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Teil 1 von 2: Statt Xylometazolin & Co: Welches Nasenspray hilft?

Welche Alternativen zu abschwellenden Nasensprays gibt es? | Bild: Ralf Geithe / AdobeStock

Die Nase kann über das ganze Jahr verstopft sein und laufen: In den Frühjahrs- und Sommermonaten stecken häufig Pollen- und Gräser-Allergien dahinter, in der kälteren Jahreszeit virale, seltener bakterielle, Infekte. Bei Allergien helfen Nasensprays mit Antihistaminika oder Glucocortocoiden. Bei erkältungsbedingtem, akutem Schnupfen und verstopfter Nase lindern abschwellende Nasensprays mit Xylometazolin (z. B. Otriven® und Generika), Oxymetazolin (z. B. Nasivin® und Wick Sinex) oder Tramazolin (Rhinospray® und Rhinospray® plus) die Symptome. Sie verengen die Blutgefäße in der Nase, die Schwellung geht zurück, die Atmung wird erleichtert.

Nicht für jeden geeignet

Doch nicht jeder Patient darf Wirkstoffe wie Xylometazolin nutzen. Gegenanzeige ist unter anderem eine trockene Entzündung der Nasenschleimhaut (Rhinitis sicca). Zudem sollen sympathomimetische Nasensprays (und Nasentropfen) auch nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung eingesetzt werden, wenn 

  • schwere Herz- und Kreislauferkrankungen (Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit), 
  • ein erhöhter Augeninnendruck (Glaukom, Grüner Star), 
  • Schilddrüsenüberfunktion 
  • oder Diabetes,  
  • eine Vergrößerung der Prostata (Prostatahyperplasie) 
  • oder ein hormonell aktiver Tumor des Nebennierenmarks, wo Adrenalin und Noradrenalin produziert werden (Phäochromozytom), vorliegen. 

Vorsichtig sollte man zudem bei Patienten sein, die bereits blutdrucksteigernde Arzneimittel einnehmen. Doch gibt es eigentlich auch abschwellende Nasensprays ohne die genannten sympathomimetischen Wirkstoffe? PTAheute hat sich einige als abschwellend beworbenen alternativen Nasensprays angeschaut und auf Plausibilität gecheckt.

Befreit Xylitol die Nase?

Miradent Xylimed® natürliches Nasenspray setzt als Inhaltsstoff auf 11 Prozent Xylitol (Xylit) . Der Zuckeraustauschstoff ist bekannt für seine antikariogene Wirkung und wird auch zur Süßung in Kaugummis eingesetzt. Löst sich Xylit im Speichel, entsteht ein Kühleffekt – beim Nasenspray wird dieser Effekt eventuell nicht zu beobachten sein, da hier Xylit bereits gelöst vorliegt. 

Xylit vermag Wasser zu binden, worauf die vom Hersteller beworbene „befreiende“ Wirkung beruhen könnte. Zudem soll Miradent Xylimed® zu einer „Verringerung der Bakterienanzahl und Verbesserung der natürlichen, schützenden Reinigungsfunktion der Nase“ beitragen, wirbt Hersteller Hager Pharma GmbH. In der Tat zeigte eine Studie „Xylitol in preventing acute otitits medis“, veröffentlicht im Jahr 2000 in „Vaccine“, dass Xylit das Anheften bestimmter Bakterien (Pneumokokken und Haemophilus influenzae) an die Zellen des Nasenrachenraums hemmen konnte. Allerdings in Dosen von bis zu 10 g täglich, eingesetzt wurde es als Kaugummi oder Xylit-Sirup. Dosen also, die bei ordnungsgemäßem Gebrauch von Miradent Xylimed® nicht erreicht werden. Eigene klinische Studien mit dem Nasenspray hat der Hersteller wohl nicht durchgeführt. 

Grundlage des Nasensprays ist eine Kochsalzlösung, daneben ist Grapefruitsamen-Extrakt enthalten. Angewendet werden darf das Medizinprodukt ab einem Alter von sechs Jahren. Laut dem Hersteller kann das Nasenspray auch „unbegrenzt angewendet werden“, ein Gewöhnungseffekt trete nicht auf.

Gut zu wissen:

In der Schweiz wird mit Xylosan ebenfalls ein xylithaltiges Nasenspray vermarktet. Der Hersteller wirbt dort zusätzlich: „Die Konzentration von Stickstoffmonoxid (NO) erhöhte sich in der Nase unter Einfluss von Xylit. Das u. a. in der Nasenhöhle gebildete Gas hat eine antivirale und antibakterielle Wirkung, spielt aber eine wichtige Rolle bei der Gefäßregulation, bei der Homöostase, bei der Neurotransmission im Gehirn, der Immunabwehr und der Atmung“. Der Hersteller bezieht sich auf eine 2017 im American Journal of Otolaryngology veröffentlichte Studie, an der 25 Menschen mit chronischer Rhinosinusitis teilnahmen.

Fitonasal: hypertone Kochsalzlösung und Zaubernuss

Auch Fitonasal Nasenspraykonzentrat verzichtet auf die klassischen α-sympathomimetischen Wirkstoffe. Das Nasenspray dürfte subjektiv durch den klassischen Geruch nach Minze und Eukalyptus als befreiend empfunden werden, es enthält Minz- und Eukalyptus-Aroma. Doch wie soll Fitonasal abschwellend wirken? PTAheute hat beim Hersteller Aboca nachgefragt. Aboca erklärt, dass der abschwellende Effekt auf zwei Inhaltsstoffen beruht, einer Tannin-Fraktion aus der Zaubernuss und einer hypertonen Salzlösung: „Tannine sind in der Lage gewisse Proteine, in diesem Fall vor allem den Entzündungsmediator Bradykinin aber auch beispielsweise Interleukine, zu inaktivieren“, so Aboca. Dadurch habe das Spray eine stark entzündungshemmende Wirkung. In der Folge komme es zu einer Engstellung der Gefäße der Nasenschleimhaut und zu einer Abschwellung. Zudem sei der abschwellende Effekt auf die osmotische Wirkung einer hypertonen Steinsalzlösung zurückzuführen. Diese liegt bei etwa 2,25 Prozent (bei Fitonasal Kinder bei 1,8 Prozent).

Keine klinischen Studien

Allerdings: Klinische Studien, die den postulierten Effekt belegen, kann Aboca nicht vorlegen. Die entzündungshemmende Wirkung der Zaubernuss-Tannine sieht der Hersteller durch Reagenzglasversuche (in vitro) gestützt. Dafür hat Aboca einen eigenen Test entwickelt, der auf einer Bradykinin-Ausfällreaktion in einer Mucinlösung beruht. Dieser Lösung wird entweder isotonische Kochsalzlösung oder Fitonasal Nasenspraykonzentrat zugesetzt. Photometrisch wird sodann die Trübheit bestimmt. Werden die Eiweiße gefällt, so wird die Lösung klarer. Aboca: „Hier ergab sich, dass Fitonasal Nasenspraykonzentrat die Viskosität und Trübheit der Lösung statistisch signifikant reduziert im Vergleich zu isotoner Kochsalzlösung.“

Funktioniert das auch in der Nase?

In der Tat ist es plausibel, wenn man Tannine in vitro mit isolierten Peptiden wie Bradykinin oder Interleukinen zusammenbringt, dass dies zur Inaktivierungen der Peptide führt. Ob der Wirkmechanismus in der Nase, in vivo, auch funktioniert? Denn dass Gerbstoffe bei Haut- und Schleimhautentzündungen antiphlogistisch wirken sollen, ist zwar oft gesagt (und auch mit einer Vielzahl von mehr oder minder guten experimentellen Untersuchungen belegt worden), jedoch ohne, dass der Mechanismus gesichert ist. Der Hersteller steht mit der Behauptung, die Gerbstoffe seines Präparates würden antiphologistisch wirken, somit aber in einer langjährigen phytotherapeutischen Tradition.

So geht's weiter

Im nächsten Teil des PTAheute-Zweiteilers zu abschwellenden Nasensprays ohne α-sympathomimetische Wirkstoffe erfahren Sie, auf welche Wirkstoffe bei Emser® Nasenspray und Nasodirect® von Pari gesetzt wird und ob deren Wirksamkeit jeweilis belegt werden konnte.