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Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen: Zolgensma: Kein Anspruch auf Kostenübernahme

Eine Behandlung mit Zolgensma müsse medizinisch erforderlich und ärztlich beabsichtigt sein, erklärten die Richter. | Bild: Novartis / AP Photo

Eltern sind mit einem Eilantrag auf eine Behandlung mit dem derzeit teuersten Medikament der Welt für ihr Kind vor dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) gescheitert. Bei dem Mädchen aus dem Landkreis Osnabrück sei im fünften Lebensmonat eine spinale Muskelatrophie (SMA) Typ 1 diagnostiziert worden, teilte das Gericht am Montag in Celle mit. Unbehandelt führt diese schwere Erbkrankheit häufig in den ersten zwei Lebensjahren zum Tod.

Die Ärzte des Kindes hatten nach Gerichtsangaben im November eine Therapie mit dem zugelassenen Arzneimittel Spinraza begonnen, die bislang erfolgreich verlaufe. Dennoch hätten die Eltern eine Gentherapie mit Zolgensma® verlangt. Die Krankenkasse lehnte dies mit dem Hinweis auf die damals noch nicht erfolgte Zulassung von Zolgensma® in Deutschland ab. Zudem sei die bisherige Therapie erfolgreich, argumentierte die Krankenversicherung.

Zur Erinnerung: Was ist die Spinale Muskelatrophie (SMA) 

SMA ist eine seltene, genetisch bedingte und fortschreitende neuromuskuläre Erkrankung, die durch das Fehlen eines funktionalen SMN1-Gens verursacht wird (Mutation des Chromosoms 5q im SMN1-Gen) und so zum raschen und irreversiblen Verlust von Motoneuronen führt, was die Muskelfunktionen, einschließlich Atmung, Schlucken und Grundbewegung, beeinträchtigt.

In Europa kommen jährlich 550 bis 600 Babys mit Spinaler Muskelatrophie zur Welt.

Gericht bestätigt Auffassung der Kasse

Das Landessozialgericht bestätigte in seinem Eilbeschluss die Rechtsauffassung der Kasse. Zwar könnten Ärzte Zolgensma® mittlerweile im Rahmen ihrer Therapiefreiheit anwenden, erklärten die Richter. Allerdings müsse eine solche Behandlung auch medizinisch erforderlich und ärztlich beabsichtigt sein. Die Eltern hätten jedoch keine Ärzte benannt, die Zolgensma® auch einsetzen wollten. Ob dessen Wirksamkeit bei unvollständiger Studienlage tatsächlich überlegen sei, könne dabei offenbleiben. Denn die bisherige Behandlung mit Spinraza sei wirksam und künftig aussichtsreich. Der Beschluss ist laut einem Gerichtssprecher unanfechtbar.

Das teuerste Medikament der Welt

Zolgensma® hatte Eine Mai eine vorläufige EU-Zulassung erhalten. Die von der Novartis-Tochter Avexis entwickelte Gentherapie ist in den USA bereits seit einiger Zeit zugelassen und kostet dort lautet Listenpreis 2,1 Millionen Dollar (1,9 Millionen Euro).

Zur Erinnerung: Wie wirkt Zolgensma?

Zolgensma® ersetzt das defekte Gen SMN1 und behandelt so SMA erstmals ursächlich. Es liefert eine voll funktionsfähige Kopie des menschlichen SMN-Gens, sodass die Patienten ausreichend Survival Motoneuron bilden können und das Fortschreiten der Erkrankung und ein weiterer Verlust der Motoneurone aufgehalten werden. Wichtig: Bereits zerstörte Motoneurone werden nicht wieder repariert, der schon stattgefundene Verlust von Motoneuronen kann folglich nicht rückgängig gemacht werden.

Zolgensma® wird als einmalige intravenöse Infusion verabreicht. Das funktionsfähige Gen wird mittels eines Virus, das jedoch beim Menschen keine Erkrankung verursacht, in die Zellen geschleust (sog. Vektor).

Verlosungsaktion sorgte für Unmut

Für Schlagzeilen hatte Zolgensma® zuletzt wegen einer Verlosungsaktion von Novartis gesorgt. Bei ihr konnten sich Eltern von erkrankten Säuglingen und Kleinkindern bis zwei Jahre um hundert kostenlose Behandlungen bewerben. Betroffene Eltern, die Gesellschaft für Muskelkranke und Medizinethiker hatten die Verlosungsaktion kritisiert. Sie warfen dem Unternehmen unter anderem eine verdeckte Marketingkampagne und ein Spiel mit Hoffnungen von Eltern vor.