkte aufgenommen werden kann. Tatsächlich enthalten zahlreiche pflanzliche Lebensmittel viele Aminosäuren (die Bausteine von Protein). Allen voran sind dies auch hier vor allem Samen, Nüsse und Weizen.
Ihre biologische Wertigkeit (also wie viele essenzielle Aminosäuren sind enthalten im Vergleich zum Bedarf des Menschen) ist jedoch sehr variabel. Deshalb sollten Veganer für eine ausreichende Proteinversorgung darauf achten, dass sie im Laufe eines Tages verschiedene Aminosäure-haltige Lebensmittel zu sich nehmen, um die biologische Wertigkeit zu erhöhen.

Ist eine vegane Ernährungsform gesund?

Eine rein vegane Ernährung setzt also ein fundiertes Wissen über den Nährstoffgehalt der Lebensmittel voraus, um eine Unterversorgung bestimmter Nährstoffe zu verhindern. Studien zeigen, dass Veganer tatsächlich meist besser über die Eckpfeiler für eine gesunde Ernährung informiert sind als Mischköstler und Vegetarier. 

Genau wie bei einer omnivoren, vegetarischen oder einer anderen Ernährungsform gilt auch bei Veganern, dass eine vollwertige und abwechslungsreiche Ernährung der Gesundheit zuträglich ist. Außerdem sollten individuelle Faktoren beachtet werden, die eine Limitierung der Ernährungsweise erschweren könnten. Dazu gehören zum Beispiel Lebensmittelunverträglichkeiten, Allergien und genetische Prädispositionen.

In bestimmten Lebensphasen wie einer Schwangerschaft, bei einer chronischen Erkrankung oder auch bei Babys und Kindern kann eine vegane Ernährung nur mit Einschränkungen bzw. Kompromissen möglich sein. Hier ist ärztlicher Rat einzuholen, um eine Mangelversorgung zu vermeiden.

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