Scheidentrockenheit
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Scheidentrockenheit – wie kommt es dazu?

Scheidentrockenheit kann viele Ursachen haben. Sie lässt sich in der Regel aber gut behandeln. | Bild: Ann Patchanan / AdobeStock 

Hinter Juckreiz, Schmerzen und Trockenheitsgefühl im Intimbereich, Irritationen oder Schmerzen bei der Penetration steckt nicht stets eine Infektion. Manchmal ist die Diagnose ganz einfach: Scheidentrockenheit. Die gute Nachricht: Meist lässt sich die Ursache ausmachen und eine hilfreiche Therapie finden – auch in der Apotheke. Doch wie kommt es zu Scheidentrockenheit und wer ist davon besonders betroffen?

Estrogenmangel in den Wechseljahren

Ursachen gibt es viele. So können hormonelle Umstellungen, zum Beispiel Estrogenmangel während und nach den Wechseljahren, eine vaginale Trockenheit begünstigen. Das Problem ist sogar weit verbreitet: Laut der „North American Menopause Society“ (NAMS) leiden 27 bis 84 Prozent der postmenopausalen Frauen an einem genitourinären Syndrom der Menopause (GSM) – also durch Estrogenmangel bedingte Symptome des Urogenitaltrakts. 

Zu deren Hauptsymptomen zählt neben vaginaler Trockenheit auch schmerzhafter Sex und Brennen. Wichtig zu wissen: Das Problem löst sich nicht von alleine und die Beschwerden bessern sich folglich auch nicht ohne Therapie. Vielmehr ist es so, dass es durch eine trockene Scheide zu Einrissen in der Schleimhaut kommt, was auch das Eindringen von Krankheitserregern begünstigt. Trotzdem suchen der NAMS zufolge nur wenige Frauen Hilfe: Eine US-Umfrage mit 1.859 menopausalen Frauen ergab, dass nur 50 Prozent der Betroffenen ihre Beschwerden je behandelt haben.

Gut zu wissen: Wie Estrogenmangel zu Scheidentrockenheit führt

Um zu verstehen, wie Estrogene mit vaginaler Trockenheit zusammenhängen, hilft es zu verstehen, welche physiologischen Funktionen diese auf die Schleimhaut haben und was in den Wechseljahren nach und nach anders wird. 

So werden die weiblichen Sexualhormone Estrogen und Progesteron vor allem in den Eierstöcken (Ovarien) produziert und zwar von den dort monatlich heranreifenden Follikeln. Geringere Mengen Estrogen produzieren auch die Nebennierenrinde und das Fettgewebe. Estrogene fördern die Proliferation der Schleimhaut der Gebärmutter (Uterus), des Gebärmutterhalses (Zervix) und die Schleimhautdicke der Scheide (Vagina). Zudem steuern Estrogene die Anzahl der Milchsäurebakterien in der Scheide und damit den pH-Wert. 

Während der reproduktiven Phase wird das Scheidenmilieu vorwiegend durch Lactobacillus-Arten dominiert und weist einen sauren pH-Wert auf. Mit Beginn der Wechseljahre stellen die Eierstöcke zunehmend jedoch ihre Aktivität ein, es kommt zu einer hormonellen Umstellung und einem Mangel an Estrogenen. Fehlt Estrogen, wird die vaginale Schleimhaut nicht mehr so hoch aufgebaut und die Produktion von Scheidensekret nimmt ab, wodurch sich die Vagina trockener anfühlen kann und leichter verletzlich ist. 

Die hormonellen Veränderungen beeinflussen aber auch das vaginale Mikrobiom. So sinkt nach der Menopause die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen eine von Lactobacillus-Arten dominierte vaginale Bakteriengemeinschaft und einen niedrigen vaginalen pH-Wert aufweisen. Ob die geringere Anzahl an Lactobacillus-Arten direkt mit der Scheidentrockenheit in Zusammenhang steht, dazu ist die Studienlage widersprüchlich. Doch es gibt Daten, dass postmenopausale Frauen mit einem höheren Anteil an Lactobacillus-Arten seltener über vaginale Trockenheit berichten.

Schwangerschaft, Stillzeit und Verhütungsmittel

Auch Schwangerschaft und Stillzeit führen zu starken Hormonveränderungen, sodass auch jüngere Frauen von Scheidentrockenheit betroffen sein können. Ebenso ist vaginale Trockenheit eine bekannte Nebenwirkung von hormonellen Kontrazeptiva, insbesondere dann, wenn der Estrogenanteil des Verhütungspräparates sehr niedrig ist und nicht ausreicht, um die Vaginalschleimhaut entsprechend aufzubauen.

Operation, Bestrahlung und Brustkrebs-Arzneimittel

An Probleme mit vaginaler Trockenheit sollte man auch denken, wenn Frauen an den Eierstöcken operiert wurden. Bei zuvor prämenopausalen Frauen geht dies mit einem gewissen Funktionsverlust (bei Entfernung: Totalverlust) der Ovarien und der dortigen Estrogenproduktion einher. Auch können manche Arzneimittel, die Frauen mit hormonabhängigem Brustkrebs erhalten – die Aromatasehemmer Anastrozol und Letrozol –, die Scheide trocken machen. Das liegt daran, dass Aromatasehemmer die Bildung von Estrogenen im peripheren Gewebe blockieren, und bei postmenopausalen Frauen stellt vor allem das periphere Gewebe Estrogene her. 

Auch Wirkstoffe wie beispielsweise Goserelin in Zoladex® Gyn, die bei hormonabhängigem Brustkrebs oder Endometriose eingesetzt werden, senken Estradiol und können damit vulvovaginale Trockenheit hervorrufen. Daneben können auch lokale Bestrahlungen des Unterleibs oder klassische Chemotherapien zu Schleimhautschädigungen und zu vaginaler Trockenheit führen.

Erkrankungen, Arzneimittel und Genussmittel

Daneben gibt es Erkrankungen, die direkt mit Scheidentrockenheit einhergehen – wie das Sjögren-Syndrom. Dabei handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung des rheumatischen Formenkreises, bei der Immunzellen Drüsenzellen angreifen und zu trockenen Schleimhäuten führen. Auch Frauen mit Endometriose, Diabetes mellitus oder Multipler Sklerose können sekundär an vulvovaginaler Trockenheit leiden. 

Zudem gibt es zahlreiche Arzneimittel, die in ihrer Nebenwirkungsliste zwar nicht explizit auf Scheidentrockenheit, doch aber auf trockene Schleimhäute hinweisen – beispielsweise Antidepressiva wie Citalopram oder Mirtazapin, das zur Inkontinenzbehandlung eingesetzte und anticholinerg wirkende Trospium (Spasmolyt®) oder Antihistaminika, die als OTC-Schlafmittel Verwendung finden (u. a. Doxylamin). 

Auch sollte bei Scheidentrockenheit zumindest darüber informiert werden, dass bestimmte Genussmittel wie Kaffee oder Nikotin die Blutgefäße verengen können, was auch eine verminderte Durchblutung der Vaginalschleimhaut nach sich ziehen kann. Nicht unterschätzen sollte man außerdem den Effekt auf die Schleimhäute durch Stress oder psychische Erkrankungen.

Übertriebene Intimhygiene

Auch kann eine zu gut gemeinte Intimhygiene vaginale Trockenheit fördern. Denn Seifen erhöhen den natürlich sauren Vaginal-pH-Wert – und das auch noch Stunden nach der Anwendung. Zwar gibt es spezielle Intimwaschlotionen mit saurem pH-Wert, die eine pH-Verschiebung verhindern. Vergessen darf man jedoch nicht, dass die in Waschlotionen enthaltenen Tenside schützende Fettsäuren aus der Haut auswaschen können und deren Barrierefunktion stören. Dabei ist Intimhygiene so einfach: Klares Wasser genügt, um den Intimbereich zu reinigen.

Was hilft bei Scheidentrockenheit

Das Gute ist: Vaginale Trockenheit und die damit einhergehenden Beschwerden lassen sich lindern. Viele Präparate – Cremes, Gele, Vaginalzäpfchen zum Befeuchten – gibt es rezeptfrei in der Apotheke. Als Wirkstoffe kommen vor allem Glycerol oder Hyaluronsäure infrage, zum Beispiel Multigyn® Liquigel mit unter anderem Galactoarabinan-Polyglucoronsäure und Glycerin, Vagisan® Feuchtcreme mit Milchsäure (pH-Wert 4,5) und Feuchtcreme Cremolum (Zäpfchen) oder Kadefungin® Befeuchtungsgel mit Hyaluronsäure. Alle Präparate können zur Befeuchtung und als Gleitgel angewendet werden. 

Multigyn® Liquigel sollte jedoch als Gleitgel bei Verhütung mit Kondomen nur mit latexfreien Präservativen verwendet werden. Remifemin® Feuchtgel setzt zusätzlich Hamamelis (Zaubernuss) ein, das antroposophische Präparat Majorana Vaginalgel von WALA Arzneimittel soll vor allem bei Scheidenentzündungen helfen.

Spezialfall Wechseljahre

Während sich befeuchtende Präparate zur Symptomlinderung unabhängig von der Ursache der vaginalen Trockenheit eignen, kann Frauen in den Wechseljahren teilweise auch mit topischen Estrogenen geholfen werden. Das Wichtigste ist aber in jedem Fall: „Frauen mit symptomatischer vaginaler Trockenheit sollen darüber informiert werden, dass Befeuchtungs- und Gleitmittel alleine oder zusammen mit einer vaginalen Estrogenanwendung eingesetzt werden können“, erklären die Autoren der erst 2020 aktualisierten Leitlinie „Peri- und Postmenopause – Diagnose und Interventionen“. Hinter der Leitlinie stecken gleich drei Fachgesellschaften für Gynäkologie und Geburtshilfe – aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. 

Allerdings hat sich einer aktuellen Studie veröffentlicht im Mai 2018 im Fachjournal „JAMA Internal Medicine“  zufolge „kein signifikanter Unterschied zwischen vaginaler Östrogentablette (10 µg) plus Placebo-Gel, vaginaler Placebotablette plus speziellem Vaginalgleitmittel sowie vaginaler Placebotablette plus Placebo-Gel gezeigt.“ Die Leitlinienautoren erklären weiter: „Jede Form der Behandlung hat vulvovaginale Beschwerden wie Juckreiz, Schmerzen, Trockenheit, Irritation oder Schmerzen bei Penetration gelindert“. Ihre Empfehlung ist, dass Frauen ihrer Vorliebe entsprechend behandelt werden sollten. Bei einer topischen Estrogenbehandlung (verschreibungspflichtig) raten sie zu Estriol-haltigen Präparaten, da Estradiol zu „relevanten systemisch wirksamen Estradiolspiegeln“ führen könne.

Isoosmolare Befeuchtungsmittel

Der „North American Menopause Society“ (NAMS) zufolge sollten Frauen vor allem darauf achten, dass Befeuchtungs- und Gleitmittel auf Wasserbasis isoosmolar (und nicht hyperosmolar) sind. Die Weltgesundheitsorganisation WHO rät zu einer Osmolarität von weniger als 1.200 mOsm/kg. Denn: In einer Studie an Zellkulturen veröffentlicht 2019 im Fachjournal „Journal of Infectious Diseases“  konnte gezeigt werden, dass hyperosmolare Feuchtmittel teilweise zelltoxisch sind und die Barrierefunktion der Haut stören. 

Keine Tampons, kein Joghurt

Frauenärzte raten Frauen mit trockener Scheide bei der Periode eher Binden als Tampons zu verwenden. Tampons saugen neben dem Menstruationsblut auch Scheidensekret auf, was die Symptome einer trockenen Scheide noch verschlechtern kann. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Blutung nur sehr schwach ist. 

Ein klares „Nein“ sprechen Frauenärzte zur Verwendung von mit Joghurt getränkten Tampons aus. Laut Dr. Christian Albring, Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte (BVF), gehört „Joghurt nicht in die Vagina“. Das erklärt er auf dem Portal „Frauenärzte im Netz“, das der BVF gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe betreibt. 

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