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Leseprobe PTAheute 9/2020 : Stau in den ­Venen

Foto: repistu – iStockphoto.com

Über die Venen wird das sauerstoffarme Blut aus den Beinen zurück zum Herzen transportiert. Dazu wird das Blut zunächst über eine Sogwirkung von den oberflächlichen Venen in die tiefen Venen geleitet. Von dort wird das Blut über zwei Pumpenmechanismen gegen die Schwerkraft nach oben befördert. Die Muskelpumpe drückt das Blut in Richtung Herz, indem der neben der Vene befindliche Muskel bei seiner Aktivierung die Venenwand zusammendrückt. Die Wadenmuskulatur hat dabei die größte Auswirkung. Die in den Venen befindlichen Venenklappen verhindern einen Rückfluss. Die Muskelpumpe funktioniert nur bei aktiven Muskeln, also bei Bewegung. Der Pumpvorgang wird zusätzlich noch durch die Arterienpumpe unterstützt. Dabei werden durch die Pulswellen der Arterien die benachbarten Venen verengt und das Blut in Richtung Herz gepumpt.

Gestörte Venenfunktion

Bei einer Venenschwäche kommt es zu einer Überlastung des venösen Systems. Dies bedeutet, dass das Blut nicht mehr vollständig zum Herzen zurücktransportiert wird und sich eine Restmenge an Blut in den Venen staut. Als Folge erhöht sich der Druck in den oberflächlichen Beinvenen, Flüssigkeit tritt in das umliegende Gewebe über, Schwellungen und Ödeme bilden sich. Die Folge sind sichtbare Aussackungen, die auch als Krampfadern (Varizen) bezeichnet werden.

Hauptrisikofaktoren für eine primäre Varikosis sind eine angeborene Bindegewebsschwäche, höheres Lebensalter, Übergewicht, Schwangerschaft, weibliches Geschlecht sowie langes Sitzen oder Stehen. Varizen können aber auch durch andere Erkrankungen wie beispielsweise eine angeborene Venenklappeninsuffizienz entstehen (sekundäre Varikosis).

Das Wichtigste in Kürze

  • Muskel- und Arterienpumpe unterstützen den Rücktransport des Blutes zum Herzen. Sind diese Mechanismen gestört, bilden sich Ödeme.
  • Besenreiser und Krampfadern sind erste Anzeichen für eine Venenschwäche. Ohne Behandlung kann sich eine chronisch venöse Insuffizienz (CIV) entwickeln, die in mehreren Stadien verläuft.
  • Risikofaktoren für eine Venenschwäche sind weibliches Geschlecht, Alter, Bewegungsmangel, Übergewicht, Schwangerschaft, langes Stehen und Sitzen sowie Rauchen.
  • Es stehen außer der operativen Entfernung und Verödung der Krampfadern nicht medikamentöse sowie medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.

Erste Anzeichen

Erste Anzeichen für schwächelnde Venen sind geschwollene Füße und schwere Beine. Die Beschwerden werden im Tagesverlauf stärker und lassen anfangs über Nacht wieder nach. Auch Wadenkrämpfe können darauf hinweisen, dass der Blutrückfluss in den Venen gestört ist. Sichtbar werden die Probleme zunächst als kleine Besenreiser. Seinen Namen hat dieses Phänomen vom „Besenreisig“, weil die Gefäßknäuel an einen Kehrbesen aus dünnen Zweigen erinnern. Besenreiser werden häufig als harmloses kosmetisches Problem betrachtet. Jedoch kann sich aus einer anfänglich leichten Venenschwäche ohne Behandlung eine chronisch venöse Insuffizienz (CVI) entwickeln, die in mehreren Stadien verläuft.

Wie erkläre ich es meinem Kunden?

  •  „Besenreiser sind nicht nur ein kosmetisches Problem. Sie können ein Hinweis auf eine bereits bestehende Venenschwäche sein.“
  • „Mit Stütz- oder Kompressionsstrümpfen unterstützen Sie die Funktion der Beinvenen.“
  • „Einige allgemeine Maßnahmen wirken vorbeugend und lindernd bei Krampfadern, können aber bestehende Krampfadern nicht beseitigen. Hierzu gehören zum Beispiel ausreichend Bewegung, Wassertreten nach Kneipp oder regelmäßig die Beine hochzulagern.“

Frühzeitige Behandlung

Staut sich das Blut in den Beinen, ist dies nicht nur ein kosmetisches Problem. Langfristig kann der erhöhte Druck in den Venen zu Entzündungen führen, die wiederum eine Thrombenbildung verursachen können. Daraus kann sich eine tiefe Beinvenenthrombose mit dem Risiko für Lungenembolien entwickeln. Um dies zu vermeiden, müssen Besenreiser und Krampfadern schon frühzeitig behandelt werden. Der Grad der Erkrankung lässt sich am besten mit einer Ultraschalluntersuchung der Venen bestimmen. Mit ihr kann die Fließgeschwindigkeit und die -richtung des Blutes ermittelt werden. Die Behandlung richtet sich nach Ausprägung und Form der Venenerkrankung, eventuell müssen vorliegende Begleiterkrankungen berücksichtigt werden. Es stehen außer der operativen Entfernung und Verödung der Krampfadern nicht medikamentöse und medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Das Ziel ist ein besseres Schließen der Venenklappen und damit eine bessere Weiterbeförderung des Blutes. Dies wird in erster Linie durch die Kompressionstherapie erreicht. In manchen Fällen wird die Kompressionstherapie durch den kurzzeitigen Einsatz von Diuretika ergänzt. Allen Behandlungsmethoden gemeinsam ist, dass sie die Beschwerden lindern können und ein Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen, eine Heilung von Varikosen ist dagegen nicht möglich.

Gezielter Umbau

Die Verödungstherapie eignet sich zur Behandlung von oberflächlichen Venen. Bei diesem als Sklerotisierung bezeichneten Verfahren wird die betroffene Vene im Bein belassen. Sie wird lediglich verschlossen beziehungsweise verödet. Zur Sklerosierung wird eine polidocanolhaltige Flüssigkeit oder Schaum in die Venen injiziert. Der Wirkstoff schädigt die Innenwand der Gefäße so, dass sie verkleben und somit verschlossen werden. Langfristig wird das Gewebe umgewandelt und abgebaut. Während Besenreiser und kleinere Varizen mit flüssigem Sklerosierungsmittel behandelt werden, hat sich bei größeren Varizen die Behandlung mit polidocanolhaltigem Schaum durchgesetzt. Dieser hat den Vorteil, dass er besser an der Gefäßwand anhaftet als die Flüssigkeit. Somit können mit geringeren Dosierungen größere Strecken verödet werden. Das Aufschäumen geschieht unmittelbar beim Einspritzen mithilfe eines speziellen Spritzensystems.

Blutfluss korrigieren

Eine weitere Möglichkeit der Krampfaderbehandlung stellt die sogenannte CHIVA-Methode dar. CHIVA ist die französische Abkürzung für die ambulante, venenerhaltende, den Blutfluss korrigierende Behandlung von Krampfadern. Vor der Behandlung wird das von Krampfadern betroffene Venensystem mittels Ultraschall untersucht. Danach entscheidet der Arzt, an welchen Stellen die Venen unterbunden werden müssen, und zeichnet sie auf dem Bein an. An diesen Stellen werden kleine Schnitte gesetzt, die Krampfadern herausgezogen und mit einem Faden abgebunden. Der krankheitstypische Rückstrom des Blutes wird auf diese Weise korrigiert. Da das Venensystem nicht mehr durch den falschen Blutfluss belastet wird, bilden sich die Krampfadern nach einiger Zeit zurück.

Innerer Stützstrumpf

Die sogenannte Valvuloplastie stellt eine weitere Behandlungsmöglichkeit von Krampfadern dar. Bei dieser Methode werden die Venenklappen repariert. Dies hat den Vorteil, dass die Venen weder beseitigt noch zerstört werden. Der Patient verliert somit kein wertvolles Material, das vielleicht für eine Bypass-Operation am Herzen oder an den Beinarterien benötigt werden könnte. Bei der venenerhaltenden Klappenreparatur wird eine enge Kunststoffhaut an kritischen Stellen um die Vene gelegt und verengt diese wie ein „innerer Stützstrumpf“. Die Venenklappen können so wieder schließen, und das Blut fließt nicht mehr nach unten. Die Valvuloplastie stellt besonders für Risikopatienten, die einmal Bedarf für einen Bypass haben könnten, eine Therapiealternative dar. Dazu gehören insbesondere Raucher, Diabetiker und Hypertoniker.

Venenstripping

Beim Venenstripping werden die betroffenen Venen über kleine Hautschnitte herausgezogen (gestrippt) und entfernt. Der amerikanische Arzt Babcock hat diese Methode erstmalig 1907 beschrieben. Daher wird dieses Verfahren auch als Babcock-Verfahren bezeichnet. Nach dem Eingriff müssen die Patienten mindestens drei Monate lang Kompressionsstrümpfe tragen, um Blutungen und Thrombosen zu verhindern. Auch sollten sie längeres Sitzen und Stehen vermeiden. Das Venenstripping gilt als sehr sichere Methode der Krampfaderbehandlung. Mögliche Folgen des Eingriffes können sein: Hämatome, Schwellung, Spannungs- oder Druckgefühl in den Beinen, Empfindungsstörungen oder Lymphstauungen.