Heimische Heilpflanzen
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Wacholder – mehr als ein Gewürz

Wacholderbeeren sind Scheinbeeren. | Bild: Christian Pedant / AdobeStock

Mit dem schönen Beinamen „Zypresse des Nordens“ wird der Gemeine Wacholder (Juniperus communis) gerne beschrieben. Tatsächlich gehört der immergrüne heimische Nadelbaum oder -strauch zu den Zypressengewächsen (Cupressaceae). Und manchmal wächst er auch säulenartig wie eine südländische Zypresse empor. 

Vor allem in von Schafen beweideten Heiden ist der Wacholder oft landschaftsprägend. Denn die Tiere meiden das stachelige Gewächs. So entstehen die charakteristischen Wacholderheiden. 

Dämonenschreck und Pestholz

Die Menschen schrieben dem Wacholder früher wundertätige Wirkungen zu. So sollten die spitzen Nadelblätter (die zu dritt in einem Quirl stehen) böse Geister fernhalten. Deshalb wurde auch beim Hausbau gerne ein Wacholderzweig mit ins Fundament gesteckt. In Pestzeiten sollte der Rauch von verbranntem Wacholderholz die Luft reinigen und vor Ansteckung schützen. 

Beeren, die gar keine sind

Juniperi pseudofruchtus | Bild: Adi Ciurea / Fotolia

Eine besondere Wirkung schrieb man von jeher den Beeren des Wacholders zu. Allerdings handelt es sich bei diesen gar nicht um Beeren im botanischen Sinne. Korrekterweise spricht man von „Beerenzapfen“. Diese bilden sich, indem die obersten drei Schuppenblätter zusammenwachsen, fleischig werden und die Samen völlig einschließen. Diese Scheinbeeren sind im ersten Herbst noch grün und hart. Erst im zweiten oder dritten Jahr werden sie blauschwarz und reif. 

Bei dyspeptischen Beschwerden und zur Durchspülungstherapie

Schon in der Antike war bekannt, dass die würzig bitterlichen Wacholderbeeren die Verdauungstätigkeit anregen. Die moderne Phytotherapie schreibt der Droge vor allem wegen ihres ätherischen Öls Wirkungen auf den Verdauungstrakt zu: Förderung der Motilität und Sekretion sowie spasmolytische Effekte an der glatten Muskulatur. Als wirksamkeitsbestimmend gilt vor allem die Ätherisch-Öl-Komponente α-Pinen. 

Juniperi fructus (= Juniperi pseudofruchtus = Juniperi galbulus) erhielt von der Kommission E die Indikation dyspeptische Beschwerden. Darüber hinaus wird die Droge traditionell unterstützend zur Durchspülungstherapie bei leichten Harnwegsbeschwerden eingesetzt. 

Ätherische-Öl-Droge innerlich und äußerlich

Für die innerliche Anwendung eignet sich Tee (2 g der gequetschten Droge mit Wasser übergießen, 2 bis maximal 10 g täglich). Mit dem pflanzlichen Arzneimittel Roleca® Wacholder 100 mg steht außerdem ein Monopräparat mit hochdosiertem Wacholderbeeröl (Juniperi aetheroleum) in Kapselform zur Verfügung. Es ist indiziert bei Verdauungsstörungen mit leichten Krämpfen im Magen-Darm-Bereich, Blähungen und Völlgefühl.

Gemäß europäischem Phytotherapiekomitee HMPC (Committee on Herbal Medicinal Products) können Wacholderbeeröl-Zubereitungen als traditionelle Arzneimittel („traditional use“) zur symptomatischen Linderung bei dyspeptischen Beschwerden eingesetzt werden. Wegen möglicher nierenreizender Wirkung dürfen Wacholderbeeren und -öl bei Nierenerkrankungen jedoch nicht eingenommen werden. 

Wacholderbeeröl kommt auch äußerlich zum Einsatz. Es regt die Durchblutung an und lindert dadurch Muskelverspannungen und rheumatische Beschwerden (z. B. Spitzner® Balneo Wacholderöl-Bad).

Übrigens: Wacholderbeeren taugen auch für Hochprozentiges. So aromatisieren sie Spirituosen wie Steinhäger, Gin und diverse Kräuterliköre.

Wacholder – Die Zypresse des Nordens – hier in der Lüneburger Heide. | Bild: Thorsten Schier / Fotolia
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