Aktuelles
6 min merken gemerkt Artikel drucken

Zum Tag des scharfen Essens am 19. August: Wie gesund ist scharfes Essen?

Mexikanisches Essen steht auf einem Tisch
Haben Scharfstoffe, wie z. B. in Chilis, Zwiebeln oder Knoblauch enthalten, eine lebensverlängernde Wirkung? | Bild: PapatoniC / AdobeStock

Zu den beliebtesten Scharfmachern in der Küche gehören Chilis (Capsicum frutescens) und Peperoni (Capsicum annuum). Verantwortlich für deren Schärfe sind die in den Früchten enthaltenen Capsaicinoide mit der Hauptsubstanz Capsaicin. Der Gehalt dieses Alkaloids, und damit die Schärfe variiert je nach Sorte. 

Der Schärfegrad lässt sich sogar bestimmen und mit der Maßeinheit Scoville beziffern. Der Scoville-Wert gibt an, wie viel Milliliter Wasser zur Verdünnung benötigt werden, damit man die Schärfe gerade noch wahrnimmt. So hat etwa Gemüsepaprika einen Scoville-Wert von 0 bis 10, eine Peperoni 100 bis 500 und Tabasco-Sauce 2.500 bis 8.500.

Tag des scharfen Essens am 19. August

Fans der scharf gewürzten Speisen können sich freuen, denn am 19. August wird in den USA der Tag des scharfen Essens („National Hot and Spicy Food Day“ oder kurz: „Hot and Spicy Food Day“) begangen. Seit fast über 6.000 Jahren steht scharfes essen auf dem menschlichen Speiseplan und nahezu jede Kultur hat ihre eigenen Rezepte und Gerichte mit scharfen Gewürzen.

Ein Schmerzerlebnis 

Wie intensiv eine Person die Schärfe empfindet, ist zudem individuell unterschiedlich. Ohnehin scheiden sich beim scharfen Essen die Geister. Manche Menschen lieben das Feuerwerk im Mund, andere mögen überhaupt keine derart gewürzten Speisen. 

Ist Schärfe also Geschmackssache? Nimmt man es wörtlich, lautet die Antwort nein. Denn Schärfe ist keine Geschmacksart wie süß, sauer, bitter oder salzig. Scharfstoffe werden nicht über die Geschmacksknospen der Zunge wahrgenommen. Sie reizen vielmehr die Nervenenden (Nozizeptoren) in der Mundschleimhaut, die für die Aufnahme von Wärme- und Schmerzreizen zuständig sind.

Gut zu wissen: Welche Stoffe lösen eine Schmerzreaktion aus?

Das in Chili und Peperoni enthaltene Capsaicin verursacht eine Schmerzreaktion. Auch das Piperin im Pfeffer führt zu einem solchen Schmerzreiz, ebenso andere Scharfstoffe wie Gingerole und Shogaole aus dem Ingwer, Curcumin aus Kurkuma sowie Senfölglykoside aus Senf und Meerrettich oder auch Allicin aus Zwiebel und Knoblauch.

Endorphine bescheren Glücksgefühle 

Doch warum tut man sich eine solche Schmerzreaktion durch scharfes Essen absichtlich an? Als Reaktion auf den Schmerzreiz werden körpereigene Endorphine ausgeschüttet. Sie sorgen für Glücksgefühle. Man spricht deshalb auch vom „Pepper-High-Effekt“. 

Capsaicin, das in einigen Schmerzsalben und Schmerzpflastern als topisches Analgetikum dient (z. B. in der ABC® Wärme-Creme), führt bei häufigerem Genuss zu einer Desensibilisierung der Nervenendigungen. Wer regelmäßig Chili verzehrt, verträgt scharfe Speisen daher besser, als wer nur gelegentlich scharf isst.

Verdauungshilfe, Körperkühlung, Desinfektion 

Scharf essen macht also glücklich. Doch Scharfstoffe wie Capsaicin haben noch mehr positive Wirkungen:

  • Bereits im Mund wird der Speichelfluss angeregt. Dies kommt der Verdauung zugute und durch den Spüleffekt auch der Mundhygiene.
  • Die Magenmotorik wird angeregt und die Magensaftsekretion gefördert. Dies verbessert die Verdauung, insbesondere von fettreichen Speisen.
  • Scharfstoffe haben eine geschmacksverstärkende Wirkung: Wegen der durchblutungsfördernden Wirkung im Mund werden die Geschmacksrezeptoren der Zunge sensibilisiert. Aromen im Essen nimmt man dadurch intensiver wahr.
  • Über die Aktivierung der Wärmerezeptoren erweitern sich die Gefäße und die Schweißbildung wird angeregt. Das hat einen abkühlenden Effekt auf den Körper zur Folge und erklärt, warum gerade in heißen Ländern so häufig scharf gegessen wird.
  • Aufgrund der sekretionsfördernden Wirkung können Scharfstoffe auch bei Erkältung hilfreich sein und in den Bronchien zur Schleimlösung beitragen.
  • Scharfstoffe haben darüber hinaus desinfizierende Effekte. Das trifft vor allem auf die antimikrobiell wirksamen Senföle zu, z. B. im Meerrettich.
  • Einige Scharfstoffe haben weitere therapeutische Eigenschaften: Beispielsweise tragen Ingwerscharfstoffe zur antiemetischen Wirkung bei und können durch Abbau schwefelhaltiger Verbindungen Mundgeruch bekämpfen. Der Knoblauch-Inhaltsstoff Allicin etwa wirkt lipidsenkend und hemmend auf die Blutplättchenaggregation.

Schärfe gegen Übergewicht? 

Über ihre kreislaufanregende Wirkung kurbeln Scharfstoffe den Kalorienverbrauch an. Ob sich dadurch aber Übergewicht entgegenwirken lässt, ist unsicher. Eine gewichtsregulierende Wirkung kommt aber vielleicht auch dadurch zustande, dass man scharfe Speisen langsamer verzehrt und sich dadurch das Sättigungsgefühl schon mit einer geringeren Essensmenge einstellt.

Gesünder leben durch scharfes Essen?

Für Scharfstoffe ergaben sich auch wissenschaftliche Hinweise auf eine regulierende Wirkung auf den Insulinspiegel. Außerdem werden antikanzerogene, antioxidative und entzündungshemmende Effekte angenommen. 

Studienergebnisse aus China und den USA deuten sogar auf eine lebensverlängernde Wirkung durch Chili hin. Allerdings ist der Zusammenhang nicht eindeutig nachweisbar. So wäre auch denkbar, dass Personen, die ihr Essen häufig scharf würzen, insgesamt gesünder leben.

Achtung Lebensgefahr! 

Scharfes Essen ist allerdings nicht uneingeschränkt vorteilhaft. Es kommt auf die richtige Dosis an. So kann übermäßiger Verzehr von Scharfstoffen zu Übelkeit, Erbrechen oder auch Bluthochdruck führen. Vorsicht ist vor allem bei Scharfess-Wettbewerben geboten. Hierbei besteht die Gefahr einer lebensbedrohlichen Bluthochdruckkrise. 

Beispielsweise kann der Verzehr extrem scharfer Chilis den sogenannten Donnerschlag-Kopfschmerz auslösen. So hat der Biss in die schärfste Chili-Schote der Welt einem jungen Mann heftigste Kopfschmerzen erbracht. Der 34-Jährige, der in New York an einem Chili-Wettbewerb teilgenommen und die "Carolina Reaper" probiert hatte, kam mit einem Donnerschlagkopfschmerz in die Notaufnahme.

Kleinkinder sollten grundsätzlich nicht scharf essen. Sie reagieren vor allem auf Chili-Produkte sehr sensibel. Scharfe Saucen sollte man daher im Haushalt kindersicher aufbewahren.

Vorsicht bei empfindlichem Magen und gereizten Nieren 

Auch manche Erwachsene haben mit der Verträglichkeit Probleme. Wer ohnehin an Sodbrennen und Reizmagen leidet, bekommt durch Chili, Pfeffer und andere scharfe Gewürze meist noch stärkere Beschwerden. Da häufiges Sodbrennen im Verdacht steht Speiseröhrenkrebs auszulösen, heißt es hier vorsichtig zu sein. Auch bei Nieren- und Harnblasenentzündungen können die schleimhautreizenden Scharfmacher zur Verstärkung der Beschwerden führen. 

Heikel ist ein Kontakt mit den Augen. Nach dem Umgang mit Chilis, Peperoni und Co. heißt es daher, gründlich Hände waschen. Und wer einmal zu viel Tabasco-Sauce in den Mund bekommen hat, sollte nicht versuchen, den Brand mit Wasser zu löschen. Da Capsaicin fettlöslich ist, helfen zum Beispiel Milch, Quark oder Speisefette. Quellen: Verband für Unabhängige Gesundheitsberatung e.V. (UGB); Landeszentrum für Ernährung Baden-Württemberg; Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR); DAZ Nr. 34/2015; www.aerzteblatt.de