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Zum Welt-Sepsis-Tag am 13. September: Wie erkennt man eine Blutvergiftung?

kleines Kind mit Schürfwunde am Knie; Wunde wird sauber gemacht
Auch vergleichsweise kleine Hautverletzungen wie eine Schürfwunde oder ein aufgekratzter Mückenstich können Ursache für eine Sepsis sein. | Bild: pingpao / AdobeStock

Eine Sepsis – im Volksmund auch Blutvergiftung genannt – ist die schwerste Komplikation einer Infektion. Sie entsteht, wenn sich eine zunächst lokale Infektion über den Blutweg auf den ganzen Körper ausbreitet. Lebenswichtige Organe wie Herz, Lungen und Niere werden dabei geschädigt. Es kann sich ein septischer Schock (Kreislaufversagen mit plötzlichem schweren Blutdruckabfall) einstellen. Unbehandelt kann es zum Multiorganversagen mit Todesfolge kommen.

Gut zu wissen: Was bei einer Sepsis geschieht

Manche Strategien des Körpers, die auf lokaler Ebene der effektiven Erregerabwehr dienen, führen auf der systemischen Ebene zu massiven Kollateralschäden. So sind beispielsweise die Weitstellung von Gefäßen und eine Erhöhung der endothelialen Permeabilität in einem Entzündungsherd sinnvoll, um den Einstrom von Immunzellen zu erleichtern – auf den gesamten Organismus bezogen kann dies jedoch zu einem starken Blutdruckabfall mit resultierendem Sauerstoffmangel im Gewebe führen. 

Auch das Gerinnungssystem wird in der Folge aktiviert und es kann zunächst zu Thromben und sogar Nekrosen kommen. Im weiteren Verlauf der Sepsis überwiegen hingegen Einblutungen, da die Gerinnungsfaktoren verbraucht sind. 

Zusammengefasst ist es also die überschießende Reaktion des Immunsystems, die zu massiven Schäden an verschiedenen Organsystemen führen kann. /gg

Falsches Bild vom roten Strich

Allein in Deutschland erkranken jährlich rund 300.000 Menschen an einer Sepsis. Mindestens 85.000 sterben daran. Laut einer repräsentativen forsa-Umfrage im Auftrag der KKH Kaufmännische Krankenkasse fürchten sich immer mehr Menschen vor einer Sepsis im Krankenhaus. Doch circa 80 Prozent der Sepsis-Fälle ereignen sich nicht im Krankenhaus, sondern zu Hause.

Viele Sepsis-Erkrankte könnten gerettet werden. Doch oft werden die Symptome nicht richtig gedeutet. „Noch immer gibt es das falsche Bild der Blutvergiftung mit dem roten Strich, der Richtung Herz wandert, beklagt Dr. Ruth Hecker, Vorsitzende im Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS). 

Das APS setzt sich deshalb für mehr Aufklärung der Bevölkerung ein. Hierzu gibt es unter anderem eine leicht verständliche Informationsbroschüre: „Sepsis geht alle an! Was Sie darüber wissen sollten“. Im Rahmen der Kampagne „Deutschland erkennt Sepsis“ sollen insbesondere pflegende Angehörige informiert und befähigt werden, bei Sepsis-Anzeichen richtig zu handeln.

Was auf eine Sepsis hindeutet

Die Symptome einer Sepsis sind zu Beginn unspezifisch und können stark einer Grippe ähneln. Um eine Sepsis könnte es sich handeln, wenn mindestens zwei der folgenden Krankheitszeichen vorhanden sind:

  • Fieber, Schüttelfrost
  • Verwirrtheit, Desorientiertheit
  • schneller Puls, Herzrasen
  • Kurzatmigkeit, schnelle Atmung (mindestens 22 Atemzüge pro Minute)
  • feuchte Haut, Schwitzen, Schwäche
  • Schmerzen, extremes Krankheitsgefühl

Gut zu wissen: Fieber nicht zwangsläufig notwendig

Der Stellenwert von Fieber sollte bei der Beurteilung nicht überschätzt werden. Auch eine nichtfiebrige Infektion kann sich zu einer Sepsis entwickeln. /gg

Bei Kindern können eines oder mehrere der folgenden Symptome auf eine Sepsis hinweisen:

  • kaum weckbar
  • schnelle Atmung
  • fühlt sich kalt an und hat verfärbte Haut
  • Hautausschlag, der sich nicht wegdrücken lässt

 Bei Neugeborenen ist auf folgende Sepsis-Zeichen zu achten:

  • fühlt sich unnormal kalt und fiebrig an
  • atmet schwer
  • wiederholtes Erbrechen und/oder Durchfall
  • verlangsamte Reaktionen / Bewegungen
  • trinkt nicht / keine Nahrungsaufnahme
  • Krampfanfälle

Gut zu wissen: Interaktive Symptom-Checkliste

Eine interaktive Sepsis-Checkliste, in der zusätzlich zu den Symptomen auch Risikofaktoren wie sehr hohes oder sehr geringes Alter, Schwangerschaft oder negativer Impfstatus erfasst werden können, ist unter sepsischeck.de zu finden. /gg

Schnelles Handeln fürs Überleben

Die Sepsis ist immer ein Notfall, bei dem schnell gehandelt werden muss. Bei Sepsis-Verdacht muss umgehend der Notruf 112 gewählt werden. Man sollte dann direkt fragen: „Könnte es eine Sepsis sein?“ Denn je schneller bei einer Sepsis eine Antibiotikatherapie im Krankenhaus eingeleitet wird, desto höher sind die Überlebenschancen.

Gut zu wissen: Wie wird eine Sepsis behandelt?

Eine Sepsis ist ein medizinischer Notfall, der eine intensivmedizinische Betreuung erfordert. Laut der aktuell in Überarbeitung befindlichen S3-Leitlinie kommen unter anderem Antiinfektiva, Vasopressoren wie Noradrenalin, Blutprodukte wie Erythrozytenkonzentrat, Schmerzmittel, Heparine und PPI zum Einsatz. Auch beta-1-selektive Betablocker, Hydrocortison und Natriumbicarbonat (bei Laktatazidose) werden bei entsprechender klinischer Situation verwendet. 

Weiterhin müssen im Rahmen der Behandlung die Funktionen der geschädigten Organe übernommen werden. So können eine invasive Beatmung, eine Nierenersatztherapie und eine künstliche Ernährung erforderlich sein. /gg

Ursachen einer Sepsis

Jeder kann an einer Sepsis erkranken, doch es gibt bestimmte Risikogruppen: 

  • immunsupprimierte Personen
  • chronisch Erkrankte
  • Ältere über 60 Jahre
  • Menschen ohne Milz
  • Kinder unter einem Jahr

Zu einer Sepsis kann es zum Beispiel infolge einer Lungenentzündung, eines Harnwegsinfekts oder einer Entzündung im Bauchraum kommen, ebenso nach einer Operation. Auch das Coronavirus SARS-CoV-2 kann grundsätzlich zu einer Blutvergiftung führen. Doch auch vergleichsweise kleine Hautverletzungen wie eine Schürfwunde oder ein aufgekratzter Mückenstich können Ursache für eine Sepsis sein.

Einer Sepsis vorbeugen

Zu den wichtigsten vorbeugenden Maßnahmen zählen Hände- und Wundhygiene, effektive Behandlung von Infektionen sowie Aufmerksamkeit und ggf. Desinfektion bei Insektenstichen und Hautverletzungen. Zur Sepsis-Prävention zählen außerdem Impfungen, insbesondere gegen Pneumokokken, Meningokokken, Haemophilus influenzae b und Grippe. 

Apothekenmitarbeitende sollten nicht nur ihren eigenen Impfstatus im Blick haben, sondern können auch ihre Kundschaft auf Schutzimpfungen aufmerksam machen und, bei entsprechender Qualifizierung, Impftermine anbieten. Quelle: Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. (APS); Sepsis-Stiftung; KKH Kaufmännische Krankenkasse