Sonderregeln im Apothekenalltag
Corona-Pandemie
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Arbeitsrechte und -Pflichten in der Corona-Pandemie: Maskenpflicht und Arbeitsrecht

Hinweisschild vor Apotheken zur Maskenpflicht
Mit Masken kann sich das Apothekenteam gegenseitig schützen. Doch was tun, wenn man sich über das Maskentragen nicht einig ist? | Bild: MiS / Imago Images

Durch die Coronakrise taucht in Apotheken eine Reihe arbeitsrechtlicher Fragen auf, die bislang keine oder nur eine sehr untergeordnete Rolle gespielt haben. Einige davon hat ADEXA-Anwältin Minou Hansen bereits im Live-Webinar beantwortet. Eine Aufzeichnung ist ab sofort als Video oder Podcast kostenlos verfügbar.

Mit Einführung der Maskenpflicht häufen sich nun jedoch auch Fragen zum Arbeitsschutz. Im Folgenden sollen dazu einige Antworten geliefert werden.

Regelungen stetig im Wandel

Im Hinblick auf die Corona-Pandemie werden empfohlene und verpflichtende Schutzmaßnahmen für die Betriebe typischerweise landesrechtlich geregelt. Diese Regelungen ändern sich derzeit ständig: Was vor einer Woche noch galt, kann heute gegenstandslos sein. Daher sollten die Meldungen der Kammern, Verbände und der Fachpresse aufmerksam verfolgt werden.

Die Maskenpflicht und ihre Ausnahmen

In allen Bundesländern gilt beispielsweise eine Maskenpflicht in Apotheken. Ausnahmen davon werden in einzelnen Ländern sehr unterschiedlich gehandhabt. In Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen kann vom Tragen einer Gesichtsmaske abgesehen werden, wenn dies nicht aus medizinischen Gründen oder aus sonstigen zwingenden Gründen unzumutbar erscheint. In Bayern gibt es aktuell keine Ausnahmeregelung.

Eine ähnliche Situation ergibt sich bei der Frage, ob besondere Schutzvorrichtungen wie ein Spuckschutz die Maskenpflicht ersetzen. In Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen gilt, dass die Verpflichtung für Beschäftigte, eine Maske zu tragen, durch gleich wirksame Schutzmaßnahmen (Abtrennung durch Glas, Plexiglas o. Ä.) ersetzt werden kann. In Bayern ist auch dabei keine Ausnahmeregelung vorgesehen. Die BLAK geht nicht davon aus, dass durch Spuckschutzscheiben die Maskenpflicht abgewendet werden kann. Ob die Schutzvorschriften auch im nicht-öffentlichen Bereich einer Apotheke gelten, wird derzeit auch sehr unterschiedlich ausgelegt. Die BLAK geht für Apotheken davon aus, dass auch im Backoffice-Bereich Maskenpflicht besteht. (s. FAQ-COVID-19, Stand 5.5.2020)

Kann der Apothekenleiter Masken verbieten oder aufzwingen?

Soweit eine Maskenpflicht durch die oben genannten Rechtsverordnungen allgemein auferlegt ist, darf ein Apothekenleiter diese Maßnahme in seinem Betrieb nicht verbieten. Andererseits kann er das Tragen von Masken am Arbeitsplatz anordnen, wenn dies im jeweiligen Bundesland nicht explizit vorgegeben wäre. Dies ist vom Direktionsrecht zum Schutz der weiteren Mitarbeiter im Regelfall abgedeckt.

Die benötigte Schutzausrüstung muss vom Betrieb bereitgestellt und finanziert werden. Dies gilt im Übrigen für alle nach Arbeitsschutzgesetz und § 618 BGB erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen. Die BAK hat Empfehlungen zu Arbeitsschutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Biostoffen veröffentlicht, in denen auch explizit die Tätigkeiten in der Apotheke während der Corona-Pandemie beschrieben sind. Hieran sollten sich die Apothekenleiter orientieren, und hierauf können sich Arbeitnehmer berufen, wenn sie konkrete Maßnahmen vom Chef erwarten. Doch was, wenn der Chef dennoch nicht aktiv wird?

Sie wünschen sich die Maskenpflicht – aber niemand hält sich daran?

Sollte der Arbeitgeber Arbeitsschutzregeln nicht einhalten, besteht für die Angestellten die Möglichkeit, von ihrem Zurückbehaltungsrecht (ZBR) nach § 273 BGB Gebrauch zu machen. Das heißt, sie können ihre Leistung so lange verweigern, bis die jeweilige Maßnahme umgesetzt wurde. Der Arbeitgeber bleibt in dieser Phase zur Zahlung des Lohns verpflichtet. Dem Arbeitgeber muss konkret klargemacht werden (am besten schriftlich), aus welchem Grund das Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht wird, und er muss gleichzeitig aufgefordert werden, die Arbeitsschutzregeln einzuhalten bzw. umzusetzen. 

Dieser Weg sollte aber nur im äußersten Notfall beschritten werden, wenn alle anderen Möglichkeiten der Kontaktaufnahme und Klärung erfolglos waren. Weil die Gefahr besteht, dass der Arbeitnehmer seine Tätigkeit zu Unrecht verweigert, muss dieser Vorgang am besten mit rechtlicher Beratung erfolgen. 

Wenn dagegen Arbeitnehmer (zu Unrecht) die Schutzmaßnahmen verweigern, die durch Verordnungen und die Maßnahmen des Arbeitgebers vorgegeben sind, kann der Arbeitgeber Sanktionen durchsetzen. Dazu gehören Aussetzung der Lohnzahlung, Abmahnungen und Kündigungen.

Dürfen Mitarbeiter einfach zu Hause bleiben?

Verfügt der Arbeitnehmer über ein erhöhtes Risiko, sich zu infizieren, und kann bzw. soll deshalb nicht arbeiten, dürfte die Anordnung des Arbeitgebers, zu Hause zu bleiben, zulässig sein. Strittig ist dagegen, ob der Arbeitnehmer dann weiterhin einen Anspruch auf Vergütung hat und ob der Arbeitgeber unter bestimmten Umständen sogar verpflichtet ist, eine solche Anordnung auszusprechen. 

Im umgekehrten Fall, wenn also der Arbeitnehmer sich entscheidet, wegen eines erhöhten Risikos aufgrund gesundheitlicher Vorbelastung zu Hause zu bleiben, stellt sich die Frage, ob er gegen seine Arbeitspflichten verstößt. § 275 Abs. 3 BGB sieht vor, dass bei Gefahr oder ernsthafter Gefährdung eine solche Verweigerung erfolgen darf. Wenn der Arbeitgeber seinen Schutzpflichten nachgekommen ist, hat der Arbeitnehmer, der zu Hause bleibt, jedenfalls keinen Lohnanspruch für diese Zeit.

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