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Vom Nutzen und Aufbau einer Patientenverfügung: Bis zum Ende selbstbestimmt

Mit einer Patientenverfügung bleibt man auch im Krankheitsfall selbstbestimmt. | Bild: Rawpixel.com / stock.adobe.com

Wer durch einen Krankheitszustand nicht mehr in der Lage ist seinen eigenen Willen zu äußern, kann mit Hilfe einer vorab erstellten Patientenverfügung dennoch die Selbstbestimmung wahren. Dieses schriftliche Dokument legt für einen bestimmten Krankheitszustand fest, ob der Betroffene genau definierte medizinische Maßnahmen wünscht oder ob diese unterlassen werden sollen.

Patientenverfügung verleiht eigenem Wunsch Ausdruck

Gemäß dem dritten Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts hat jeder Mensch in jeder Phase seines Lebens das Recht, selbst zu entscheiden, ob und wie er behandelt werden möchte. Um von diesem Recht jederzeit Gebrauch zu machen, empfiehlt es sich, vorsorglich eine schriftliche Patientenverfügung zu erstellen. Darin wird festgelegt, ob und wie eine ärztliche Behandlung in Situationen erfolgen soll, bei denen der Betroffene nicht mehr ansprechbar und nicht mehr einwilligungsfähig ist.

Gründe für die Selbstbestimmung im Krankheitsfall

Die Gründe, die für die Erstellung einer Patientenverfügung sprechen, sind vielfältig: So kann diese formuliert werden, um z. B. sicherzugehen, dass im Krankheitsfall alle medizinischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Ebenso denkbar ist jedoch, dass der Betroffene mit der Patientenverfügung vermeiden will, dass durch technische Maßnahmen ein natürlicher Sterbeprozess behindert wird. 

Egal aus welchem Grund man sich letztendlich für die Erstellung einer Patientenverfügung entscheidet, sollte man sich vorab über die Konsequenzen der eigenen Entscheidung bewusst werden. So wird durch einen formulierten Behandlungsverzicht möglicherweise ein Weiterleben ausgeschlossen. Ebenso muss durch die Entscheidung für ein Weiterleben gegebenenfalls eine Abhängigkeit von Geräten und Fremdbestimmung in Kauf genommen werden.

Vorsicht: Interpretationsspielraum

Dass die Erstellung einer Patientenverfügung alles andere als trivial ist, zeigt der Fall einer 1940 geborenen Wachkomapatientin: Nach einem Schlaganfall im Juni 2008 fiel die damals über 60-Jährige in ein Wachkoma und wurde fortan künstlich mit einer Magensonde ernährt. In einer zuvor verfassten Patientenverfügung lehnte die Frau jedoch lebensverlängernde Maßnahmen für den Fall ab, „dass keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins besteht“. Da sie jedoch praktizierende Katholikin war und in der Patientenverfügung ausdrücklich aktive Sterbehilfe ablehnte, wurde Jahre lang vor Gericht diskutiert, wie die Patientenverfügung auszulegen sei. Erst im Dezember 2018 beendete der Bundesgerichtshof (BGH) den zehn Jahre andauernden Streit und ermöglichte damit der Patientin den Wunsch zu sterben.

Was muss also drin stehen?

Um ähnlichen Meinungsverschiedenheiten vorzubeugen und Rechtssicherheit zu erlangen, muss bei der Erstellung der Patientenverfügung einiges beachtet werden: Eine gültige Patientenverfügung bedarf zunächst der Schriftform und muss eigenhändig unterschrieben sein. Ist dies nicht (mehr) möglich, kann alternativ die Bestätigung durch ein notariell beglaubigtes Handzeichen erfolgen. 

Im Hauptteil der Patientenverfügung sollten die einzelnen Wünsche möglichst konkret dargelegt werden. Dazu sollten zunächst die jeweilige Situation exakt beschrieben und anschließend die gewünschten Maßnahmen erläutert werden. Um dabei Interpretationsspielräume zu vermeiden, sollte auf allgemeine Formulierungen wie z. B. „kein qualvolles Leiden“ oder „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ sowie widersprüchliche Aussagen verzichtet werden. 

Darüber hinaus kann die Patientenverfügung um persönliche Hinweise, zum Beispiel zu den eigenen Wertvorstellungen oder zu religiösen Fragen, ergänzt werden. So kann im Ernstfall die Auslegung erleichtert werden. Zudem ermöglichen es diese Hinweise, dass auch in nicht exakt beschriebenen Situationen im Sinne des Patienten gehandelt wird. 

Ist die Patientenverfügung einmal erstellt, empfiehlt es sich, sie regelmäßig anzupassen bzw. deren Gültigkeit durch Unterschrift zu bestätigen. So wird vermieden, dass aufgrund größerer zeitlicher Abstände die fortwährende Gültigkeit des Dokuments angezweifelt wird.

Beratung empfohlen

Aufgrund der heiklen Thematik und zahlreicher Stolpersteine bei der Formulierung wird empfohlen, sich vorab von einem Arzt oder einer entsprechenden Stelle beraten zu lassen. Als allgemeine Hilfestellung veröffentlichte das Bundesjustizministerium zum Thema Patientenverfügung eine Broschüre mit einer umfangreichen Sammlung von Textbausteinen. Weitere Formulierungshilfen sowie Musterpatientenverfügungen wurden vom Zentrum für Angewandte Ethik zusammengestellt. Quelle: BMJV ; dpa / sn