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Doch noch Schwarz-Rot? Was bedeutet eine neue GroKo für Apothekenangestellte?

Kommt es doch noch zu einer großen Koalition und was würde das für die Apothekenangestellten bedeuten? | Bild: Mellimage / Adobe Stock

Am späten Abend des 19. November 2017 brach die FDP die Sondierungsgespräche zur Regierungsbildung mit CDU/CSU und den Grünen ab - dabei waren die anderen Parteien nach eigenen Aussagen zuversichtlich, dass es zu einer Einigung kommen würde und zeigten sich enttäuscht über das plötzliche Aussteigen der FDP. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner begründete die Entscheidung mit der mangelnden Kompromissbereitschaft der Grünen.

Heute geht es um Viel – für Deutschland und die Apothekenlandschaft

Vor dem heutigen Spitzengespräch bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat SPD-Chef Martin Schulz zugesichert, dass sich seine Partei ihrer staatspolitischen Verantwortung bewusst sei. Zugleich machte er am Mittwoch beim Deutschen Arbeitgebertag in Berlin klar, dass er von wesentlichen Wahlkampfpositionen nicht abrücken und weiter für mehr Gerechtigkeit eintreten wolle. Was aber passiert mit den Apothekenangestellten, sollte es wieder zu einer großen Koalition kommen?

Was, wenn es doch zur GroKo kommt?

Die Union wird auch die nächste Regierung leiten, sofern es nicht zu Neuwahlen kommt. CDU und CSU unterstützen derzeit viele Forderungen, die große Teile der Apothekerschaft teilen. So wollen sie nach der Bundestagswahl weiterhin das Rx-Versandverbot durchsetzen. Ob ihnen das gelingt, steht derzeit noch in den Sternen. Mit den Sozialdemokraten werde es kein Rx-Versandverbot geben, heißt es. Obwohl sich die Sozialdemokraten klar und deutlich zur inhabergeführten Apotheke vor Ort bekennen, ist ihnen der Versandhandel zu versorgungsrelevant, um ihn auf OTC einzugrenzen. Vor einigen Monaten im Koalitionsausschuss konnten sich CDU/CSU mit dem Verbot gegen die SPD jedenfalls nicht durchsetzen. Dementsprechend schwierig wird es werden, sollte es nun doch noch zu einer GroKo kommen. Ansonsten sind die Aussagen der Union zum Apothekenmarkt recht schwammig. Man will zwar die Vergütung der Apotheker überprüfen, um mehr Pharmazeuten aufs Land zu locken, sagt aber nicht wie das genau passieren soll. Auch zur Beteiligung der Apotheker am Medikationsplan und an einem flächendeckenden Medikationsmanagement gibt es keine verbindlichen Aussagen. Immerhin: Die für die Apotheker so wichtigen Regelungen zum Fremd- und Mehrbesitzverbot stehen bei CDU/CSU nicht zur Debatte. So wie die Union, beharrt auch die SPD auf ihren Forderungen zum Apothekenmarkt. Ein spannendes Zeichen setzt die SPD bei den pharmazeutischen Dienstleistungen: Die Sozialdemokraten sind in dieser Frage zu vielen Neureglungen bereit. Sie wünschen sich deutlich eine stärkere und auch vergütete Einbindung der Apotheker, wollen dabei aber auch über Themen sprechen, die für die Apotheker tabu sind, zum Beispiel das ärztliche Dispensieren. Ein deutliches Signal schicken die Sozialdemokraten auch in Sachen Nachwuchssorgen: Das Problem steht aus SPD-Sicht zunächst im Pflegebereich an und nicht bei den Apothekern. Um diese Aussage zu stärken, zitieren sie die ABDA, die auch der Meinung ist, dass die Apotheker kein grundlegendes Problem haben. Sollte die SPD also doch erneut eine Große Koalition eingehen, wird die Debatte um den Versandhandel und die Landversorgung nochmals von vorne beginnen. Mit den alt bekannten Inhalten und Forderungen – und vermutlich auch mit den alt bekannten Ergebnissen.

Harsche Kritik seitens ADEXA und dem BVpta: Schwere Zeiten für berufliche Sicherheit

ADEXA-Vorstand Andreas May appelliert an die Parteien, schnell zu einer Lösung zu kommen.

ADEXA-Vorstand Andreas May kritisiert die derzeitige Regieruingssituation aufs Schärfste: Dass die Wählerinnen und Wähler viel Verständnis dafür haben, wenn gewählte Politiker die Verantwortung für das Land aus parteitaktischen Gründen nicht tragen wollen, glaube er nicht, heißt es in einem State-ment. Für den Apothekenbereich und die Mitarbeiter, so May, bedeute das Scheitern der Sondierungs-gespräche von Union, FDP und Grünen ein weiteres berufs- und tarifpolitisches Fragezeichen – neben den ausstehenden Ergebnissen des Honorierungsgutachtens und den Folgen des EuGH-Urteils. Diese Unsicherheit sei nicht günstig für jegliche Art der beruflichen Planung. Solange Bundesgesundheitsmi-nister Hermann Gröhe weiter die Amtsgeschäfte führe, sei zwar eine gewisse Kontinuität zu erwarten. Aber für die Apotheken und das ganze Land müsse schnell eine tragfähige, demokratisch legitimierte Lösung gefunden werden. „Denn Deutschland braucht eine entscheidungs- und handlungsfähige Regie-rung: für die gewaltigen nationalen wie internationalen Aufgaben, die vor uns liegen“, so Andreas May.

Die BVpta-Bundesvorsitzende Sabine Pfeiffer verlangt, dass die gewählten Politiker sich ihrer Aufgabe endlich annehmen.

Auch Sabine Pfeiffer, die Bundesvorsitzende des BVpta äußerte sich einige Tage nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche gegenüber PTAheute.de: „Wer sich in Deutschland um ein politisches Amt bewirbt, muss auch damit rechnen, dass er gewählt wird. Und dann hat er oder sie zumindest für vier Jahre einen nicht schlecht bezahlten Beruf als Politiker und steht bei seinen Wählern in der Verantwor-tung. Denn diese wollen in der Regel nicht, dass ihre Stimme nur eine starke Opposition stützt. Sie wollen, dass die Ziele, von denen sie überzeugt sind auch in überzeugendes Regierungshandeln um-gesetzt werden. Dafür stehen die gewählten Abgeordneten - wie jeder von uns in seinem Beruf – in der Pflicht. Das Parteikalkül, das wir jetzt erleben, könnte man auch als Missachtung des Wählerwillens interpretieren. Der Bundespräsident hat sich hierzu klar geäußert. Wer jetzt nach Neuwahlen ruft, wird die Politikverdrossenheit sicher steigern. Profitieren würde nur eine einzige Partei! Rein rechnerisch sind zwei Koalitionen möglich, die eine starke Regierung bilden könnten. Und genau die braucht Deutschland unter anderem für sein Gesundheitswesen. Im Apothekenbereich muss schnell eine Lösung für den RX-Versandhandel gefunden werden, damit durch Untätigkeit nicht Fakten geschaffen werden, die parteiübergreifend kein Politiker will. Eine starke Regierung braucht Deutschland aber auch für seine Rolle in Europa und für die weltweit anstehenden Probleme. Das wirtschaftlich stärkste und lange Jahre stabilste Land der EU darf sich keine Hängepartie aufgrund von Partikularinteressen leisten.