Sonderregeln im Apothekenalltag
Corona-Pandemie
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Händedesinfektionsmittel – Herstellung nun offiziell erlaubt

PTA gießt Isopropanol in Messbecher
Ganz offiziell dürfen nun Händedesinfektionsmittel in allen Apotheken hergestellt werden. | Bild: Glamourpixel / Adobe Stock

Welche Zubereitungen dürfen hergestellt werden?

Ab sofort dürfen in der Apotheke 2-Propanol-Wasser-Gemische 70 % (V/V) und eine 2-Propanol-Wasser-Mischung mit Wasserstoffperoxid und Glycerol nach Empfehlung der WHO (Weltgesundheitsorganisation) hergestellt werden. Da die fertigen Lösungen als Biozid und nicht als Arzneimittel gelten, braucht die Qualität der Ausgangsstoffe nicht den Anforderungen des Arzneibuchs entsprechen. Auch eine Mengenbegrenzung bei der Herstellung fällt somit weg.

Nach Biozid-Verordnung dürfen auch Ethanol-haltige Händedesinfektionsmittel im Apothekenlabor hergestellt werden, allerdings muss bei diesen Lösungen vor Herstellungsbeginn eine Meldung bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin erfolgen. Danach können dann Ethanol-Wasser-Gemische unabhängig von der Konzentration zur Händedesinfektion in den Verkehr gebracht werden.

Vorteil der Formulierung nach WHO

Bei einer Abgabe von Desinfektionsmitteln an medizinische Einrichtungen müssen die entsprechenden Lösungen frei von Sporen sein. Bei dem Vorschlag der WHO kann diese Sporenfreiheit ganz einfach durch Zugabe von Wasserstoffperoxid erreicht werden. Dagegen müssten alkoholische Lösungen durch einen Membranfilter mit einer Porenweite von 0,2 µm filtriert werden, dies dürfe aufgrund der benötigten Menge in der Apotheke kaum zu realisieren sein. Bei einer Abgabe an Privatpersonen ist diese Sporenfreiheit übrigens nachrangig, denn hier steht derzeit die Abtötung der Viren im Vordergrund.

Update: Herstellungsanweisungen kostenlos einsehbar

Der Deutsche-Apotheker-Verlag stellt aus aktuellem Anlass allen Apotheken Herstellungsanweisungen für Desinfektionsmittel über die Ziegler Rezepturbibliothek® bis zum 13. März 2020 kostenfrei zur Verfügung.

Danach können sich Interessierte einen Test-Account anlegen und sich den Zugang damit für weitere 30 Tage sichern.

Herstellung der 2-Propanol-Wasser-Mischung 70 % (V/V)

Im Rezepturenfinder des DAC/NRF können für alle geeigneten Desinfektionsmittel Rezepturformeln mit Angabe der jeweiligen Masseteile gefunden werden, eine einfache Zubereitung auf einer Waage ist daher möglich. Zur Herstellung einer 70-prozentigen Isopropanol-Wasser-Mischung müssen beispielsweise 63,1 Gramm 2-Propanol abgewogen und mit Gereinigtem Wasser zu 100,0 Gramm aufgefüllt werden. Die fertige Mischung kann dann in ein dicht schließendes Behältnis aus Kunststoff oder Glas abgefüllt und zur einfachen Entnahme mit einer Schraubmontur und einem Spritzeinsatz versehen werden. Aus Gründen der Rückverfolgbarkeit ist die Anfertigung eines Herstellungsprotokolls zu empfehlen. Die Apotheke kann sich dabei an den üblichen Protokollen zur Herstellung von Defekturen nach § 8 Apothekenbetriebsordnung orientieren.

Gefahrstoffrechtliche Vorgaben zu beachten

Wie gewohnt sind beim Umgang mit alkoholischen Flüssigkeiten die jeweiligen Vorschriften nach Gefahrstoffrecht einzuhalten. Isopropanol und Ethanol gehören zu den entzündlichen Flüssigkeiten der Kategorie 2, sind also „leicht entzündbar“. Eine Herstellung im 10-Liter-Maßstab ist grundsätzlich erlaubt, vorher ist aber eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen und insbesondere die Funktionsfähigkeit des Abzugs zu überprüfen.

Kennzeichnung

Die Beschriftung der fertigen Lösung muss nach EU-Biozidverordnung erfolgen. Folgende Angaben müssen dabei auf das Etikett:

  • Name und Anschrift der abgebenden Apotheke,
  • Lösung zur hygienischen Händedesinfektion,
  • Bezeichnung des Wirkstoffs und seine Konzentration und eine Mengenangabe in ml,
  • Gebrauchsanweisung: Die Hände werden bei Bedarf mit etwa 3 ml der Lösung eingerieben und 30 Sekunden feucht gehalten,
  • Herstellungsdatum und Chargennummer,
  • verwendbar bis: 6 Monate nach Herstellungsdatum.

Bei dem Desinfektionsmittel handelt es sich um einen Gefahrstoff. Auf das Abgabegefäß müssen daher die beiden Gefahrenpiktogramme GHS02 für „Entzündlich“ und GHS07 für „Gesundheitsschädlich“ geklebt werden. Zusätzlich muss das Signalwort „Gefahr“ aufgebracht werden. Weiterhin müssen entsprechende Gefahrenhinweise, Signalwörter und Hinweise zur Entsorgung auf das Etikett geschrieben werden. Eine vereinfachte Kennzeichnung, wie sie normalerweise bei Gefäßen unter 125 ml Inhalt möglich ist, darf hier auf Grund des Gefahrenhinweises „Kann Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen“ nicht angewendet werden. Ein ausführliches Beispieletikett kann auf der Homepage der ABDA bei den Handlungshilfen zur „Herstellung von Desinfektionsmitteln für die Hände in der Apotheke“ angesehen werden, dort ist auch ein Vorschlag für ein Herstellungsprotokoll zu finden.

Vorschlag der WHO

Auch die von der WHO empfohlene Lösung zur Händedesinfektion ist unter anderem im DAC/NRF-Rezepturenfinder mit einzelnen Massenangaben zu finden. Eine Herstellung kann also sowohl durch Abwiegen als auch volumetrisch erfolgen:

2-Propanolische Händedesinfektionslösung (nach WHO)

2-Propanol59,03 g75,15 ml
Wasserstoffperoxid-Lösung 3 %4,22 g4,17 ml
Glycerol 98 %1,83 g1,45 ml
Gereinigtes Wasserzu 87,08 gzu 100,0 ml
Wasserstoffperoxid ist im Übrigen kein wirksamer Bestandteil der Zubereitung, sondern zum Abtöten von Bakteriensporen in der Lösung enthalten. Dieser Vorgang benötigt einige Zeit, daher ist das Desinfektionsmittel erst 72 Stunden nach der Herstellung fertig zur Abgabe. Um die bekanntermaßen austrocknende Wirkung der alkoholischen Lösung zu mindern, ist Glycerol als Feuchthaltemittel enthalten. Das fertige Desinfektionsmittel hat eine Konzentration an 2-Propanol von 75 % (V/V).
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