COVID-19-Impfung
Corona-Pandemie
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Nebenwirkungen der COVID-19-Impfung: Das ist bislang bekannt

In blau behandschuhter Hand liegt Vial mit Spritzenspitze darin
Die meisten unerwünschten Ereignisse nach einer COVID-19-Impfung sind mild und moderat sowie nur von kurzer Dauer.
| Bild: Thaut Images / AdobeStock

Seit 27. Dezember 2020 wird auch in Deutschland gegen COVID-19 geimpft, zunächst ausschließlich mit der ersten zugelassenen Vakzine von Biontech/Pfizer – BNT162b2 in Comirnaty –, mittlerweile auch mit mRNA-1273 von Moderna. Erste Verdachts- und Sicherheitsmeldungen seien zwischen beiden Impfstoffen ziemlich vergleichbar, erklärte der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Professor Dr. Klaus Cichutek, im Presse-Briefing am 14. Januar 2021. Die vorübergehenden Nebenwirkungen seien mild bis moderat, „im Vergleich zu saisonalen Grippeimpfungen sind Intensität und die Häufigkeit von unerwünschten Ereignissen bei COVID-19-Vakzinen etwas stärker“, berichtete Cichutek. Auch zeigten die Studien, dass Nebenwirkungen nach der zweiten Applikation und bei Jüngeren tendenziell etwas stärker und häufiger auftraten. In sehr seltenen Fällen ist es in den Studien zu Fällen von Fazialisparese gekommen, bei Moderna trat das Ereignis einmal in der Placebogruppe und dreimal in der Verumgruppe auf. „Hier muss noch erhoben werden, ob die Impfung ursächlich war.“ Cichutek betonte jedoch: Fazialisparesen seien „sehr selten“ gewesen und die aufgetretenen hätten eine „gute Prognose“ gehabt, bis auf einen Fall bildeten sich alle zurück.

Bislang 325 Verdachtsfälle zu Nebenwirkungen

Dr. Brigitte Keller-Stanislawski, Leiterin der Ab­tei­lung Si­cher­heit von Arz­nei­mit­teln und Medizin­pro­duk­ten, stellte im Anschluss die aktuellsten Daten zu Nebenwirkungen vor, die seit Beginn der COVID-19-Impfungen gemeldet wurden. Stand Sonntagabend (10. Januar 2021) erreichten das Paul-Ehrlich-Institut 325 Verdachtsfälle mit 913 Nebenwirkungen, inklusive 51 Verdachtsfällen mit schwerwiegenden Nebenwirkungen. Die Melderate liegt laut PEI damit bei 0,53 Verdachtsfällen pro 1.000 Dosen, bei schwerwiegenden Verdachtsfällen bei 0,08 pro 1.000 Impfdosen.

Kein signifikanter Anstieg bei Todesfällen

Auch gab es bis Sonntag sieben Verdachtsfälle mit Hinweis auf einen tödlichen Verlauf (Stand 14. Januar 2021: zehn). Die Personen waren zwischen 70 und 93 Jahre alt und laut Keller-Stanislawski „alle sehr schwer vorerkrankt“. Zwischen Impfung und Tod lagen den dem PEI vorliegenden Daten zufolge wenige Stunden bis vier Tage. Doch ist nicht jeder Todesfall zwangsläufig auf den Impfstoff zurückzuführen, laut PEI gab es keinen signifikanten Anstieg im Vergleich zu den erwarteten Todesfällen in der geimpften Population. Für jede Alterskohorte lässt sich auch eine natürliche Sterblichkeit, die Hintergrundsterblichkeit, errechnen, die völlig unabhängig von der Impfung ist.

Hintergrundrate: Ereignisse auch nach Placebo-Impfungen

Keller-Stanislawski zeigte anhand eines Beispiels mit Placebo-Impfungen, dass bei 1 Million geimpfter Menschen ab 85 Jahren 27 Personen innerhalb einer Woche einen Herzinfarkt erleiden, bei einer Million Placebo-geimpfter 80- bis 84-Jähriger läge die Herzinfarktrate bei 19 Fällen. Obwohl kein Wirkstoff appliziert wurde. Diese Hintergrundraten müssen bei den gemeldeten Nebenwirkungsdaten jeweils berücksichtigt werden.

Die häufigsten Nebenwirkungen nach COVID-19-Impfung

Das PEI stellte auch aktuelle Daten zu anaphylaktoiden Reaktionen vor. Es habe sechs Verdachtsfälle zu anaphylaktoiden Reaktionen gegeben (Falldefinition nach der Brighton Collaboration, BC-Level 1 bis 4), wobei ein Verdachtsfall in Level 1 fiel, zwei in Level 2 und einer in Level 4.

Major- und Minor-Kriterien der Anaphylaxie

„Für alle Level der diagnostischen Sicherheit gilt: Anaphylaxie ist ein Syndrom, das charakterisiert ist durch

  • plötzlichen Beginn UND
  • schnelles Fortschreiten von Zeichen und Symptomen UND
  • Beteiligung von mehreren (≥ 2) Organsystemen

Für Level 1 der diagnostischen Sicherheit gilt:

  • ≥ 1 Major-Kriterium aus dem dermatologischen System UND
  • ≥ 1 Major-Kriterium aus dem kardiovaskulären System UND/ODER
  • ≥ 1 Major-Kriterium aus dem respiratorischen System

Für Level 2 der diagnostischen Sicherheit gilt:

  • ≥ 1 Major-Kriterium aus dem kardiovaskulären System UND
  • ≥ 1 Major-Kriterium aus dem respiratorischen System ODER
  • ≥ 1 Major-Kriterium aus dem kardiovaskulären ODER aus dem respiratorischen System UND
  • ≥ 1 Minor-Kriterium aus ≥ 1 anderen Organsystem (nicht kardiovaskulär/nicht respiratorisch) ODER
  • (≥ 1 Major-Kriterium aus dem dermatologischen System) UND (≥ 1 Minor-Kriterium aus dem kardiovaskulären System UND/ODER aus dem respiratorischen System)

Für Level 3 der diagnostischen Sicherheit gilt:

  • ≥ 1 Minor-Kriterium aus dem kardiovaskulären ODER respiratorischen System UND
  • ≥ 1 Minor-Kriterium aus jeweils ≥ 2 anderen Organsystemen/ Kategorien

Dabei werden die Fälle in Level 1 bis 5 der diagnostischen Sicherheit eingeteilt. Level 1 bis 3 identifizieren Ereignisse, die mit der BC-Falldefinition vereinbar sind. Bei Level 4 handelt es sich um Ereignisse, bei denen vom meldenden Arzt zwar eine Anaphylaxie berichtet wird, aber entscheidende Informationen zur Erfüllung der BC-Falldefinition fehlen. Bei Level 5 wird eine Anaphylaxie ausgeschlossen.“Quelle: PEI 

Diese Nebenwirkungsdaten seien „konsistent“ mit den Angaben in der Fachinformation und denen, die im Rahmen der Studien erkannt wurden, so Keller-Stanislawski. „Aufgrund der Analysen konnte kein neues Risikosignal identifiziert werden.“

Welche unerwünschten Ereignisse wurden berichtet?

Keller-Stanislawski hatte auch Daten zu unerwünschten Ereignissen mitgebracht, die nach einer COVID-19-Impfung häufiger als zehnmal berichtet wurden. Mit Abstand am häufigsten kam es zu Kopfschmerzen, Schmerzen an der Impfstelle (> 70) und Ermüdung (> 60). Deutlich seltener kam es zu Schmerzen an den Extremitäten (> 40), Fieber, Schwindelgefühl (> 30), Schüttelfrost, Myalgien, Asthenie, Übelkeit und grippeähnliche Erkrankungen (> 20), zu Tachykardie, Unwohlsein, Ausschlag, Diarrhoe und Palpitationen (> 10).

Cichutek: COVID-19-Impfstoffe sind Game-Changer in der Pandemie

„Ich möchte versichern, dass wir alles getan haben, um die Entwicklung der COVID-19-Impfstoffe zu unterstützen“, die Tätigkeit des PEI gehe weiter, erklärte der PEI-Präsident noch. Cichutek ist überzeugt: „Die Impfstoffe können und werden der Game-Changer in der Pandemie sein, sie haben eine gute Sicherheit und Verträglichkeit und eine ausgezeichnete Wirksamkeit.“ Und weiter: „Wir alle können den Impfstoffprodukten vertrauen.“

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