Nagelpilz
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Nagelpilz: Wann werden systemische Antimykotika eingesetzt?

Vier Kapseln in blau-pink
Bild: Fahroni - iStockphoto.com

Bei starkem Befall oder langsam wachsenden Nägeln reicht eine lokale Nagelpilz-Therapie mit Lacken oder Salben nicht aus. In diesen Fällen muss das Antimykotikum systemisch verabreicht werden. 

Auch bei immunsupprimierten Patienten und Patienten mit Diabetes oder Durchblutungsstörungen sollte die Einnahme oral erfolgen. 

Welche Wirkstoffe stehen für die innere Anwendung zur Verfügung und was ist bei der Abgabe eines Antimykotikums zu beachten?

Verschiedene Wirkstoffe bei systemischer Nagelpilz-Therapie

Eine systemische Nagelpilz-Therapie kann mit verschiedenen verschreibungspflichtigen Wirkstoffen erfolgen: Itraconazol, Fluconazol oder Terbinafin. 

Früher war Griseovulvin das Mittel der Wahl. Der Wirkstoff wurde jedoch von den neueren Arzneistoffen abgelöst, weil sie eine höhere Heilungsrate, weniger Rezidive und weniger Nebenwirkungen haben und kürzer angewendet werden müssen. 

Die Heilungsrate bei einer systemischen Therapie kann in einigen Fällen verbessert werden, wenn zusätzlich eine lokale Behandlung nach Rücksprache mit dem Arzt erfolgt.

Fluconazol: Therapie erfolgt bis zum Nagelersatz

Fluconazol gehört zur Gruppe der Azol-Antimykotika. Diese greifen in die Ergosterol-Biosynthese der Pilzmembran ein und hemmen den Aufbau von Ergosterol, das essenzieller Bestandteil der Zellmembran des Pilzes ist. 

Azol-Antimykotika wirken fungizid, also pilztötend. Fluconazol ist in Kapselform in den Wirkstärken 50, 100, 150 oder 200 mg erhältlich. Zur Behandlung von Pilzinfektionen der Haut und Nägel werden abhängig vom infizierten Körperbereich einmal täglich 50 mg, einmal wöchentlich 150 mg oder einmal wöchentlich 300 bis 400 mg Fluconazol eingenommen. 

Bei Nagelinfektionen sollte die Behandlung so lange erfolgen, bis der infizierte Nagel ersetzt ist. Dies kann sechs bis zwölf Monate dauern. Arzneimittel, die Fluconazol enthalten, sind beispielsweise Diflucan®, Flucobeta® Derm, Flucoderm® und Fluconazol Derm AbZ®.

Itraconazol als Intervalltherapie

Auch Itraconazol ist ein Azol-Antimykotikum, genau genommen ein Triazol. Die Behandlung mit Itraconazol erfolgt in der Regel als Intervalltherapie. Dabei werden über sieben Tage zweimal täglich 200 mg Itraconazol eingenommen, gefolgt von einer dreiwöchigen behandlungsfreien Phase. Anschließend erfolgt erneut eine siebentägige Behandlung mit anschließender dreiwöchiger Pause. 

Insgesamt darf die jeweils einwöchige Einnahme dreimal erfolgen – die Behandlungsdauer liegt also bei maximal drei Monaten. Sind lediglich die Fingernägel von der Pilzinfektion betroffen, erfolgt die Behandlung nur über zwei Monate. 

Alternativ zu einer Intervalltherapie können auch einmal täglich 200 mg Itraconazol über drei Monate eingenommen werden. 

Itraconazol wirkt übrigens auch noch viele Monate nach der Arzneimitteleinnahme – seine optimale klinische Wirkung erreicht der Wirkstoff bei Nagelinfektionen sogar erst sechs bis neun Monate nach Beendigung der Behandlung. 

Grund dafür ist die langsamere Elimination von Itraconazol aus Haut und Nägeln im Vergleich zum Plasma. Produktbeispiele sind Sempera®, Itracol Hexal® und Itraconazol AL®.

Terbinafin: oral und lokal anwendbar

Terbinafin ist ein Allylamin-Derivat, das zur systemischen und lokalen Nagelpilz-Therapie eingesetzt wird. Auch Terbinafin hemmt die Ergosterol-Biosynthese, allerdings schon in einem früheren Stadium als die Azol-Antimykotika. Es hat eine pilzabtötende (fungizide) Wirkung. 

Die orale Verabreichung erfolgt mit Tabletten, die 250 mg Terbinafin enthalten. Sie werden einmal täglich unabhängig von den Mahlzeiten, jedoch möglichst immer zur gleichen Tageszeit eingenommen. 

Die Behandlungsdauer beträgt drei bis vier Monate, für den Großzehennagel bis zu sechs Monate. Handelspräparate sind beispielsweise Lamisil®, Dermatin® und Terbinafin 1A-Pharma®.

Wechselwirkungen bei systemischen Antimykotika

Systemische Antimykotika können mit zahlreichen anderen Medikamenten Wechselwirkungen eingehen. Deshalb sollten Sie in der Apotheke vor der Abgabe des Arzneimittels einen Interaktionscheck durchführen. 

Insbesondere Itraconazol und Fluconazol haben ein hohes Interaktionspotential: Fluconazol ist ein starker Hemmstoff der zur Cytochrome-P450-Familie gehörenden Enzyme CYP2C9 und CYP2C19. Aus diesem Grund kann es zu einer erhöhten Konzentration an Arzneistoffen, die über diese Enzyme verstoffwechselt werden, kommen. 

Zu den CYP2C9-Substraten gehören beispielsweise die nicht steroidalen Antirheumatika Celecoxib, Ibuprofen und Naproxen, die Antidiabetika Glibenclamid und Glimepirid, die Vitamin-K-Antagonisten Phenprocoumon und Warfarin sowie Fluvastatin und Phenytoin. Deshalb wird eine engmaschige Überwachung der Patienten auf dosisabhängige Nebenwirkungen empfohlen. 

CYP2C19-Substrate sind beispielsweise der Thrombozytenaggregationshemmer Clopidogrel und die Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) Citalopram/Escitalopram. Außerdem kann Fluconazol das Enzym CYP3A4 hemmen. Aus diesem Grund ist die gleichzeitige Einnahme von CYP3A4-Substraten, die QTc-Zeit-verlängernde Eigenschaften besitzen, z. B. Amiodaron und Erythromycin, kontraindiziert.

Itraconazol wird hauptsächlich über CYP3A4 metabolisiert. Die dabei gebildeten Metabolite hemmen das Enzym CYP3A4 sehr stark. Deshalb sollte Itraconazol nicht mit CYP3A4-Substraten, die die QTc-Zeit verlängern können, z. B. Erythromycin, eingenommen werden.

Bei verschiedenen Statinen wie Simvastatin und Atorvastatin ist ebenfalls Vorsicht geboten. Auch die gleichzeitige Einnahme unter anderem von Immunsuppressiva oder Calciumantagonisten wird nicht empfohlen.

Terbinafin hemmt als CYP2D6-Inhibitor den Metabolismus von CYP2D6-Substraten wie Metoprolol, Fluoxetin und Tamoxifen. Da der Arzneistoff selbst über Cytochrom-P450-Enzyme verstoffwechselt wird, können Enzyminhibitoren wie Cimetidin, Fluconazol oder Amiodaron die Wirkung von Terbinafin verstärken bzw. dessen Plasma-Konzentration erhöhen.

Bei Antimykotika-Therapie: Leber- und Nierenwerte überprüfen

Terbinafin ist bei Leberfunktionsstörungen kontraindiziert und auch Fluconazol und Itraconazol sollten bei Leber- und Nierenfunktionsstörungen nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung verschrieben werden. 

Da Antimykotika schädliche Nebenwirkungen vor allem auf Leber und Nieren haben können, sollten während der Therapie regelmäßig die Leber- und Nierenparameter überprüft werden. 

Des Weiteren kommt es bei der Einnahme von Antimykotika häufig zu gastrointestinalen Beschwerden, speziell bei Terbinafin können auch Geschmacksstörungen auftreten.

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