PTA im Porträt – Arbeitsbereiche
PTA – Der Beruf
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Arbeiten in anderen Ländern: Als PTA in Südtirol

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Apotheker Dr. Stephan Peer kennt die Unterschiede zwischen deutschen und südtiroler Apotheken. | Bild: privat

Bereits im Sommer 2012 konnte ich den Südtiroler Apotheker Dr. Stephan Peer, Inhaber der Apotheke Peer (Farmacia Peer) das erste Mal in Lana bei Meran, treffen. Dr. Peer hat in Deutschland Pharmazie studiert, eine Weiterbildung zum Fachapotheker für Offizinpharmazie absolviert und danach noch einige Jahre in deutschen Apotheken gearbeitet. 2007 zog es ihn wieder in seine Heimat zurück, wo er gemeinsam mit seinem Bruder die Apotheken seiner Eltern übernahm, wovon sich eine bereits seit mehr als 200 Jahren im Familienbesitz befindet. Er weiß also bestens, wie sich der Apothekenalltag in Südtirol von dem in Deutschland unterscheidet und welche gravierenden Unterschiede es in den Apothekenvorschriften gibt.


Sonderstatus in Italien

Die Autonome Provinz Bozen-Südtirol besteht in ihrer jetzigen Form seit 1948 und gehört zur Region Trentino-Südtirol und hat einen Sonderstatus. Der Provinz steht es durch diesen Sonderstatus zu, eigene Wahlgesetze zu erlassen, und sie verfügt zudem über Gesetzgebungsbefugnisse in vielen Bereichen wie z. B. im Gesundheitswesen. Dies hat auch Auswirkungen auf die rechtlichen Vorschriften von Apothekerinnen und Apothekern. Die Bevölkerung von Südtirol setzt sich aus Deutschen, Italienern und Ladinern zusammen. 70% der Südtiroler sprechen Deutsch, 26 % Italienisch und 4 % Ladinisch. Bei so vielen deutschsprachigen Bewohnern liegt es doch auf der Hand, sich über einen Auslandsaufenthalt Gedanken zu machen. Es gibt zurzeit 119 Apotheken in Südtirol, die nach bestimmten Kriterien in der ganzen Provinz verteilt sind. Auf je 4.175 Einwohner fällt eine Apotheke. Das ist ähnlich wie in Deutschland (3.800 Einwohner je Apotheke).

Öffnungszeiten und Notdienst

Die Öffnungszeiten der Apotheken in Südtirol entsprechen auch in etwa denen, die wir aus Deutschland gewohnt sind. Auch das Notdienstsystem läuft ähnlich – mit einem kleinen Unterschied: Die sogenannten Turnusdienste der Südtiroler Apotheken sind je nach Größe der Ortschaft und Anzahl der Apotheken eingeteilt in Dienste mit anwesendem Apotheker (nur in den großen Städten Bozen und Meran) für jeweils 24 Stunden und in Dienste mit telefonischer Erreichbarkeit, die immer eine Woche dauern. Turnusdienst mit anwesendem Apotheker bedeutet – wie in Deutschland – dass ein Apotheker auch nach den üblichen Geschäftszeiten in der Apotheke anwesend ist und über die Klingel gerufen werden kann. Telefonische Erreichbarkeit bedeutet, dass der Apotheker, während die Apotheke geschlossen ist, nicht anwesend, aber telefonisch erreichbar sein muss. Ein weiterer Unterschied zum deutschen System ist, dass Dienstapotheken, auch wenn keine regulären Öffnungszeiten sind, in der Regel am Samstagnachmittag und Sonntagvormittag einige Stunden geöffnet haben. Außerhalb dieser Zeiten sind sie nur verpflichtet, ärztliche Verordnungen zu erledigen, nicht aber Selbstmedikationswünsche zu erfüllen.

In Italien gibt es nur Apotheker

In den Südtiroler Apotheken arbeiten in erster Linie Apotheker. Seit 2009 werden auch PKA nach der österreichischen Ausbildungsordnung ausgebildet. Den Ausbildungsberuf zur PKA gibt es in Italien genauso wenig wie den der PTA. Diese Ausnahmeregelung zur Ausbildung von PKA gilt nur für Südtirol. Im Rest Italiens arbeiten ausschließlich Apotheker in den Apotheken – unterstützt von Hilfskräften. Deutsche Apotheker können jederzeit in ganz Italien arbeiten. Voraussetzung, um den Apothekeninhaber zu vertreten, ist aber – vor allem in Südtirol – eine mit Erfolg absolvierte Zweisprachigkeitsprüfung (Deutsch und Italienisch).

Ausbildung zur PKA

Die Ausbildung der PKA in Südtirol läuft so ab, dass die Auszubildenden an drei bis vier Tagen in der Woche in der Apotheke sind und drei Tage in Innsbruck (Österreich) an der Berufsschule. Die Schulgebühren werden von der Provinz Bozen-Südtirol bezahlt, die Kosten für die Übernachtungen im Wohnheim trägt der ausbildende Apotheker. Auch die Prüfung findet in Österreich statt. Die Ausbildungsinhalte sind im Großen und Ganzen ähnlich wie in Deutschland. Da es den Beruf der PTA nicht gibt, übernimmt die PKA auch einige Aufgaben, die in Deutschland die PTA erledigt. Zum Beispiel prüft sie Ausgangsstoffe im Labor und stellt Rezepturen her. Natürlich immer unter Aufsicht eines Apothekers oder einer Apothekerin. Rezepturen gibt es nur in Südtirol. Hierfür gibt es eine Art „Südtiroler NRF“. Im Rest Italiens werden fast ausschließlich Fertigarzneimittel abgegeben.

Ausflugstipp: Pharmaziemuseum Brixen

Bild: Pharmaziemuseum

Seit Herbst 2002 gibt es das Pharmaziemuseum in Brixen. Die pharmaziehistorische Sammlung des Museums gibt einen Überblick über 400 Jahre Arzneigeschichte in Tirol am Beispiel der Stadtapotheke Brixen. Schwerpunkt der Ausstellung ist die Entwicklung der Heilmittel von Paracelsus bis heute. Seine besonderen Ausstellungsstücke rund um die Herstellung von Arzneimitteln wie Tablettenpressen, Pillenrechen oder Zäpfchenformen machen es für Laien wie Experten zu einer pharmaziehistorischen Fundgrube. Die gezeigten Geräte, Heilmittel, Gefäße und Verpackungen stammen aus dem täglichen Apothekengebrauch und beschreiben Fortschritt und Wandel der Arzneikunde am Beispiel eines originalen Bestandes. Die Objekte aus dem Bestand der Apotheke Peer beschreiben auch sehr gut die Vielfalt der Kompetenzen des Apothekerberufes. Die große Anzahl von Mikroskopen, Spindeln, botanischen Bestecken, chemischen Mustersätzen etc. belegt die Verantwortung und Kontrollaufgabe des Apothekers bezüglich der Echtheit von Rohstoffen und der Qualität von Arzneimitteln. 

Pharmaziemuseum Brixen (Museo della Farmacia di Bressanone) 
Adlerbrückengasse 4 (via Ponte Aquila 4) 
I-39042 Brixen (Bressanone) 
Telefon: +39 0472 209 112
www.pharmaziemuseum.it

Arzneimittel in Südtirol

„Die Arzneimittel in Südtirol sind im Großen und Ganzen recht ähnlich wie in Deutschland. Statt Phenprocoumon wird in Südtirol Warfarin eingesetzt und einzelne OTC-Kombipräparate, z. B. gegen Schmerzen und Erkältung, gibt es bei uns nicht, aber sonst ist alles ähnlich. Es werden sogar deutsche Homöopathika nach Südtirol importiert. „Einen großen Unterschied gibt es allerdings im Bereich der Verordnungsfähigkeit von Medikamenten“, so Apotheker Dr. Stephan Peer. Verschreibungspflichtige Arzneimittel werden eingeteilt in „lebenswichtige Mittel“ und „nicht lebenswichtige Mittel“. Zu den lebenswichtigen Arzneimitteln gehören beispielsweise Hypertonika, Warfarin u. ä., zu den sogenannten „nicht lebenswichtigen“ verschreibungspflichtigenArzneimitteln beispielsweise auch antibiotische Augentropfen und Schmerzmittel. Eine Ausnahme bilden Schmerzmittel, wenn diese im Rahmen einer Schmerztherapie bei chronisch Kranken verschrieben werden (z. B. bei Rheuma oder Osteoporose) – dann werden auch diese zulasten der Krankenkasse abgegeben. Ansonsten kommt der Kunde mit einem Rezept, beispielsweise über Ibuprofen 800 mg, in die Apotheke und bezahlt das Medikament selbst. Für alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel gibt es praktisch nur eine Packungsgröße, meist zwischen 14 und 28 Stück. Auf einem Rezept dürfen maximal zwei Präparate stehen. Der Arzt darf für zwei Monate im Voraus verordnen. Auf den einzelnen Arzneimittelpackungen befinden sich jeweils zwei Barcodes. Einer davon ist auf die Packung aufgedruckt, der zweite wird als Aufkleber abgezogen und bei der Abgabe auf das Rezept geklebt. So kann jederzeit ganz genau nachvollzogen werden, welches Medikament welcher Charge an wen abgegeben wurde. Ein großer Pluspunkt also in Sachen Arzneimittelsicherheit.

Nur eine Krankenkasse

In Südtirol gibt es nur eine einzige Krankenkasse und es steht ein fixes Budget von 13 % des Bruttoinlandsproduktes für die Arzneimittelversorgung der Bürger zur Verfügung. Ist dieser Rahmen ausgeschöpft, werden zunächst die teuren Arzneimittel um 5 % im Preis gesenkt. Reicht das nicht, um den Kostenrahmen wieder in den Griff zu bekommen, werden pauschal alle im Handel befindlichen Arzneimittel um 5 % im Preis gesenkt. Einen Lagerwertverlustausgleich durch den Großhandel oder die Hersteller, wie wir ihn aus Deutschland kennen, gibt es nicht. Den durch diese Preissenkungen entstandenen Verlust trägt der Apothekeninhaber. Teure Arzneimittel werden nicht von den öffentlichen Apotheken abgegeben. Medikamente wie z. B. teure Antidiabetika, Heparine und MS-Medikamente werden im Krankenhaus abgegeben und dort abgerechnet. Generika sind in Südtirol bzw. in ganz Italien längst nicht so verbreitet wie bei uns in Deutschland. Erst seit Kurzem sind die Ärzte dazu angehalten, bei Neuverordnungen von Arzneimitteln nur einen Wirkstoff zu verordnen und nicht das teure Originalpräparat. Die Rezeptgebühr beträgt in Südtirol 2,00 Euro pro Packung. Liegt eine Befreiung wegen einer chronischen Erkrankung vor (z. B. Bluthochdruck) kostet das ganze Rezept 1,00 Euro. Hauptlieferant der Südtiroler Apotheken ist ein apothekeneigener, genossenschaftlicher Großhandel. Es gibt zwei Lieferungen pro Tag, eine nachmittags und eine in der Nacht. Die zeitnahe Arzneimittelversorgung ist also genauso sichergestellt wie in Deutschland.

In Südtiroler Apotheken werden gerne deutsche PTA eingestellt. | Bild: privat

PTA gesucht

PTA aus Deutschland werden laut Dr. Peer in Südtirol sehr gerne eingestellt und übernehmen die gleichen Aufgaben wie in Deutschland auch. Sie stellen Arzneimittel her, geben Medikamente auf Rezept oder in der Selbstmedikation ab und beraten hierzu. Die Verdienstmöglichkeiten sind in etwa gleich, aber angepasst an die etwas höheren Lebenshaltungskosten in Südtirol bzw. Italien. „Voraussetzung für eine Bewerbung sind aber in jedem Fall gute Italienischkenntnisse“, so Peer. „Eine Zweisprachigkeitsprüfung ist zwar nur für Apotheker, die den Inhaber vertreten wollen, gesetzlich vorgeschrieben, Italienischkenntnisse sind aber für eine Beschäftigung in einer südtiroler Apotheke unbedingt erforderlich“.

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