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Vertretungsbefugnis für PTA – das sagen PTA, Apotheker und ADEXA dazu

Sollen PTA Vertretungsbefugnisse bekommen? Wir haben die Meinungen von PTA, Apothekern und der Apothekengewerkschaft zusammengefasst. | Bild: Tyler Olson / Adobe Stock

Vorweg kann man sagen, dass die Mehrheit der PTA und Apotheker sich vorstellen können, dass PTA gewisse Vertretungsbefugnisse eingeräumt werden und stimmten dafür. Es scheint aber dabei vor allen um kurzzeitige Vertretungen zu gehen, zum Beispiel über die Mittagspause. Manche Apotheker hingegen sehen in solchen erweiterten Befugnissen den ersten Schritt zur Abschaffung des Berufsstandes der Apotheker.

Quo vadis, PTA-Beruf?

Der Beruf der/des Pharmazeutisch-technischen Assistentin /Assistenten ist weiterhin attraktiv, denn es gibt eine Bandbreite an Aufgaben, der direkte Umgang mit Menschen und die damit verbundene Wertschätzung sind gute Argumente, den PTA-Beruf zu ergreifen. Doch es gibt leider auch gewaltige Unterschiede, sowohl was die Ausbildung an den PTA-Schulen angeht als auch die darauffolgende praktische Ausbildung in der Apotheke. Der Beruf kann attraktiv sein, das ist aber leider nicht automatisch so. Die Attraktivität des Berufes ist heute sehr davon abhängig, welche Schule besucht, wie gut die PTA im Praktikum ausgebildet wird und ob der Ausbildungsleiter entsprechend qualifiziert und motiviert ist, die PTA fachlich und praktisch auszubilden. Nach der Ausbildung ist die Attraktivität stark abhängig von der Wertschätzung innerhalb des Apothekenteams, den übertragenen Kompetenzen sowie den Fort- und Weiterbildungsangeboten.

Der Beruf muss im „Heute“ ankommen!

Die Anforderungen an das Apothekenpersonal haben sich in den letzten Jahren sehr stark verändert. Der Schwerpunkt auf der technischen Assistenz ist obsolet – gleichwohl die Anfertigung von Individualrezepturen und die damit verbundene Dokumentation nach wie vor wichtige Faktoren sind. Doch auch hier haben sich die erforderlichen Kompetenzen weg von der rein technischen Herstellung hin zur pharmazeutischen Prüfung der Plausibilität, dem Verständnis von Galenik und Inkompatibilitäten und der Herstellung nach selbigen Gesichtspunkten verlagert. Gerade die Ausbildung in der Rezeptur ist an den PTA-Schulen sehr unterschiedlich. Außerdem wünscht man sich von Apothekerseite mehr Wissen im Bereich Arzneimittel, vor allem was die Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie angeht. Denn die meisten Kundinnen und Kunden kommen zunächst mit PTA in Kontakt. Sie sind das Aushängeschild der Apotheke und sollten durch ihr Fachwissen auch mit einer entsprechenden Kompetenz für das (Pflicht-)Beratungsgespräch gerüstet sein. PTA müssen die Zusammenhänge – vor allem bei Kontraindikationen und Polymedikation – besser erkennen können. Viele können das, zweifelsohne, aber nicht alle. 

Die Kunst bei der Weiterentwicklung wird sein, den PTA-Beruf weiterhin attraktiv und zukunftsfähig zu machen, ohne dabei einen Light-Apotheker zu schaffen, der von sparsamen Chefs als Billig-Alternative zum „echten“ Approbierten eingesetzt wird. Letzteres befürchten nämlich viele, die sich an der Abstimmung und Diskussion über die Frage, ob PTA Vertretungsbefugnisse eingeräumt bekommen sollen, beteiligt haben. Da sind auf der einen Seite die PTA, die befürchten, dass sie, sollten sie vertreten dürfen, mehr Verantwortung übernehmen müssen, dafür aber nicht besser bezahlt werden, also als Billigarbeitskräfte ausgenutzt werden. Auf der anderen Seite die Apotheker, die darin den ersten Schritt zur Abschaffung des eigenen Berufstandes beziehungsweise eine Abwertung des Apothekerberufs sehen. Die zusätzliche Verantwortung scheint viele PTA den Kommentaren auf DAZ.online und in einer PTA-Facebook-Gruppe zufolge weniger zu schrecken, andere wollen sie aber auch schlicht nicht. Vor allem PTA, die auch Pharmazie studiert haben, sprachen sich klar gegen eine Vertretungsbefugnis aus. Der Wissensunterschied sei zu groß, argumentieren sie. „Nicht umsonst studieren wir Apotheker und PTA machen nur eine Ausbildung“, schreibt eine Kommentatorin. Doch auch denen, die sich für Vertretungsbefugnisse ausgesprochen haben scheint es nicht um Vertretungen im großen Stil oder gar Leitungsaufgaben zu gehen. So ist, zumindest liest man das aus den Kommentaren, eher von kurzzeitig bis maximal „ein paar Stunden“ die Rede, zum Beispiel über die Mittagspause, „damit während der Urlaubszeit der Approbierte nicht durcharbeiten muss“. Oder man wünscht sich Rechtssicherheit, wenn der Chef sich morgens verspätet, weil er im Stau steht. Zahlreiche Apotheker scheinen das ihren erfahrenen PTA zuzutrauen und sehen darin eine Aufwertung der Tätigkeit. Einige PTA befürworten die Idee, weil es ihnen, die Möglichkeit zur Weiterentwicklung bietet und die Chance aufzusteigen, was scheinbar derzeit vermisst wird. Darüber hinaus kamen viele Vorschläge, an welche Bedingungen eine Vertretungsbefugnis geknüpft werden könnte: ein Minimum an Berufserfahrung, telefonische Erreichbarkeit des Approbierten oder eine spezielle Weiterbildung oder Zusatzqualifikation. Zudem wüssten Chefs, welchen PTA sie eine Vertretung zutrauen, zumal viele ohnehin schon jetzt völlig selbstständig arbeiteten, hieß es.

Keine „Super-PTA“ und kein Apotheker „light“

Einig scheint man sich, zumindest unter den Kommentatoren, in einem Punkt zu sein: Eine Super-PTA oder – betrachtet man es von der anderen Seite – einen Light-Apotheker, der – vor allem aus Kostengründen – einen Großteil der apothekerlichen Aufgaben übernehmen soll, will niemand. Wo es mit dem PTA-Beruf hingeht, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen. Das Bundesgesundheitsministerium arbeitet derzeit an einer umfassenden Reform des PTA-Berufes. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte auf seinem Facebook-Kanal schon mehrfach angekündigt, dass er die Ausbildung der PTA reformieren will. Auch die Adexa fordert eine Erneuerung – sowohl organisatorisch als auch inhaltlich. Konkret will die Apothekengewerkschaft erreichen, dass die Fachschulausbildung von 24 auf 30 Monate verlängert wird, die ABDA lehnt dies allerdings ab. Schon bald will der Minister erste Vorschläge zur PTA-Ausbildung präsentieren – im Dezember erklärte er, dass die Ausbildungsreform noch in diesem Jahr in Kraft treten soll.

Adexa fordert Kompetenzerweiterung – aber nicht in Richtung Vertretungsbefugnis

Adexa-Vorstand Andreas May, selbst PTA, erklärt zum Thema Vertretungsbefugnis gegenüber, die Gewerkschaft setze sich bereits seit Jahren und zuletzt wieder in zwei Gesprächsterminen am 2. November 2018 und am 7. Januar 2019 beim BMG für die Neuordnung der PTA-Ausbildung ein. Mit Minister Spahn und den für die PTA-Ausbildungsnovellierung Zuständigen im BMG habe man als Apothekengewerkschaft dabei auch über eine Kompetenzerweiterung für PTA gesprochen, jedoch nicht mit der Stoßrichtung Vertretungsbefugnis. 

Weiter erklärt May „Fakt ist aber: Der Fachkräftemangel muss angepackt werden! Deshalb ist es gut, wenn darüber diskutiert wird, welche Wege hier zukunftsweisend sind. Das machen derzeit auch die vier Berufsgruppen-Gremien bei Adexa. Der in Kürze erwartete PTA-Novellierungsvorschlag aus dem BMG wird dabei ein wichtiger Diskussionspunkt sein.“ Aus Sicht von Adexa ist aber vor allem eine tarifliche Honorierung von besonderen Qualifikationen nötig, um die Attraktivität der öffentlichen Apotheke als Arbeitsplatz zu stärken – für PTA, aber natürlich auch für alle anderen Apothekenberufe. Die tarifliche Honorierung von Zusatzqualifikationen ist ein weiteres Herzensthema der Adexa. Sie fordert schon länger vehement ein Tarifmodell, das Fortbildungsaktivitäten der Apothekenmitarbeiter systematisch honoriert. Dieser Vorschlag ist aber schon mehrfach gescheitert. Auch in letzten Verhandlungen, die die Adexa unter anderem deswegen abgebrochen hatte, ist sie in diesem Punkt nicht erfolgreich vorangekommen.