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Der neue Grippeimpfstoff 2019/20 – so sieht er aus!

Die WHO gab kürzlich die Zusammensetzung für den Influenzaimpfstoff 2019/20 bekannt – mit einer Ausnahme: Die Entscheidung für den Influenza A(H3N2)-Stamm wurde auf den 21. März vertagt. | Bild: imago / Science Photo Library

Jedes Jahr im Februar und September tagen die Grippe-Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Der Grund: Sie entscheiden über die Zusammensetzung der neuen Grippeimpfstoffe für die kommende Saison – im September für die Südhalbkugel und im Februar für die nördliche Hemisphäre, also auch für Europa. Die von der WHO sodann genannten drei beziehungsweise vier Influenzastämme haben keinen reinen Empfehlungscharakter – diese benannten Grippestämme sind bindend für alle Grippeimpfstoffhersteller, sie müssen diese in ihren jeweiligen saisonalen Influenzavakzinen folglich auch zwingend umsetzen.

Die WHO spricht eine Empfehlung sowohl für trivalente Influenzavakzine aus – diese schützen vor drei Grippestämmen, als auch für tetravalente, die vor vier Influenzastämmen schützen. In Deutschland wurde für die aktuell noch anhaltende Grippesaison erstmals die Vierfachgrippeimpfung als Standardimpfung in die Schutzimpfungs-Richtlinie aufgenommen. Darüber entschied im April 2018 der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) auf Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO). Seit diesem Winter erhalten somit alle Patienten, für die die Grippeimpfung empfohlen wird (zum Beispiel Senioren ab 60 Jahren, chronisch Kranke, Schwangere ab dem zweiten Trimenon), einen Vierfachgrippeimpfschutz. Doch noch immer gibt es auch Länder, die mit trivalenten Grippeimpfstoffen impfen, und auch in Deutschland ist beispielsweise die adjuvantierte Influenzavakzine von Seqirus, Fluad®, nur eine Dreifachvakzine. Fluad® ist erst für Personen ab 65 Jahren zugelassen.

Welche Grippeviren zirkulieren aktuell?

In der aktuell noch andauernden Grippesaison dominierten im Zeitraum September 2018 bis Januar 2019 Influenzaviren des Subtyps A(H1N1), zumindest in Mittel- und Nordamerika, den meisten europäischen Ländern, Asien und Ozeanien. Hingegen zirkulieren in einigen Ländern Afrikas und Asiens vorwiegend Influenza-A(H3N2)-Viren. Influenza-B-Viren, die Victoria- und Yamagata-Linie, spielen in der aktuellen Grippesaison eher untergeordnete Rollen. Diese Einschätzung der WHO deckt sich auch mit den Untersuchungen des Robert Koch-Instituts (RKI). Im aktuellen achten Wochenbericht wiesen die Grippe-Experten der Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) in der virologische Sentinelsurveillance von 634 untersuchten Viren in 58 Prozent der Fälle Influenza A(H1N1) und in 42 Prozent der Fälle Influenza A(H3N2) nach.

Was ändert sich?

Meist „baut“ die WHO die neuen Grippeimpfstoffe nicht völlig neu zusammen. Die WHO ändert die Impfstoffkomponenten entsprechend, wenn sie davon ausgeht, dass Mutationen im Grippevirus die Wirksamkeit der aktuellen Vakzine verringern könnten. Diese Zweifel hegt sie wohl bei Influenza A(H1N1). Die humanen (menschlichen) Antikörper, die nach Impfung mit dem Impfvirus A/Michigan/45/2015 gewonnen wurden, passen wohl nicht optimal auf den hauptsächlich zirkulierenden Influenza-A(H1N1)pdm09-Stamm. Deswegen muss „Michigan“ weichen und im neuen Grippeimpfstoff 2019/20 Platz machen für „Brisbane“.

Die Ortsangaben in der Namengebung der Influenzaviren beschreiben die geographische Herkunft, die Zahl dahinter das Isolationsjahr.

Influenza B: Alles bleibt beim Alten

Im Gegensatz zu dem Influenza-A(H1N1)-Stamm hält die WHO an beiden Influenza-B-Stämmen fest: Influenza-B/Colorado/06/2017-like virus der Victoria-Linie und Influenza B/Phuket/3073/2013-like virus der Yamagata-Linie werden auch 2019/20 in den Grippeimpfstoffen enthalten sein. Die WHO begründet ihre Entscheidung damit, dass die überwiegende Mehrheit der zirkulierenden Yamagata-Viren gut von Frettchen-Antiseren inhibiert wurden – und zwar sowohl, wenn die Frettchen mit eibasierten Grippeimpfstoffen als auch mit zellkulturbasierten Grippeimpfstoffen immunisiert worden waren. 

Hintergrund für diese Unterscheidung ist, dass man davon ausgeht, dass sich Grippeviren in Hühnereiern erst an den Wirt anpassen müssen (Eiadaption), um sich zu vermehren. Diese Eiadaption findet statt, weil der natürliche Wirt des menschlichen Grippevirus eben nicht das Huhn ist, sondern Säugetiere. Allerdings verändern diese Eiadaptionen auch die antigenen Eigenschaften des Grippevirus, so dass die nach Impfung produzierten Antikörper unter Umständen nicht optimal auf die dann tatsächlich in der Grippesaison zirkulierenden Viren passen.

Auch wenn, so die WHO, bei den aktuell zirkulierenden Grippeviren der Linie B Victoria sich eine Zunahme der Diversität (Vielfalt) beobachten lässt, reagierten humane Antiseren dennoch gut mit allen isolierten Influenza-B-Victoria-Varianten, weswegen die WHO auch an diesem Stamm festhalten will.

So sieht der neue Grippeimpfstoff aus: Influenzaimpfstoff 2019/20

  • A/Brisbane/02/2018 (H1N1)pdm09-like virus 
  • A(H3N2) virus to be announced on 21 March 2019*
  • B/Colorado/06/2017-like virus (B/Victoria/2/87 lineage)
  • B/Phuket/3073/2013-like virus (B/Yamagata/16/88 lineage). 

Die trivalente Vakzine verzichtet auf den Schutz gegen Influenza B Yamagata: 

  • A/Brisbane/02/2018 (H1N1)pdm09-like virus 
  • A(H3N2) virus to be announced on 21 March 2019* 
  • B/Colorado/06/2017-like virus (B/Victoria/2/87 lineage. 

* Influenza A(H3/N2) folgt am 21. März 2019

Warum fehlt die Empfehlung für Influenza A(H3N2)?

Zum aktuellen Zeitpunkt möchte sich die WHO noch nicht zu Influenza A(H3N2) äußern. Die Weltgesundheitsorganisation erklärt, dass sie die Influenza-A(H3N2)-Komponente erst am 21. März 2019 bekannt geben wird. „Influenza-A(H3N2)-Viren stellen eine zunehmende Herausforderung für die Auswahl von Impfstoffviren dar“, erklärt die WHO in ihrem Bericht. Influenza A(H3N2) scheint besonders wandlungsfähig, was die Voraussage der Mutationen und der in der nächsten Saison dann tatsächlich zirkulierenden Viren erschwert.

Vor allem Influenza-A(H3N2)-Viren scheinen auch für die oben beschriebene Eiadaption „anfällig“. Bei A(H3N2) fanden die Influenza-Experten der WHO tatsächlich, dass Frettchen-Antiseren, die nach einer Impfung mit zellkulturbasierten Grippeimpfstoffen gewonnen wurden, die aktuell zirkulierenden Viren besser inhibierten als Antiseren, die nach einer Impfung mit in Hühnereiern hergestellten Grippeimpfstoffen gewonnen wurden.

Damit der Grippeimpfstoff möglichst gut passt …

Somit nimmt sich die WHO noch etwas Zeit, um geeignete Impfviren für die kommende Saison 2019/20 auch bei Influenza A(H3N2) zu identifizieren. Derzeit zirkulierten mehrere Varianten, so die WHO. „Angesichts der jüngsten Veränderungen im Verhältnis von genetisch und antigenetisch unterschiedlichen Influenza-A(H3N2)-Viren, wurde die Empfehlung für die Komponente A(H3N2) verschoben", erklärt die WHO diese Verzögerung.

In der letzten Grippesaison 2017/18 passte der Grippeimpfstoff nicht sonderlich gut, das RKI sprach von einer Impfeffektivität von gerade einmal 15 Prozent. Das scheint die WHO mit dem Zuwarten bis März verhindern zu wollen.