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Bundesgerichtshof bestätigt Arzneimittelpreisverordnung

Bild: Dan Race / Adobe Stock

Deutschlands höchste Richter in Zivilsachen haben die Arzneimittelpreisverordnung bestätigt und Klarheit darüber geschaffen, unter welchen Bedingungen die Apotheken die Arzneimittel beim Großhandel beziehen dürfen. Damit, so äußert sich die ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände heute in einem Statement, habe der Bundesgerichtshof die Erwartung von Staat und Gesellschaft bekräftigt, dass Apotheker als Freiberufler und Kaufleute möglichst effizient und rational handeln. So könnten die Apotheken ihrer Aufgabe auch zukünftig nachkommen, die wohnortnahe Arzneimittelversorgung zu gewährleisten sowie Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu schaffen, heißt es. Allerdings seien Skonti sehr individuelle Konditionen, die jeder einzelne Apotheker von seinem Großhändler eingeräumt bekomme.

Was bedeutet das Skonti-Urteil für die Apotheken?

Was bedeutet das Urteil für die Apotheker? Und: Stehen dem Großhandelsmarkt nun harte Rabattschlachten bevor? Eine Analyse von Apothekenwirtschaftsexperte Dr. Thomas Müller-Bohn lesen Sie bei den Kollegen von DAZ.online:

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Hintergrund

Die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) ist eine tragende ordnungspolitische Säule des deutschen Gesundheitswesens und seiner Arzneimittelversorgung. Ausgehend vom Herstellerabgabepreis führen gesetzlich festgelegte Zuschläge für Großhandel und Apotheke sowie die Mehrwertsteuer zu einem bundeseinheitlichen Apothekenabgabepreis für jedes rezeptpflichtige Medikament. Damit werden das Sachleistungsprinzip und der Kostendämpfungsmechanismus in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ermöglicht, aber auch der Verbraucherschutz gestärkt: Kurzfristig schützt die AMPreisV den Patienten davor, dass seine Notlage durch überhöhte Preise ausgenutzt wird. Mittel- und langfristig verhindert sie qualitätsminderndes Preisdumping und sichert die flächendeckende Versorgung durch ein Netz wohnortnaher Apotheken.

Die Wettbewerbszentrale hatte AEP verklagt, nachdem der damalige Großhandels-Newcomer sich geweigert hatte, von seinem Konditionenmodell Abstand zu nehmen: Beim Bezug von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln bis zu einem Herstellerabgabepreis von 70 Euro gewährt AEP einen Nachlass von insgesamt 5,5 Prozent (3% Rabatt und 2,5% Skonto). Bei Rx-Präparaten über 70 Euro sind es 2 Prozent Rabatt plus 2,5 Prozent Skonto – also insgesamt 4,5 Prozent. Die Wettbewerbszentrale war und ist der Meinung, dass pharmazeutische Großhandlungen nur auf ihre variable Marge von 3,15 Prozent Rabatte gewähren dürfen – und dass auch ein Skonto für eine vorfristige Zahlung zu diesen Rabatten zählt. Nachdem AEP von seinem stark beworbenen, transparenten Konditionenmodell nicht lassen wollte, klagte die Wettbewerbszentrale – und verlor. Am 22. Oktober 2015 entschied das Landgericht Aschaffenburg in erster Instanz zugunsten von AEP. Skonto und Rabatt seien zwei unterschiedliche Dinge: Skonto sei die Belohnung für ein verkürztes Zahlungsziel und damit an eine Bedingung geknüpft. Das Nebeneinander von Rabatt und Skonti über die 3,15-Prozent-Grenze hinaus war für die Aschaffenburger Richter also kein Problem. Die Wettbewerbszentrale ging gegen dieses Urteil in Berufung, und das Oberlandesgericht Bamberg entschied am 29. Juni 2016 tatsächlich anders als die Vorinstanz: Der Festzuschlag von 70 Cent sei ein Fixum, der durch keine Art von Preisnachlass – auch nicht durch Skonti – reduziert werden dürfe. Da die Wettbewerbszentrale von Anfang an eine höchstrichterliche Entscheidung angestrebt hatte, legte sie folgerichtig Revision ein. Das Oberlandesgericht hatte diese ausdrücklich zugelassen, weil die Frage, ob die Arzneimittelpreisverordnung Skonti und Rabatten über den Betrag von 3,15 Prozent des Herstellerabgabepreises hinaus verbietet, nicht geklärt sei. Angesichts der möglichen Auswirkungen auf die flächendeckende, bedarfsgerechte und wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung habe die Frage grundsätzliche Bedeutung. Am 13. Juli 2017 fand schließlich die mündliche Verhandlung vor dem BGH in Karlsruhe statt, ein Urteil war damals aber noch nicht verkündet worden – das geschah heute. Für die schriftliche Begründung hat der Bundesgerichtshof nun noch einmal bis zu fünf Monate Zeit.