Sonniges Beratungswissen
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Sonnencreme und Babyhaut: Warum weniger mehr ist

Schatten, Kleidung, Sonnencreme – in dieser Reihenfolge sollten (nicht nur) Kleinkinder vor der Sonne geschützt werden. | Bild: troyanphoto / AdobeStock

Wer eine Sonnencreme kaufen möchte, muss dazu nicht in die Apotheke gehen. Produkttests, wie beispielsweise in der Juni-Ausgabe (2020) von Ökotest, verraten, dass es auch in der Drogerie und dem restlichen Einzelhandel gute Sonnenschutzpräparate gibt. In die Apotheke kommen also vor allem diejenigen Kunden, die besondere Beratung benötigen. Dabei geht es oft – wie auch im genannten Beitrag von Ökotest – um Kinder. 

Gut zu wissen: Tag des Sonnenschutzes am 21. Juni

Jedes Jahr dreht sich am 21. Juni alles rund um das Thema Sonnenschutz. Mit diesem Aktionstag soll das Bewusstsein der Verbraucher für die Bedeutung eines wirksamen Sonnenschutzes geschärft sowie über die richtige Anwendung von Sonnenschutzpräparaten aufgeklärt werden.

Viele Sonnencremes schützen Kinder gut

Der Test zeigt, dass viele Sonnencremes Kinder gut schützen und auch keine bedenklichen Inhaltsstoffe enthalten. Auch speziell zu Kleinkindern und Säuglingen bedarf es in Sachen Sonnenschutz eigentlich keiner hochintensiven Beratung. So schreibt Ökotest beispielsweise kurz und knapp: „Babys raus aus der Sonne.“ Kinderärzte und Dermatologen empfehlen demnach, Babys im ersten Jahr gar nicht der direkten Sonne auszusetzen. Man sollte also an ein Sonnensegel über dem Kinderwagen, Kopfbedeckung und lange Kleidung denken. Außerdem verweist Ökotest auf das Deutsche Krebsforschungszentrum, das erklärt, dass auch sehr wirkungsvolle Sonnenschutzmittel nicht vollständig vor Gesundheitsrisiken durch ultraviolette Strahlung schützen. Als wichtigste Schutzmaßnahme bleibe also, die UV-Strahlung gar nicht erst auf die Haut der Babys zu lassen. Das bedeutet: 

  • Schatten,
  • lange und luftige Kleidung aus dicht gewebtem Stoff,
  • Sonnenbrille und
  • für die unbedeckten Körperpartien Sonnencreme.

Diese Reihenfolge ist vielen Eltern nicht bewusst, wenn sie in der Apotheke auf der Suche nach einer Sonnencreme für ihr Kleinkind sind – häufig sind es Eltern, die mit ihrem etwa sechs Monate alten Baby zum ersten Mal an den See oder ans Meer fahren möchten. Häufig möchten sie die Apotheke nicht ohne eine Sonnencreme wieder verlassen, sind sie doch für eben diese extra in die Apotheke gekommen. Welche Informationen kann man den Eltern zusätzlich zur Sonnencreme auf den Weg geben? 

In den ersten zwölf Monaten gilt: Keine direkte Sonneneinstrahlung

Eine gute, allgemeinverständliche Erklärung bietet die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) im Internet an. Dort liest man wieder: „In den ersten zwölf Lebensmonaten sollte ein Kind gar keiner direkten Sonnenbestrahlung ausgesetzt sein.“

Die BZgA erklärt, dass auch Kinder nach dem ersten Lebensjahr möglichst wenig direkte Sonnenbestrahlung abbekommen sollten. Denn: „Kinderhaut kann noch nicht schnell und ausreichend Pigmente produzieren, die als natürlicher Eigenschutz gelten, und sie kann UV-Schäden auch nur unzureichend ‘reparieren’.“ Der körpereigene Schutz vor Sonnenstrahlen entwickele sich erst im Verlauf von Jahren. „Beim Schwimmen, Plantschen oder Spielen am Wasser ist das Risiko für einen Sonnenbrand besonders hoch“, heißt es weiter. Und das gelte selbst dann, wenn sich die hauteigenen UV-Filter bereits herausgebildet haben. Denn einige Bestandteile des natürlichen Schutzschirms (wie die hauteigene Urocaninsäure) seien wasserlöslich. Sie sollen sich während des Badens schon innerhalb kurzer Zeit auswaschen. Außerdem heißt es bei der BZgA auch: „Sonnenschutzmittel sollten im ersten Lebensjahr möglichst nicht verwendet werden, da sie die empfindliche Babyhaut unnötig belasten.“ Warum ist das so? Was ist bei Babyhaut anders?

Besonderheiten der Babyhaut

Die DAZ 38/2018 hat sich zwar nicht mit Sonnenschutz auseinandergesetzt, aber mit „evidenzbasierten Empfehlungen zur Pflege der Babyhaut“. Dort kann man nachlesen, dass die Haut eines reifen Neugeborenen mit der Haut eines Erwachsenen anatomisch zwar vergleichbar ist, der Durchmesser der Dicke der Epidermis (Oberhaut) und des Stratum corneum (Hornschicht, oberste Schicht der Epidermis) durch die Proliferation des Stratum basale aber erst innerhalb der ersten sechs bis acht Lebenswochen zunimmt und erst dann die Dicke der Erwachsenenhaut erreicht. 

Zudem sei die dermoepidermale Vernetzung noch unvollständig, die Haut also mechanisch instabil. So könne sie durch Scherkräfte wie festes Abrubbeln mit einem Handtuch leicht verletzt werden. Erst innerhalb der ersten Lebensmonate bilde die Epidermis Fortsätze, die bis in die Dermis (Lederhaut) hineinreichen. Eine weitere Festigung entstehe durch die Bildung dicker, dicht und in Bündeln gepackter Kollagen-Typ-I-Fasern. Durch die Reifung großer Elastin-Fasern verbessere sich auch die Gewebeelastizität. 

Auch die postnatale, epidermale Lipidbarriere bildet sich erst innerhalb des ersten Lebensjahrs aus. Bis dahin sei der Wasserverlust erhöht. Zudem sollen Talgdrüsen noch keine Sebum-Lipide bilden, die noch unreife Hautbarriere ermögliche die transkutane Resorption potenziell gefährlicher Stoffe, heißt es weiter. Dazu passt auch die Empfehlung der BZgA: „Verwenden Sie nur speziell für Kinder geeignete Sonnenschutzmittel. Cremes und Lotionen trocknen die Kinderhaut weniger aus als zum Beispiel Gele.“

Vorsicht: Erhöhtes Risiko für Sonnenstich!

Auch die Fähigkeit zur Thermoregulation ist bei Säuglingen mangelhaft. Laut Kinder- & Jugendärzte im Netz besteht vor allem bei Kindern die Gefahr eines Sonnenstichs oder einer Hitzeerschöpfung. Schon bei kleineren Verbrennungen bestehe immer die Gefahr, dass Bakterien eindringen: „Kinder, die größere Flächen schmerzhaft geröteter Haut mit Fieber haben, müssen unbedingt zum Kinder- und Jugendarzt.“ 

Hinsichtlich der Empfindlichkeit gegenüber der Sonne gibt es laut einer Broschüre des Bundesamts für Strahlenschutz außerdem noch zu beachten, dass bei Kindern die Ausbuchtungen der Lederhaut (Papillen) weiter in die Oberhaut hineinragen. Die UV-Strahlung dringt also tiefer in die Haut ein und kann die Hautstammzellen schädigen. 

Empfehlungen für Eltern von Kleinkindern

Klar – und auch in der Leitlinie „Prävention von Hautkrebs“ (gültig bis 01.03.2026) festgehalten – ist also: 

  • Intensive Sonnen-/ UV-Bestrahlung stellt für alle Personengruppen ein Hautkrebsrisiko dar und soll vermieden werden.
  • Kinder sollen keinen Sonnenbrand bekommen.
  • Säuglinge sollen der direkten Sonne nicht ausgesetzt werden.
  • Kinder sollen angehalten werden, bei starker Sonnenstrahlung hautbedeckende Kleidung zu tragen.
  • Vor allem Kinder mit heller Hautfarbe sollen, neben der Vermeidung starker UV-Exposition und zusätzlich zum textilen Sonnenschutz, Sonnenschutzmittel benutzen.

Sonneschutzkleidung aus der Apotheke?

Was kann man also unabhängig von den einzelnen Inhaltsstoffen Eltern von Kleinkindern in der Apotheke empfehlen? Vielleicht wäre es ja eine gute Idee, das Sortiment der Apotheken in Zukunft mit UV-Schutz-Kleidung zu erweitern? Dann hätte man eine Alternative, die man Eltern zu Sonnencremes für die ganz Kleinen anbieten kann. 

Bei der Recherche, ob manche Apotheken solche schon anbieten, sind unsere Kollegen von DAZ.online beispielsweise auf den Firmenauftritt von Compressana gestoßen. Die Firma dürfte vielen im Zusammenhang mit Kompressionsstrümpfen bekannt sein. Über www.hyphen-med.de/shop/ wird dort auch eine umfassende Sonnenschutz-Kollektion angeboten. Und: „Worauf es bei Sonnenschutzkleidung für Kinder ankommt“, darüber informiert beispielsweise auch die Verbraucherzentrale

Übrigens ist der UV-Index eine gute Orientierungshilfe, wann welche Sonnenschutzmaßnahmen zu ergreifen sind. Ansonsten gilt die Devise: Schatten, Kleidung, Sonnencreme – in dieser Reihenfolge.

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