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TeleClinic-Rezepte beliefern – geht das?

Teleclinic-Rezepte sorgen in Vor-Ort-Apotheken immer wieder für Verunsicherung. Darf man derartige Rezepte beliefern und wenn ja, wie erfolgt die Abrechnung? | Foto: DAZ.online/teleclinic.com

Bis zur Übernahme durch den DocMorris-Mutterkonzern „Zur Rose“ Mitte Juli wurden Rezepte der TeleClinic, einer „Online-Arztpraxis“, durch den Dienstleister apotheken.de direkt an die vom Patienten ausgewählte Vor-Ort-Apotheke weitergeleitet. Weil apotheken.de die Zusammenarbeit nach der Übernahme mit sofortiger Wirkung beendete, steht TeleClinic seitdem ohne technischen Partner da. Übrig geblieben war nur noch die deutsche Versandapotheke Mache bei Stuttgart, die ihre Zusammenarbeit mit dem Fernbehandler separat geregelt hatte. Seit einiger Zeit ist es TeleClinic-Nutzern aber nun wieder möglich, ihre E-Rezepte in selbst ausgewählte Apotheken senden zu lassen. Doch wie damit umgegangen werden soll, scheint oft unklar.

So kommen TeleClinic-Rezepte in die Apotheke

Wenn ein Patient die Übermittlung seines TeleClinic-Rezeptes in eine Apotheke vor Ort wünscht, wird die Apotheke zunächst telefonisch benachrichtigt, dass ein TeleClinic-Patient sein Rezept bei ihr einlösen möchte. Anschließend erhält die Apotheke dieses mit einer qualifizierten elektronischen Signatur als Link per E-Mail zugesandt. Die Identifizierung der Apotheke erfolgt dabei laut Anbieter mittels IK-Nummer (Institutionskennzeichen) und TAN. Das Rezept wird bei der Belieferung der Patienten von der Apotheke ausgedruckt, taxiert und gestempelt und kann dann bei der (privaten) Krankenkasse eingereicht werden. 

Übrigens: TeleClinic weist auf seiner Website ausdrücklich darauf hin, dass Apotheken verpflichtet sind, „die durch TeleClinic übermittelten elektronischen Privatrezepte anzunehmen und für die Patienten einzulösen“. Dies gehe aus dem Kontrahierungszwang gemäß § 17 Abs. 4 ApoBetrO hervor.

Angeblich nur einmalige Einlösung möglich

Laut TeleClinic kann das Rezept nur ein einziges Mal eingelöst werden. Die unterschriebene Rezeptdatei werde nur an die eine, vom Patienten angegebene, Apotheke weitergeleitet. „Sobald die Apotheke das Rezept durch Identifizierung mit der IK-Nummer sowie einer TAN angenommen hat, ist das Rezept für eine Einlösung bei anderen Apotheken gesperrt“, so die TeleClinic auf ihrer Website. Offen bleibt jedoch, was passiert, wenn die gewählte Apotheke das Rezept nicht beliefern kann oder die Abgabe verweigert. In diesem Fall müsste der Patient oder die Apotheke offenbar gegenüber der TeleClinic nachweisen, dass das verordnete Präparat nicht abgegeben wurde.

Hintergrund

Mit der im Juli 2020 bekannt gegebenen Übernahme der TeleClinic durch den DocMorris-Mutterkonzern „Zur Rose“ wird die seit vielen Jahrhunderten bestehende Trennung von ärztlicher und apothekerlicher Tätigkeit faktisch aufgehoben. Verordner und derjenige, der Medikamente abgibt, sind zwar nicht dieselbe Person, aber beide arbeiten für denselben Mutterkonzern: Zur Rose. Die Gesundheitspolitik und die Ärzteschaft zeigen sich bislang entspannt und setzen auf das sogenannte Makelverbot, welches im Patientendaten-Schutz-Gesetz verankert ist. Dies, so heißt es, gelte auch zwischen der TeleClinic als Verordner und DocMorris als Arzneimitteldistributeur.

Zur Erinnerung: Das Edikt von Salerno

Am 23. Mai 1241 wurde in Deutschland erstmals eine „apoteca“ erwähnt: Laut einer im Stadtarchiv von Trier aufbewahrten Schenkungsurkunde übertrug an diesem Tag Fridericus, Gutsverwalter des Bischofs zu Trier, dem Frauenkonvent St. Thomas seine „am Graben in der Stadt Trier befindliche Apotheke nebst angrenzendem und zugehörigem Haus“. 

Die Zeit um 1241 gilt als Geburtsstunde der Apotheken, wie wir sie heute in Europa kennen: Der Stauferkaiser Friedrich II. erließ seinerzeit das „Edikt von Salerno“. Mit diesem wurde die Trennung der Berufe Arzt und Apotheker fixiert. Der Arzt sollte nicht daran verdienen, wenn er dafür sorgt, dass der Patient viele Medikamente einnimmt. Seine Aufgabe war es, zu diagnostizieren und Arzneimittel zu verordnen. Umgekehrt durften die ersten Apotheker selbst keine Patienten behandeln und die Arzneien auch nur zu gesetzlich festgelegten Preisen verkaufen. Dieses System hat bis heute Bestand.

Was ist eigentlich die TeleClinic?

TeleClinic wurde 2015 gegründet und ist Deutschlands Marktführer für den Online-Arztbesuch. Die TeleClinic-App ermöglicht es Patienten, innerhalb weniger Minuten von einem Allgemeinarzt und innerhalb weniger Stunden von einem Facharzt telemedizinisch behandelt zu werden. Krankschreibungen und Rezepte erhalten die Patienten direkt auf ihr Smartphone, Tablet oder ihren PC. Die Rezepte können entweder vor Ort eingelöst oder die Medikamente online bestellt werden. Seit dem 28. Mai 2020 können neben Privatpatienten auch Versicherte aller Gesetzlichen Krankenkassen die Videosprechstunden kostenfrei nutzen. Damit ist Telemedizin Teil der Regelversorgung in Deutschland. 

Was die Arzneimittel-Verordnungen betrifft, kann die TeleClinic derzeit aber weiterhin nur PKV-Rezepte ausstellen. Das Angebot von telemedizinischen Beratungen ist nur möglich, weil der Deutsche Ärztetag im Mai 2018 die Muster-Berufsordnung so geändert hatte, dass nun auch ausschließliche Fernbehandlungen möglich sind. Die meisten Ärztekammern hatten diese Regelungen dann in ihren Berufsordnungen umgesetzt. Seitdem wächst der Markt der Online-Arztpraxen rasant. Zwei weitere, größere Wettbewerber der TeleClinic sind der schwedische Telemedizin-Konzern Kry und die britische Online-Praxis Zava (ehemals DrEd). Zava arbeitet seit einiger Zeit mit dem apothekereigenen Konzern Noventi zusammen, sodass die in den Online-Sprechstunden ausgestellten Rezepte über die Noventi-Software in bestimmte Apotheken kommen. Gleichzeitig besteht aber eine Kooperation zwischen Zava und der Shop Apotheke. Kry arbeitet bei der Rezeptübermittlung mit DocMorris zusammen. Hier können sich Kunden ihre Verordnung aber auch via Fax in eine Vor-Ort-Apotheke ihrer Wahl senden lassen.

Der DocMorris-Mutterkonzern

Zur Rose ist schon seit einiger Zeit auf Einkaufs- bzw. Übernahmetour: Kurz vor dem Jahresende 2017 wurden der Eurapon Pharmahandel aus Bremen und die holländische Vitalsana B.V. übernommen. 2018 folgten Medpex und Apo-Rot. Außerdem übernahm der Konzern 2018 die spanische Promofarma, einen E-Commerce-Marktplatz für Gesundheits-, Kosmetik- und Körperpflegeprodukte, und im Juni 2020 folgte zuletzt erst die deutsche Versandapotheke Apotal. Da das in Deutschland geltende Fremdbesitzverbot die persönliche Haftung des Apothekeninhabers vorschreibt und die Übernahme deutscher Apotheken durch eine Kapitalgesellschaft verbietet, greift der Zur-Rose-Konzern bei den Übernahmen zu seltsam anmutenden Übernahme-Konstruktionen. Bei Eurapon hat man zum Beispiel nicht die Versandapotheke als solche, sondern „nur“ den Dienstleister Eurapon Pharmahandel übernommen. Bei der Übernahme von Apotal heißt es, man habe „die Versandaktivitäten der Online-Apotheke" übernommen.