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Auch im Winter auf Zecken achten

Warnschild mit einer Zecke und dem Schriftzug "Achtung Zecken"
Auch im Winter sollte man sich vor Zecken schützen, denn bereits ab etwa sieben Grad sind die Spinnentiere aktiv. | Bild: riebevonsehl / AdobeStock

Wer sich im Frühjahr oder Sommer viel in der Natur aufhält, denkt vermutlich daran, sich anschließend nach Zecken abzusuchen. Doch auch in der kalten Jahreszeit sind Zecken bereits aktiv. Vor allem relativ milde Winter schränken Zecken kaum in ihrer Aktivität ein. 

„Viele Menschen denken, dass Zecken im Winter generell inaktiv sind. Das ist aber ein Trugschluss. Denn sie können nicht nur Frost recht gut überstehen, sondern machen sich schon nach ein paar milden Tagen auf die Suche nach einem Wirt. Dagegen sollte man sich schützen“, sagt Dr. Utta Petzold, Allergologin bei der Barmer.

Die Spinnentiere suchen im Winter vor allem unter dicken Schichten am Boden liegender Blätter und im Unterholz Schutz. Aber auch Katzen und Hunde können bereits im Januar und Februar von draußen die ungewünschten Blutsauger mitbringen.

So schützt man sich im Winter vor Zeckenstichen

Aktiv würden die Zecken ab Temperaturen von etwa sieben Grad Celsius. Schützen könne man sich mit der ohnehin für den Winter typischen langen Kleidung. Sinnvoll seien helle Farben, weil auf ihnen die kleinen Krabbler besser zu erkennen seien. Festes Schuhwerk und über die Hosenbeine gezogene Socken erschweren Zecken den Zutritt. 

Ätherische Öle zum Beispiel aus Basilikum, Minze oder Lavendel wirken nur in ausreichend hoher Konzentration und damit in der Regel zu kurz. Neben solchen natürlichen Mitteln gibt es künstlich hergestellte Lösungen, Sprays oder Emulsionen. Egal welches Mittel man wähle, immer bleibe es wichtig, die Wirkdauer zu beachten und unter Umständen nachzulegen. 

„Nach Aktivitäten im Freien sollte man außerdem den Körper gründlich nach Zecken absuchen, vor allem weiche und warme Stellen wie Achselhöhlen, Kniekehlen oder Leiste“, rät Petzold. Besondere Aufmerksamkeit bräuchten Haustiere, die sich in der Natur aufgehalten haben. Und schließlich sollten Mitbringsel aus dem Wald oder der Wiese gründlich in Augenschein genommen werden. Denn schon manch schön geformtes Holzstück habe sich als „Eigenheim“ für eine Zecke entpuppt. Quelle: BARMER, Universität Zürich; Deutschlandfunk 

Zur Erinnerung: Diese Krankheiten übertragen Zecken

Die in Deutschland häufigste von Zecken übertragene Krankheit ist die Lyme-Borreliose, gegen die im Frühstadium ein Antibiotikum hilft. Daneben ist die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) besonders im Süden und Südwesten verbreitet; gegen sie gibt es eine Impfung.

Das vor sechs Jahren in China entdeckte Alongshan-Virus (ALSV) ist auch in europäischen Zecken verbreitet. Mittlerweile wurde das Virus in Zecken in Finnland, Frankreich, Russland und der Schweiz gefunden, wie das Centrum für Reisemedizin (CRM) mitteilt. Auch in Deutschland gebe es bereits Nachweise.

Zecken werden immer früher aktiv

Für das Jahr 2023 meldet das Robert Koch-Institut (RKI) in ganz Deutschland 527 FSME-Fälle, im Jahr 2022 waren es noch 627. So sank auch die Zahl der Fälle in Baden-Württemberg auf 143 von 209 im Jahr 2022.

„Diese Zahlen täuschen“, betont Dr. Rainer Oehme, Laborleiter des Landesgesundheitsamts im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg. „Infektionszahlen unterliegen immer jährlichen Schwankungen. Doch der längerfristige Trend zeigt deutlich nach oben.“

2023 begann die Zeckenaktivität extrem früh, was sich in den FSME-Zahlen widerspiegelt, erklärt Prof. Dr. Ute Mackenstedt, Parasitologin an der Universität Hohenheim. „Auch in diesem Jahr gibt es bereits erste Fälle in Baden-Württemberg und Bayern. Bei einem Vorlauf von vier Wochen bis zur Diagnose muss die Infektion mitten im Winter stattgefunden haben. Zecken haben also keine Winterpause mehr, das FSME-Geschehen verlagert sich nach vorne.“

Außerdem werden immer mehr sogenannte Naturherde identifiziert – kleine, räumlich begrenzte Gebiete, in denen viele FSME-positive Zecken vorkommen. „Diese Bereiche können z. B. die Größe eines halben Fußballfeldes haben“, schildert Prof. Dr. Mackenstedt.

FSME durch Zecken: Impfung wird immer wichtiger

Nicht alle FSME-Fälle werden entdeckt – das zeigen neue Forschungsergebnisse von Prof. Dr. Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors FSME am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München. Er hat im Ortenaukreis Blutproben von Blutspendern untersucht. Mit einem neuen Testverfahren kann er zwischen Antikörpern aus einer Impfung und aus einer natürlichen Infektion unterscheiden.

Das Ergebnis belegt eine hohe Dunkelziffer: „Wenn man die nicht erkannten Infektionen einbezieht, ist das Risiko einer FSME-Infektion in dem Kreis um ein Siebenfaches höher als bisher angenommen“, hält Prof. Dr. Dobler fest. „Das Infektionsgeschehen ist also sehr hoch, auch wenn eine Infektion nicht immer zur Erkrankung führt.“

Der Mediziner rät daher dringend zur FSME-Impfung. „Eine Untersuchung des RKI hat gezeigt, dass bei schweren Infektionen Langzeitfolgen möglich sind. Rund zehn Prozent von über 500 befragten Patienten hatten auch nach über einem Jahr noch Konzentrationsschwierigkeiten, Probleme mit der Balance oder beim Gehen“, sagt Prof. Dr. Dobler.

Ein besonderes Anliegen ist Prof. Dr. Dobler die Impfung von Kindern. „Auch bei Kindern kann es einen schweren Verlauf geben – bis hin zu künstlicher Beatmung und Ernährung. Vor dem Hintergrund der steigenden Fallzahlen ist daher auch eine Impfung von Kindern dringend anzuraten.“ Quelle: Pressemitteilung Uni Hohenheim