Zuckersüßes Beratungswissen
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Haushaltszucker, Rübenzucker, Invertzucker und Co.: Wie erkennt man Zucker in Lebensmitteln?

Zucker hat viele Namen und dadurch fällt es einem schwer sich in dem Zucker-Dschungel zurecht zu finden. | Bild: Elena Blokhina / AdobeStock

Die Lebensmittel-Informationsverordnung – im Jahr 2011 vom Europäischen Parlament beschlossen – gilt seit 2014 in allen Staaten der Europäischen Union. Sie schreibt für Produkte, die der Verbraucher in verschlossenen Verpackungen kauft, eine Zutatenliste vor. Die Zutatenliste führt die Inhaltsstoffe in absteigender Reihenfolge ihrer enthaltenen Menge auf, bezogen auf ihren Gewichtsanteil. Die Zutat, die an erster Stelle steht, ist also vom Gewicht her der Hauptbestandteil eines Produkts.

Prozentuale Angaben verpflichtend

Wird eine Zutat in der Bezeichnung des Lebensmittels erwähnt oder durch Abbildungen hervorgehoben, besteht die Verpflichtung, den prozentualen Anteil am Lebensmittel anzugeben. Wenn also auf der Verpackung eines Mehrfruchtsaftes Äpfel, Birnen und Orangen abgebildet sind, muss auch drauf stehen, wie viel Prozent Apfel-, Birnen- und Orangensaft darin enthalten sind.

Irreführung bei Bezeichnungen nicht erlaubt

Zudem gibt es eine Zuckerartenverordnung, erlassen vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, die ausdrücklich erlaubt, dass Zucker andere übliche Bezeichnungen tragen darf, „sofern der Verbraucher dadurch nicht irregeführt wird“.

Die Lebensmittelhersteller haben also das Recht auf ihrer Seite, wenn sie für Zucker verschiedene Bezeichnungen wählen. Kreative Rezepturgestaltung wertet der Verordnungsgeber nicht als Irreführung. Der Verbraucher muss eben lernen, die Zutatenlisten zu entschlüsseln.

Mehr Transparenz durch „Big Seven“

Vorteilhaft ist immerhin, dass seit 2016 in der EU auch eine Nährwertkennzeichnung vorgeschrieben ist. Sie muss in der Form der „Big Seven“ aufgebracht werden. Die Bezeichnung „Big Seven“ bezieht sich dabei auf die sieben wichtigen Nährstoffangaben.

Jeweils pro 100 g bzw. 100 ml müssen folgende Nährwertkennzeichnungen angegeben sein: 

  • Energiegehalt mindestens in Kilojoule
  • Fett
  • davon gesättigte Fettsäuren
  • Kohlenhydrate
  • davon Zucker
  • Eiweiß
  • Salz

„Big-Seven-Tabelle“ gibt Zuckeranteil wieder

Auflistung des Zuckergehaltes pro 100 g. | Bild: Syda Productions / AdobeStock

In der „Big-Seven-Tabelle“ erfährt man also zuverlässig, wie viel Zucker ein Produkt mengenmäßig enthält. Das ist schon eine wertvolle Hilfe, wenn man unter ähnlichen Produkten eines mit weniger Zucker auswählen möchte. Der (oft hohe) Zuckergehalt eines industriell hergestellten Lebensmittels bleibt damit kein Geheimnis mehr.

Es gibt gute Gründe, sich über die Zuckermenge hinaus auch über die Zuckerarten, über weitere zuckerhaltige Zutaten und die Beschaffenheit dieser Zucker informieren zu wollen. Zum Beispiel, weil man zu viel Fructose vermeiden möchte. Dazu muss man jedoch etwas tiefer in die Zutatenliste einsteigen und genauer hinschauen.

Saccharose, Glucose-Fructose-Gemisch oder Isoglucose

Zucker verbirgt sich hinter vielen Namen. Unser normaler „Zucker“, der Haushaltszucker, ist auch bekannt als Saccharose. Andere Bezeichnungen für Saccharose sind Weißzucker, Kristallzucker, Rohrzucker, Rübenzucker, Raffinade, Raffinadezucker oder raffinierter Zucker, brauner Zucker und Sukrose oder Sucrose. Saccharose besteht aus Glucose und Fructose, die im Verhältnis 1:1 miteinander verbunden sind.

Kandidaten für ein Versteckspiel sind die industriell aus Zucker oder Stärke hergestellten Glucose-Fructose-Gemische. Für die Hersteller besteht keine Verpflichtung, die variablen Anteile an Glucose und Fructose zu deklarieren und das schafft Unsicherheit. Immerhin gibt es die Vorschrift, dass „Glucose-Fructose-Sirup“ mehr Glucose enthalten muss als Fructose. Überwiegt der Fructose-Anteil, heißt die Bezeichnung „Fructose-Glucose-Sirup“.

Hinter Isoglucose und Invertzucker(sirup) verbergen sich ebenfalls Gemische aus Glucose und Fructose, die sich nur durch das Herstellungsverfahren unterscheiden.

Bezeichnung sind nicht immer auf den ersten Blick erkennbar

Auf den Etiketten von Lebensmitteln findet sich manchmal die Aufschrift „mit einer Zuckerart“. Es gibt eine Zuckerartenverordnung, in der folgende zwölf „Zuckerarten“ genannt sind: Halbweißzucker, Zucker oder Weißzucker, raffinierter Zucker oder Raffinade, Flüssigzucker (= wässrige Lösung von Saccharose), Invertflüssigzucker, Invertzuckersirup, Glucosesirup, getrockneter Glucosesirup, Traubenzucker kristallwasserhaltig, Traubenzucker kristallwasserfrei, Fructose sowie Lactose.

Diese Aufzählung zeigt, dass Zucker viele Namen haben kann. Selbst aufgeklärte Verbraucher haben es mitunter nicht leicht, sich im Zucker-Dschungel zu orientieren. Für manche Menschen mag es schon problematisch sein, die Bezeichnungen der Glucose-Fructose-Gemische zu verstehen und als „Zucker“ einzuordnen. 

Sirup aus Getreide und Früchten

Es mag sich gut und „natürlich“ anhören, wenn Zutaten wie Glucose-Sirup, Karamellsirup, Zuckerrübensirup, Reissirup, Malzextrakt, Gerstenmalzextrakt oder Melasse aufgelistet sind. Klar sollte jedoch sein: Hierbei geht es immer um Zucker. Glucose-Sirup wird großtechnisch aus Stärke gewonnen, er darf bis zu 5% Fructose enthalten. Karamellsirup enthält geröstete Saccharose mit dem typischen Karamellgeschmack. Zuckerrübensirup enthält die Bestandteile der Zuckerrübe, also Saccharose. Reissirup besteht aus Glucose und Maltose.

In Maltose sind zwei Glucose-Moleküle miteinander verknüpft. Maltose ist ebenso enthalten in Malz- und Gerstenmalzextrakt. Melasse ist ein Sirup aus Zuckerrüben, Zuckerrohr oder auch Getreide, der überwiegend Saccharose-haltig ist. Dass man aus Zucker Sirupe herstellt, dient der besseren Weiterverarbeitung. Rohzucker ist übrigens unraffinierter, also nicht gereinigter Zucker, dem Melasse anhaftet, was zu einer leichten Braunfärbung führt. Bei dem im Handel angebotenen „braunen Zucker“ handelt es sich um raffinierten Zucker, der mit etwas dunklem Zuckerrübensirup braun gefärbt wird.

Gut zu wissen: „Ungesüßt“ heißt nicht „ohne Zucker“

Auch wenn der Verbraucher nicht in die Irre geführt werden soll: Hersteller von Süßigkeiten versuchen ihre Produkte oft schön zu reden. Denn Zucker hat ein angekratztes Image als Dickmacher und Verursacher von Karies. So findet man häufig Aussagen wie „ohne Zuckerzusatz“, „ohne Zusatz von Kristallzucker“ oder „ungesüßt“. In solchen Fällen sollte man als Verbraucher die Zutatenliste genauer studieren. 

Trockenfrüchte enthalten zum Beispiel von Natur aus reichlich Zucker, auch Fruchtzucker. Das Produkt kann also süß sein, obwohl weder Zucker noch Kristallzucker zugesetzt wurden. Auch Honig oder diverse Frucht-Dicksäfte hören sich auf der Zutatenliste „gesund“ an, bringen aber reichlich Zucker mit. „Mit der Süße von Früchten“ muss nicht heißen, dass in einem Produkt Obst enthalten ist. Vielmehr ist es ein Hinweis auf den Zusatz von Fructose oder Fructose-Sirup.

Agavensirup & Co.

Agavensirup, auch als Agavendicksaft oder Agavennektar bezeichnet, wird häufig als „gesunder Zucker“ gepriesen, ebenso wie Apfel- oder Birnendicksäfte. Es wird argumentiert, dass der Blutzuckerspiegel nach Genuss dieser „reinen Naturprodukte“ nicht so stark ansteigt. Das stimmt – ist aber teuer erkauft, nämlich durch einen sehr hohen Anteil an Fructose. 

Agavennektar kann zum Beispiel bis zu 90% Fructose enthalten. Der Fructose-Anteil von Apfelsirup liegt bei 60%, der von Birnendicksaft dürfte mindestens genauso hoch sein, wenn nicht höher, je nach Süßegrad der verwendeten Birnen. Ahornsirup enthält Saccharose sowie Glucose und Fructose als Einfachzucker.

Welche weiteren Bezeichnungen werden noch verwendet?

  • Dextrose ist ein eher veralteter Name für Glucose (= Traubenzucker). 
  • Lactose ist Milchzucker, ein Zweifachzucker aus Glucose und Galactose.
  • Süßmolkenpulver besteht hauptsächlich aus Lactose.
  • Apfelmark enthält den im Apfel enthaltenen Zucker und ist in der Regel nicht zusätzlich gesüßt. Es wird zum Beispiel für Gebäck verwendet.
  • Unter dem Begriff Stärkezucker werden Zuckerarten zusammengefasst, die industriell aus Stärke hergestellt werden. Ausgangsstoffe sind Mais, Weizen, Kartoffeln etc. Zu den Stärkezuckern zählen Isoglucose, Glucose- und Fructose-Sirup, Maissirup und Maltodextrin.

Rezepturvielfalt 

Warum hat Zucke nun eigentlich so viele Namen? Zum einen spiegeln die Bezeichnungen die Vielfalt der Süßungsmittel wider. Dass die Lebensmittelproduzenten außer herkömmlichem Zucker weitere Süßungsmittel in ihren Produkten verwenden, lässt sich noch nachvollziehen. Einerseits soll das Lebensmittel gut schmecken, andererseits möchte man die technologischen Eigenschaften der einzelnen Bestandteile nutzen, um Rezeptur und Ergebnis zu optimieren um sich somit von Mitwettbewerbern abzugrenzen. Und dann zählt noch der Preis: Die industriell hergestellten Glucose-Fructose-Gemische, die in den USA zum Beispiel aus Maisabfällen hergestellt werden, sind am kostengünstigsten.

Man kann auch den Verdacht hegen, dass es dem Hersteller wichtig ist, eine Zutatenliste möglichst attraktiv aussehen zu lassen. Das gelingt durch Inhaltsstoffe, die „Natur“ suggerieren. Dass die Nährwertangaben und damit die Angabe des Zuckergehalts verpflichtend sind, ist ein Schritt in Richtung Transparenz. Leider rechnen auch hier manche Hersteller ihre Angaben „schön“, indem sie die Nährwertangaben auf eine „Portion“ herunterbrechen. Wobei die genannten Portionen häufig nicht der Realität entsprechen. Nicht jeder Verbraucher kann sich Größenordnungen oder eine „50-Gramm-Portion“ richtig vorstellen.

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