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Keine Grippeimpfung für alle: STIKO bleibt bei ihrer Empfehlung

Derzeit spricht sich die STIKO nicht für den standardmäßigen Grippeschutz für alle Menschen in der Bevölkerung aus, und bei dieser Empfehlung bleibt sie auch: Nur wer zu einer Risikogruppe zählt, solle sich gegen Grippe impfen lassen, trotz Corona. | Bild: Mike Fouque / Adobe Stock

Aktuell rät die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) zur standardmäßigen saisonalen Grippeimpfung für

  • Senioren ab einem Alter von 60 Jahren,
  • Menschen mit chronischen Grunderkrankungen (z. B. Diabetes mellitus, Asthma, COPD, multiple Sklerose),
  • Schwangere (ab dem zweiten Trimenon),
  • Bewohner in Alten- und Pflegeeinrichtungen
  • sowie medizinisches Personal und Personen, die beruflich bedingt dem Virus besonders ausgesetzt sind.

Sie haben laut STIKO ein erhöhtes Risiko für schwere Influenza-Verläufe und Krankenhauseinweisungen. Derzeit spricht sich die STIKO nicht für den standardmäßigen Grippeschutz für alle Menschen in der Bevölkerung aus, und bei dieser Empfehlung bleibt sie auch: Nur wer zu einer Risikogruppe zählt, solle sich gegen Grippe impfen lassen, trotz Corona. Das bekräftigt sie im aktuellen Epidemiologischen Bulletin 32/33 2020. Was sind die Gründe?

Hohe Impfquote in Risikogruppen erreichen

Da die Risikogruppen für schwere COVID-19-Erkrankungen und schwere Influenza-Verläufe „sehr deutliche Parallelen“ zeigten, ist die Ständige Impfkommission derzeit überzeugt, dass im Grippewinter 2020/21 vor allem eine hohe Grippeimpfquote in den benannten Risikogruppen (s. o.) erreicht werden muss. Hier hapert es gewaltig: Die Impfquote in der Grippesaison 2018/19 lag bei Personen im Alter von ≥ 60 Jahren bei gerade einmal 35 Prozent, von den Patienten mit chronischen Grunderkrankungen ließ sich ebenfalls nur jeder fünfte bis jeder zweite gegen Influenza impfen.

Zu wenig Impfstoffe für alle

Ohnehin würden die für die kommende Influenzasaison 2020/21 geplanten und verfügbaren 25 Millionen Grippeimpfstoffe nicht für alle 83,2 Millionen Bundesbürger reichen. Allein für eine konsequente Impfung der Risikogruppen werden nach Angaben der STIKO 40 Millionen Impfdosen benötigt. Eine Ausweitung der Impfempfehlung auf die breite Bevölkerung sei daher„sogar kontraproduktiv“. Es könnte dann zu einer Unterversorgung der Risikogruppen kommen. Gerade diese profitierten jedoch in besonderem Maße von der Grippeimpfung und entlasteten dadurch auch das Gesundheitssystem besonders, erklärt die STIKO.

Kontaktbeschränkungen in Nicht-Risikogruppen

Die STIKO erwartet zudem, dass eine breite Impfung der Bevölkerung – durch die geltenden Kontaktbeschränkungen aufgrund der COVID-19-Pandemie – „nur von begrenzter Wirkung“ zum Schutze der Gemeinschaft ist. Wie effektiv Kontaktbeschränkungen sein können, belegt die STIKO mit den Märzdaten der diesjährigen Grippesaison, als die „Influenzameldungen mit Beginn der Kontaktbeschränkung im Vergleich zu den Vorjahren sehr deutlich und abrupt sanken“. Hingegen sei die Impfung von Risikogruppen – wie Älteren und medizinischem Personal – „epidemiologisch bedeutsam“: Denn durch sie könnte es zu Übertragungen in Krankenhäusern, Pflege- und Senioreneinrichtungen kommen, schätzt die STIKO. Ihr abschließendes Fazit: „Zum Schutz der Menschen und zur Entlastung des Gesundheitssystems in der kommenden Influenzasaison 2020/21 (ist) mit den verfügbaren Impfstoffmengen der größte Effekt erzielbar, wenn die Influenzaimpfquoten entsprechend der STIKO-Empfehlungen vor allem in den Risikogruppen erheblich gesteigert werden.“

Co-Infektion von SARS-CoV-2 und Influenza

Auch auf gleichzeitig auftretende Co-Infektionen mit Influenza und SARS-CoV-2 geht die STIKO ein. Co-Infektionen mit SARS-CoV-2 und Influenzaviren seien in der Literatur zwar beschrieben, doch deuteten diese bislang „nicht auf schwerere Verlaufsformen für COVID-19 in Nicht-Risikogruppen hin“. Auch aus diesem Grund sei eine generelle Impfempfehlung folglich nicht begründet, so die Ständige Impfkommission.

Die Ständige Impfkommission weist gleichzeitig auch darauf hin, dass – auch wenn es keine standardmäßige Grippeimpfempfehlung für die gesamte Bevölkerung gibt – sich dennoch auch Personen, die nicht explizit von der STIKO genannt sind, gegen Influenza impfen lassen könnten. Das erfolge sodann auf Grundlage einzelner Erwägungen mit dem behandelnden Arzt.

Nicht früher gegen Grippe impfen

Auch sieht die STIKO keinen Anlass, in diesem Jahr besonders früh mit der Grippeimpfung zu starten. Als optimalen Zeitpunkt nennt das Robert Koch-Institut die Monate Oktober und November. Bis die vollständige Impfwirkung zum Tragen kommt, dauert es zwei Wochen. Die Grippewelle startet in Deutschland meist um den Jahreswechsel. Da die Impfeffektivität mit der Zeit abnimmt, besteht bei zu früher Impfung die Gefahr, zum Hochpunkt der Grippewelle schlechter geschützt zu sein.

Die STIKO kommt abschließend zu dem Fazit:

  • „Zum Schutz der Menschen und zur Entlastung des Gesundheitssystems in der kommenden Influenzasaison 2020/21 (ist) mit den verfügbaren Impfstoffmengen der größte Effekt erzielbar, wenn die Influenzaimpfquoten entsprechend der STIKO-Empfehlungen vor allem in den Risikogruppen erheblich gesteigert werden.“
  • „Die uns bekannten Informationen zu den voraussichtlich verfügbaren Influenzaimpfstoffmengen können die Versorgung der wichtigsten Zielgruppen gewährleisten, nicht jedoch der gesamten Bevölkerung.“
  • „Mit den zugelassenen Influenzaimpfstoffen können auch Personen außerhalb der STIKO-Empfehlungen geimpft werden, jedoch sollte weiterhin der Fokus klar auf Risikogruppen für schwere Krankheitsverläufe liegen.“