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Drogenersatztherapie: Wird die Substitution mit Buvidal® einfacher?

Mit Buvidal® steht ab sofort eine langwirksame Depotformulierung für die Substitutionstherapie zur Verfügung. | Bild: Camurus / ptaheute

Patienten, die an Drogenersatzprogrammen teilnehmen, müssen ihr Substitutionsmittel täglich einnehmen. Derzeit sind im Substitutionsregister 79.400 Patienten geführt, von denen der Großteil Methadon (39,4 Prozent) als Betäubungsmittelersatz erhält. 35,2 Prozent der Patienten werden mit Levomethadon substituiert, Buprenorphin erhalten 23,1 Prozent und Morphin oder Heroin je ein Prozent. Am seltensten kommen als Drogenersatzpräparat Codein und Dihydrocodein zum Einsatz (je mit 0,1 Prozent). Nach Angaben des aktuellen Substitutionsberichts des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nahm der Anteil an Methadonpatienten im Laufe der letzten zehn Jahre kontinuierlich um 2 Prozent jährlich ab, während Levomethadon vermehrt eingesetzt wird. Der Anteil an Substitutionspatienten mit Buprenorphin ist mit etwa 23 Prozent in den letzten Jahren konstant.

Mit Buvidal® entfällt tägliche Substitutionsdosis

Sind die Patienten noch nicht in der Take-Home-Versorgung, bei der sie ihre Dosen für einen gewissen Zeitraum zur eigenverantwortlichen Einnahme mit nach Hause bekommen, müssen sie täglich zu ihrem Arzt oder in die versorgende Apotheke gehen, um dort unter Aufsicht ihr Substitutionsmittel zu erhalten. Depotformen, die das Drogenersatzmittel über eine bestimmte Zeit kontinuierlich freisetzen, seltenere Arzt- oder Apothekenbesuche notwendig machen und somit einen „normaleren“ Lebensrhythmus ermöglichen, fehlten bislang. Das jedoch hat sich jüngst geändert. Bereits im November 2018 erhielt Buvidal® von Camurus, einem schwedischen Pharmaunternehmen, die EU-Zulassung. Nun gibt der Hersteller bekannt, dass Buvidal® auch in Deutschland verfügbar ist und Apotheken dies derzeit über die Pharmagroßhändler Alliance Healthcare, Gehe und Phoenix beziehen können.

Was ist das Besondere an Buvidal®

Buvidal® ermöglicht aufgrund seiner galenischen Formulierung als Depot-Buprenorphin die lediglich wöchentliche oder gar monatliche Gabe des Substitutionsmittels. Die Patienten erhalten Buprenorphin bei Buvidal® als subkutane Injektion beim Arzt. Durch Wegfallen der täglichen Arzt- oder Apothekenbesuche soll die selbstbestimmte Lebensführung der Substitutionspatienten ebenso wie die gesellschaftliche Wiedereingliederung verbessert werden. Buvidal® enthält Buprenorphin auf Basis einer Fluid-Crystal®-Technologie. Eine intravenöse Gabe ist laut Fachinformation von Buvidal® streng zu vermeiden, „da Buvidal® bei Kontakt mit Körperflüssigkeiten eine feste Masse bildet, was potenziell zu Verletzungen von Blutgefäßen, Verschluss oder thromboembolischen Ereignissen führen könnte.“

Buvidal® gibt es in unterschiedlichen Stärken. Camurus bietet derzeit 8 mg / 16 mg / 24 mg / 32 mg für die wöchentliche Gabe und 64 mg / 96 mg / 128 mg für die Monatstherapie an. Hiermit soll unterschiedlichen Schweregraden einer Opioidabhängigkeit Rechnung getragen werden. Allerdings sollen nur Patienten, die bereits stabil auf die Wochentherapie mit Buvidal® eingestellt sind, für eine lediglich monatliche Gabe von Buvidal® in Frage kommen.

Latenz zwischen Heroin und Buvidal® beachten

Buvidal® ist ausschließlich zur Substitution zugelassen, und zwar für opioidabhängige Patienten, die nicht nur medizinisch, sondern auch sozial und psychotherapeutisch betreut werden. Die Patienten müssen mindestens 16 Jahre alt sein. Bevor der behandelnde Arzt Buvidal® verabreicht, muss er sicher sein, dass bei den Patienten die letzte Heroindosis mindestens sechs Stunden zurückliegt. Zwischen der letzten Methadondosis und Buvidal® müssen sogar mindestens 24 Stunden liegen. Zusätzlich muss ein Methadonsubstitutionspatient stabil auf 30 mg Methadon pro Tag eingestellt sein.

Warum muss nach Heroin und Methadon mit dem Buvidal®-Start gewartet werden?

Dass vor Therapiebeginn ein Zeitfenster nach der letzten Heroin- oder Methadongabe liegen muss, liegt an den pharmakologischen Eigenschaften von Buprenorphin. Buprenorphin bindet sehr stark an die Opioidrezeptoren und ist so in der Lage, Heroin oder auch Methadon von diesen Rezeptoren zu verdrängen. Allerdings wirkt Buprenorphin nicht so stark an den Rezeptoren, wie die beiden anderen Opioide dies tun – was bedeutet, dass der Patient durch Buprenorphin Entzugssymptome entwickeln kann. Buprenorphin ist ein sogenannter Partialagonist, was durchaus Vorteile in die Therapie sowohl von Substitutionspatienten als auch von Schmerzpatienten mit sich bringt. Denn mit der schmerzstillenden Wirkung geht normalerweise eine unerwünschte Atemdepression bei Opioiden einher. Sie können bei Überdosierung zum Tod durch Ersticken führen. Buprenorphin ist hier sicherer, da die Atemdepression unter Buprenorphin weniger stark ausgeprägt ist.

Umstellung von Buprenorphin sublingual

Sollen Patienten im Rahmen einer Betäubungsmittelsubstitution von Buprenorphin sublingual einfach auf Buvidal®, also subkutanes Depot-Buprenorphin, umgestellt werden, so ist dies laut Fachinformation problemlos möglich. Allerdings muss die sublinguale Dosis in eine entsprechende subkutane Dosis umgerechnet werden, wofür es spezielle Tabellen gibt. So erhalten beispielsweise Buprenorphinpatienten mit täglich 2 bis 6 mg Buprenorphin eine wöchentliche Subkutandosis Buvidal® mit 8 mg. Die Gabe von Buvidal® erfolgt einen Tag nach der letzten sublingualen Buprenorphineinnahme.

Buprenorphin-Verträglichkeit vor Buvidal®-Therapie testen

Bei Patienten, die erstmalig den Wirkstoff Buprenorphin erhalten sollen, empfiehlt die Fachinformation zu Buvidal® vor Injektion der Depotform die Buprenorphinverträglichkeit mittels einer sublingualen Buprenorphindosis von 4 mg vorsichtshalber zu prüfen.

Welche Vorteile hat die Depotformulierung von Buprenorphin?

In einer Studie konnte Buvidal® zeigen, dass Depot-Buprenorphin, hinsichtlich des illegalen Beikonsums der Patienten mit anderen Opioiden, einer täglichen Gabe von Buprenorphin nicht unterlegen ist. Die Studienautoren erklärten, dass diese Ergebnisse die Wirksamkeit von lang wirksamen wöchentlichen und monatlichen subkutanen Depot-Buprenorphin-Formulierungen als zusätzliche OUD (Opioid Use Disorder-)Behandlungsoption stützen. Zusätzlich betonen sie die potenziellen Vorteile einer subkutanen Depottherapie: „Diese Formulierungen können auch potenzielle Einschränkungen und Bedenken hinsichtlich einer täglichen Substitution, einschließlich Missbrauch und zufälliger Substitutionsmittelexposition gegenüber Kindern, berücksichtigen."