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Erkranken gerade mehr Kinder an Grippe als sonst?: Keine Entwarnung bei Influenza

Bild: zinkevych / Adobe Stock

Wöchentlich berichtet das Robert Koch-Institut (RKI) über den aktuellen Stand der Grippe in Deutschland. Breitet sich die Influenza aus? Welche Grippeviren zirkulieren? Wie viele Menschen sind bereits mit einer nachgewiesenen Influenza-Infektion verstorben? Zusammengefasst lässt sich sagen: Die Virusgrippe befindet sich auf dem Vormarsch. Allein in der vergangenen Woche gingen 9.000 Grippefälle beim RKI ein, insgesamt sind seit Beginn der diesjährigen Grippesaison 20.000 Menschen an Influenza erkrankt, 43 Menschen sind in der Grippesaison 2017/18 bundesweit mit einer Influenza-Infektion verstorben. Darunter auch Kinder. Betrachtet man den Konsultationsindex beim RKI, so waren vor allem Kinder in der letzten Woche wegen Atemwegsinfektionen beim Arzt. (Der Konsultationsindex informiert über die Arztbesuche der Bundesbürger aufgrund von Atemwegserkrankungen.) 
Hat uns also mit der diesjährigen Grippewelle tatsächlich eine erwischt, die hauptsächlich Kinder befällt? Denn: Nicht jede Grippesaison verläuft gleich, während jeder Influenzawelle zirkulieren andere Viren, und manche treffen vor allem Kinder, andere verursachen hingegen vorwiegend bei älteren Menschen schwerwiegende, teils tödliche, Verläufe. Welcher Virus „bevorzugt“ wen?

Influenza B: schwere Infektionen bei Schulkindern

Influenza B-Viren scheinen eine „Vorliebe“ für Kinder und Jugendliche zu zeigen. In Grippesaisons, in denen vorwiegend Influenza B-Viren im Umlauf sind, erkranken auffallend viele Schulkinder an Influenza, vor allem bis zum Alter von 14 Jahren. Und Grippeviren dieses Subtyps, Influenza B, dominieren tatsächlich das gegenwärtige Grippegeschehen. Sie machen in Deutschland fast drei Viertel aller zirkulierenden Influenzaviren aus (72 Prozent). Vor diesem Subtyp (Yamagata) schützt in diesem Jahr nur die Vierfach-Grippeimpfung.

Doch noch ein weiterer Stamm zeigt laut Aussagen des RKI Präferenzen für Kinder, und zwar Influenza A-Viren des Subtyps H1/N1. „Bei Grippewellen, in denen Influenza A(H1N1)pdm09-Viren dominierten, war bislang zu beobachten, dass es auch bei jüngeren Erwachsenen und Kindern zu sehr schweren Erkrankungen und Todesfällen gekommen ist, insbesondere beim Vorliegen von Grundkrankheiten", schreibt das RKI.
Und auch diesen Virustypus findet das NRZ (Nationale Referenzzentrum Influenza) gerade verstärkt bei Grippepatienten: Influenza A(H1/N1)-Viren dominieren mit 23 Prozent direkt nach den B-Viren die aktuelle Infektionswelle. Allerdings trifft Influenza (H1/N1) hauptsächlich kleine Kinder im Kindergartenalter.
Mit dem aktuell zirkulierenden Grippevirus Influenza A(H1/N1)pdmo9 schlägt sich die hiesige Grippewelt noch gar nicht allzu lange herum. Er tauchte zum ersten Mal in der Grippesaison 2009/10 in Deutschland auf.

Es zirkulieren also in der Tat gerade hauptsächlich (95 Prozent) zwei Grippevirus-Typen, die auch bei Kindern schwere Infektionen auslösen und schlimme Verläufe begünstigen. Doch – kann man daraus wirklich bereits schließen, dass die diesjährige Grippewelle besonders für Kinder schlimm ist? PTAheute.de hat beim RKI nachgefragt und um die Einschätzung der Experten gebeten. Die Antwort: Generell könnten immer auch Kinder (an Grippe) erkranken, aber man könne aktuell nicht sagen, dass die Influenza vorwiegend Kinder treffe, sagen die Infektionsexperten. Es leiden derzeit zwar viele Kinder an Grippe – absolut gesehen erkranken bis vierjährige Kinder gegenwärtig am häufigsten, und die heftigste Zunahme bei Arztbesuchen verzeichnet des RKI bei den bis 14-jährigen Kindern. Vergleicht man die Zahlen der aktuell erkrankten Kinder und Kleinkinder jedoch mit denen früherer Grippesaisons, so ist die Erkrankungsrate in dieser Altersgruppe nicht auffallend erhöht.

Und welcher Grippevirus trifft vor allem ältere Patienten?

Es gibt auch Grippeviren, die vorzugsweise bei betagteren Menschen schlimme Verläufe bedingen: Influenza A(H3N2) verursacht insbesondere bei älteren Patienten schwere Verläufe. Das bestätigte auch die vergangene Grippesaison 2016/17. Hier waren vor allem Influenza A(H3/N2)-Viren im Umlauf. Ungeachtet des bei hochbetagten Patienten ohnehin höchsten Risikos für schwere Verläufe und Todesfälle, beobachte man in H3N2-dominierenden Grippejahren „meist auch eine deutliche Übersterblichkeit", heißt es auf der Seite des RKI. 
Die Senioren zeigen sich aktuell stabil, zumindest nach Interpretation der dokumentierten Arztbesuche aufgrund von Atemwegserkrankungen. Ihre Arztbesuche aufgrund respiratorischer Erkrankungen sind seit Beginn des Jahres nahezu konstant. Allerdings entfallen 80 Prozent aller Todesfälle mit nachgewiesener Influenzainfektion auf über die über 60-Jährigen.

Grippeimpfungen auch jetzt noch möglich

Das RKI betont, der beste Schutz vor einer Grippeinfektion sei nach wie vor die Impfung. Auch jetzt noch. „Die Schwere und der Verlauf einer Grippewelle lässt sich nie vorhersagen, weil sie von vielen verschiedenen Faktoren abhängt. Grippewellen verlaufen von Saison zu Saison und auch von Region zu Region sehr unterschiedlich; wie heftig eine Welle tatsächlich war, weiß man erst am Ende der Welle“, sagte jüngst eine Sprecherin des RKI auf Nachfrage der PTAheute.de-Redaktion. Bis der Körper eine ausreichende Immunität aufgebaut hat, dauert es etwa zehn bis 14 Tage.