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Entwurf des Apotheken-Stärkungsgesetzes: Die geplante Apothekenreform im Überblick

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Gleichpreisigkeit

Zweieinhalb Jahre nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung will das BMG den Versandhandelskonflikt mit einem Verbot von Rx-Boni im SGB V regeln. Dies soll über einen Zusatz in § 129 Abs. 1 SGB V geschehen – der Norm, die aufzählt, wozu die Apotheken nach Maßgabe des Rahmenvertrags bei der Abgabe von Arzneimitteln verpflichtet sind. Neu ist: Erstmals soll festgelegt werden, dass Vertragsstrafen von bis zu 50.000 Euro oder ein Ausschluss von der Versorgung bis zur Dauer von zwei Jahren ausgesprochen werden können, wenn sich Apotheker oder Versender nicht an die Rx-Preisbindung halten.

Anmerkung: Die Apotheker hatten sich bis zuletzt gewünscht, dass das bisherige Rx-Boni-Verbot im Arzneimittelgesetz enthalten bleibt. Das BMG hat diese Wünsche aber nicht erhört und möchte den entsprechenden Passus im AMG streichen, offenbar als Reaktion auf das EU-Vertragsverletzungsverfahren. Ebenso wenig ist die Frage gelöst, ob das Rx-Boni-Verbot auch für PKV-Versicherte gilt. Spahn hatte kürzlich auf entsprechende Gerichtsverfahren verwiesen. Aber auch um hier Rechtssicherheit zu haben, fordern die Apotheker den Erhalt des alten Boni-Verbots im AMG. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren könnte bei dieser Regelung noch Diskussionsbedarf entstehen. Außerdem hatte die SPD angekündigt, dass sie sich für eine „Wettbewerbskomponente“ starkmachen wolle. Vorstellbar wären für die SPD hier beispielsweise kleinere Rx-Boni bis zu einer Grenze von einem Euro.

Neue vergütete pharmazeutische Dienstleistungen in Apotheken

Versicherte sollen künftig „Anspruch auf zusätzliche honorierte pharmazeutische Dienstleistungen“ haben. Um welche es sich dabei genau handelt, sollen der DAV und der GKV-Spitzenverband „im Benehmen“ mit dem PKV-Verband innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes vereinbaren. Die Bundesapothekerkammer arbeitet derzeit an ersten Vorschlägen für solche Dienstleistungen. Die Vergütung soll über einen Fonds laufen: Künftig soll es einen neuen Festzuschlag in Höhe von 20 Cent pro Rx-Packung geben. Die Verteilung dieser Mittel erfolgt durch den Deutschen Apothekerverband.

Anmerkung: Das BMG hat den Betrag hier nochmals hochgestuft. Im letzten Eckpunktepapier war nur von 14 Cent pro Rx-Packung die Rede.

Notdienstpauschale

Der für den Nacht- und Notdienstfonds vorgesehene Festzuschlag soll von derzeit 16 Cent auf künftig 21 Cent angehoben werden – 40 Millionen Euro mehr soll dies für die Apothekennotdienste bringen. Rund 350 Euro soll die Pauschale künftig betragen.

Anmerkung: Hier hat das Ministerium den Betrag bei den in den letzten Eckpunkten enthaltenen Werten belassen.

Betäubungsmittel

Für die Abgabe von Betäubungsmitteln soll es statt 2,91 Euro künftig 4,26 Euro einschließlich Umsatzsteuer geben. 15 Millionen Euro Mehrausgaben kalkuliert hier das Ministerium.

Anmerkung: Auch hier ist es bei der schon bekannten Erhöhung geblieben.

Mehrere „Kracher“ im Entwurf: Impfen, Hüffenhardt und Dauerverordnungen

Impfungen in Apotheken 

Eine der großen Überraschungen des Referentenentwurfes: Zur Verbesserung der Impfquote sollen Krankenkassen oder ihre Landesverbände mit Apothekern Verträge über Modellprojekte zur Durchführung von Grippeschutzimpfungen vereinbaren. In den Verträgen sollen die Voraussetzungen für die Durchführung von Grippeschutzimpfungen in Apotheken sowie deren Durchführung, Vergütung, Abrechnung und Dokumentation geregelt werden. Diese Modellprojekte sollen auf fünf Jahre begrenzt sein und wissenschaftlich begleitet und ausgewertet werden. Die Sicherheit der Patienten solle durch ärztliche Schulungen der Impfenden sichergestellt werden.

Anmerkung: Es dürfte schwer werden, diesen Vorstoß gegen die Attacken aus der Ärzteschaft zu verteidigen. Die Ärzte hatten bereits mehrfach angekündigt, dass sie Apothekern keine Impfungen zutrauen würden und im Gegenzug gerne das Dispensierrecht hätten. Wenn der Passus im Gesetz bleibt, könnte es passieren, dass im weiteren parlamentarischen Verfahren ein Änderungsantrag eingebracht wird, in dem es den Medizinern beispielsweise erlaubt werden könnte, bei Notdienstfahrten Arzneimittel abzugeben.

Dauerverordnungen

Das BMG will Verordnungen einführen, die eine wiederholte Abgabe von Arzneimitteln ermöglichen. Konkret sollen Ärzte für GKV-Versicherte mit einer schwerwiegend chronischen Erkrankung Rezepte ausstellen können, auf die bis zu drei Mal ein Arzneimittel abgegeben werden kann. Das soll die Ärzteschaft entlasten, heißt es. Für wen dies infrage kommt, soll der Entscheidung der Ärzte obliegen.

Anmerkung: Auch hier dürfte mit Widerstand aus der Ärzteschaft zu rechnen sein, schließlich werden die Mediziner für jedes ausgestellte Rezept vergütet.

„Lex Hüffenhardt“

Noch ein Kracher: Das BMG reagiert auf die Vorkommnisse mit dem DocMorris-Arzneimittelautomaten in Hüffenhardt und will solche Modelle künftig verbieten. Konkret soll die Abgabe von Arzneimitteln mittels automatisierter Ausgabestation unzulässig sein, „soweit die Ausgabestation nicht unmittelbar mit den Apothekenbetriebsräumen verbunden ist und nicht ausschließlich der Abholung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln dient, die zuvor bei der Apotheke bestellt wurden und zu denen eine Beratung bereits stattgefunden hat“. Video-Beratungen sollen allerdings erlaubt bleiben, allerdings nur aus der Apotheke.

Anmerkung: Das BMG will hier offenbar einen erneuten, jahrelangen Rechtsstreit zwischen den Apothekern und DocMorris verhindern. Zurzeit laufen noch mehrere Verfahren wegen des Automaten, es ist auch nicht ausgeschlossen, dass DocMorris im Falle weiterer Niederlagen in Revision geht. Mit der neuen Regelung wäre hier Klarheit im Markt.