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Praxiswissen
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Import oder Original? – Eine Frage der Wirtschaftlichkeit

Muster-Rezept umgeben von Bürobedarf
| Bild: tomertu/AdobeStock/PTAheute

Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Frage:

Uns lag im Januar 2019 eine Verordnung über „Inegy 10 mg/40 mg (Ezetimib/Simvastatin) Tabletten 100 St. N3 Emra PZN 11022370“ mit gesetztem Aut-idem-Kreuz zulasten der BARMER vor. Da der Arzt die Substitution ausgeschlossen hatte und Rabattverträge nur für Generika vorlagen, konnten wir ein rabattiertes Arzneimittel nicht abgeben. Wir gaben das namentlich verordnete Präparat ab, da dies nach altem Rahmenvertrag von 2016 erlaubt war. Die Kasse kürzte uns allerdings die Abgabe des Imports auf den Verkaufspreis des Originals. Als Begründung gab sie an, wir hätten einen unwirtschaftlichen Import beliefert. Ist das rechtens? Normalerweise werden Importe doch immer von den Krankenkassen bevorzugt. 

Antwort

Geltendes Recht zum Zeitpunkt der Patientenversorgung waren der alte Rahmenvertrag in der Fassung von 2016 sowie der damals und auch noch heute gültige Arzneiversorgungsvertrag der Ersatzkassen (vdek-AVV). Da es sich um eine Verordnung mit Aut-idem-Ausschluss handelte, kam § 4 Abs. 4 Rahmenvertrag zum Tragen: 

Der vdek-AVV gibt diesbezüglich keine weiteren Vorgaben. Somit durften die drei preisgünstigsten Arzneimittel (im Original/Import-Vergleich) sowie das namentlich verordnete Präparat abgegeben werden. 

Abb.: Auszug aus der Lauer-Taxe: Inegy im Original-Import-Vergleich, Stand 15.01.2019

Knackpunkt war, dass das Original im Vergleichs-VK günstiger war als der entsprechende Import von Emra. Daher kürzte die BARMER die Abgabe der Apotheke um den Differenzbetrag in Höhe von 16,86 €, was der Differenz zwischen dem verordneten Inegy-Import von Emra (220,15 €) und dem Original von MSD (203,29 €) entsprach (s. Abb.). Als Begründung gab sie an, die Apotheke hätte einen unwirtschaftlichen Import abgegeben. Die Meinung der BARMER ist natürlich verständlich, aus wirtschaftlichen Gründen auf die Abgabe des Originals zu bestehen. Die Verträge enthielten hierzu damals jedoch keine Verpflichtung.

Mittlerweile Definition für unwirtschaftliche Importe vorhanden

Heute ist die Lage eine andere. Mit der zweiten Änderungsvereinbarung des Rahmenvertrags wurde die Definition für unwirtschaftliche Importe aufgenommen. Diese gilt offiziell seit 1. Februar dieses Jahres und ist in § 2 Abs. 7 als Satz 5 verankert:

Damit ist nun offiziell klargestellt, dass Importe, die teurer sind als ihr zugehöriges Originalarzneimittel, unwirtschaftlich sind. Dabei ist zu beachten, dass nicht die Verkaufspreise, sondern die Preise unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rabatte verglichen werden (Vergleichs-VK). 

Ebenfalls seit 1. Februar 2020 gilt im importrelevanten Markt, dass Arzneimittel ohne Mehrkosten oder mit möglichst geringen Mehrkosten für den Patienten bevorzugt abzugeben sind. Dies gilt auch, wenn dabei der Preisanker überschritten werden muss.

Wichtig hierbei: In diesen Fällen gelten Importe, deren Preis den des Originals überschreitet, explizit nicht als unwirtschaftlich. Das bedeutet, gibt es einen Import, der teurer ist als das Original, aber im Gegensatz zum Original keine Mehrkosten für den Patienten bedeutet, so kann dieser abgegeben werden (aufzahlungsfreie Arzneimittel sind in diesem Fall zu bevorzugen).  

Auf einen Blick: 

  • Importarzneimittel, deren Vergleichs-VK höher ist als der ihres zugehörigen Originals, sind nach Rahmenvertrag als unwirtschaftlich definiert.  
  • Fallen im importrelevanten Markt Mehrkosten für ein Arzneimittel an, so sind Präparate ohne oder mit möglichst geringen Mehrkosten für den Patienten bevorzugt abzugeben. Für diese Ausnahmefälle gilt die Definition für unwirtschaftliche Importe nicht. 
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