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Angeborene Blutkrankheit: Was ist eigentlich Beta-Thalassämie?

Bei Patienten mit Beta-Thalassämie basiert die Therapie bisher auf regelmäßigen Bluttransfusionen. | Bild: airdone / AdobeStock

In Deutschland bisher selten

In Deutschland leben nur circa 600 Patienten mit dem Vollbild einer Beta-Thalassämie, auch β-Thalassaemia major genannt. Sie haben von beiden Elternteilen das Gen für diese autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung mitbekommen, sind also homozygote Träger der Beta-Thalassämie. 

Die Zahl der Erkrankten hierzulande wird in den nächsten Jahrzehnten, bedingt durch Zuwanderung, aber wohl zunehmen. Eine hohe Verbreitung zeigt die Beta-Thalassämie nämlich in Nord- und Westafrika, im Nahen Osten, in Teilen Asiens und in den Mittelmeerländern.

Gestörte Hämoglobin-Bildung

Die Beta-Thalassämie beruht auf einer gestörten Synthese des Blutfarbstoffs Hämoglobin (Hämoglobinopathie). Konkret ist die Bildung der Beta-Globulinketten im Hämoglobin-Molekül vermindert oder ganz ausgefallen. Das Molekül ist dadurch instabil und zerfällt. Die roten Blutkörperchen der Patienten haben aufgrund dieses Hämoglobindefekts eine stark verkürzte Lebenszeit. Es entwickelt sich folglich eine Anämie. 

Um der Blutarmut entgegenzuwirken, arbeitet das Knochenmark der Patienten umso intensiver. Doch durch diese Überaktivität kommt es zur Veränderung der Knochenmarksräume und zu Skelettmissbildungen.

Auf Bluttransfusionen angewiesen

Die Symptome einer β-Thalassaemia major zeigen sich meist schon in den ersten Lebensmonaten. Die betroffenen Kinder fallen durch Anämie, Gelbsucht und Gedeihstörungen auf. Es kommt zu einer starken Leber- und Milzvergrößerung sowie zu Knochenveränderungen. 

Die Betroffenen benötigen regelmäßige Bluttransfusionen. Diese Therapie führt aber im Laufe der Zeit zu einer massiven Eisenüberladung der Organe, sodass auch eine eisenausschleusende Therapie erforderlich wird. Dazu werden Chelatbildner wie Deferoxamin (Desferal®) oder Deferipron (Ferriprox®) eingesetzt. Aussicht auf Heilung haben Patienten, bei denen eine Stammzelltransplantation möglich ist.

Zellen genetisch verändert – mit Hilfe der Genschere

Doch nun eröffnet sich noch eine weitere Therapieoption: eine CRISPR/Cas9-basierte Gentherapie. Mithilfe der sogenannten Genschere CRISPR/Cas9 lassen sich blutbildende Stammzellen bearbeiten, die dem Patienten zuvor entnommen wurden. Die genveränderten Zellen erhält der Patient anschließend zurück – mit dem Ziel, dass sie sich in den Markhöhlen der Knochen ansiedeln und dort funktionstüchtige Blutzellen bilden. 

Am Universitätsklinikum Regensburg wurde die Therapieoption erstmals bei einer Thalassämie-Patientin erfolgreich durchgeführt: Die Patienten wurde mit dem CRISPR/Cas9-Verfahren behandelt und benötigt seither keine Bluttransfusionen mehr. Vor der Gentherapie musste sie 16-mal pro Jahr transfundiert werden. Quellen: Universitätsklinikum Regensburg; Universitätsklinikum Düsseldorf; AWMF-Leitlinie Thalassämie; WWW.KINDERBLUTKRANKHEITEN.DE 

Beta-Thalassämie in Kürze

  • Angeborene Blutkrankheit mit autosomal-rezessivem Erbgang, beruht auf einer defekten Hämoglobin-Synthese und daraus folgendem frühzeitigem Erythrozytenzerfall. 
  • In Deutschland bisher sehr selten, vor allem in Teilen Afrikas und Asiens, im Nahen Osten und im Mittelmeerraum verbreitet. 
  • Homozygot Betroffene leiden an schwerer Anämie, Skelettfehlbildungen und Eisenüberladung der Organe. Unbehandelt schon im Kindesalter tödlich.  
  • Symptomatische Behandlung durch Bluttransfusionen und eisenausschleusende Therapie, in manchen Fällen Stammzelltransplantation möglich. Möglicherweise Heilung mittels Genschere.