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Steigert Übergewicht das Krebsrisiko?

Jährlich erkranken etwa 30.000 Menschen in Deutschland bedingt durch starkes Übergewicht an Krebs. | Bild: Vadym / AdobeStock

Übergewicht als maßgeblicher Risikofaktor für Krebs wird Fachgesellschaften zufolge oft unterschätzt. Sie fordern daher bessere Rahmenbedingungen, damit Menschen leichter ein gesundes Körpergewicht halten bzw. erreichen können.  

Während das erhöhte Krebsrisiko durch Rauchen hinlänglich bekannt sei, wüssten die Wenigsten um den Zusammenhang zwischen Tumorbildung und zu vielen Pfunden, teilten das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ), die Deutsche Krebshilfe und die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) mit.

Häufiger Brust- und Darmkrebs bei Menschen mit Adipositas

Fast sieben Prozent der Krebsneuerkrankungen in Deutschland gingen auf das Konto von Übergewicht, insbesondere von Fettleibigkeit. „Das bedeutet, dass jedes Jahr etwa 30.000 Menschen in Deutschland bedingt durch ihr Übergewicht an Krebs erkranken. Das sind 30.000 vermeidbare Krebsfälle“, betonte DKFZ-Chef Michael Baumann.

Brustkrebs nach den Wechseljahren und Darmkrebs treten demnach bei fettleibigen Menschen erheblich häufiger auf als bei Normalgewichtigen. Bei Gebärmutter- und Nierenkrebs oder bei Karzinomen der Speiseröhre sei sogar fast die Hälfte aller Fälle durch Adipositas (Fettleibigkeit) bedingt.

Zur Erinnerung: Wann spricht man von Adipositas?

Als adipös gelten Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von mehr als 30. Übergewicht beginnt bei einem BMI von über 25. Der BMI ist der Quotient aus Körpergewicht und Körpergröße im Quadrat (kg/m2).

Bauchfett produziert entzündungsfördernde Botenstoffe

Die erhöhte Gefahr einer Tumorbildung bei Übergewichtigen geht unter anderem von dem die inneren Organe umgebenden Bauchfett aus. Dies produziert viele entzündungsfördernde Botenstoffe, erläutern die Experten. Sind sie dauerhaft erhöht, können chronische Entzündungen entstehen, die krebsfördernd wirken.  

Die Fettzellen im Körper produzieren außerdem das Sexualhormon Östrogen, das Krebszellen zum Wachstum anregen kann. Zudem kann eine dauerhaft erhöhte Insulinproduktion übergewichtiger Menschen das Wachstum von Krebszellen antreiben.

Forderung nach Werbeeinschränkungen und „gesunder Mehrwertsteuer“

Die Fachgesellschaften fordern als ersten Schritt Werbeeinschränkungen für besonders übergewichtsfördernde Produkte sowie eine höhere Besteuerung stark fett- und zuckerhaltiger Lebensmittel. Mit einer Social-Media-Kampagne wollen die drei Organisationen für „weniger Übergewicht, weniger Krebsrisiko“ werben.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) begrüßte den Vorstoß. „Durch die Beseitigung oder noch besser die Vermeidung dieser Risikofaktoren durch gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung reduzieren wir nicht nur das Risiko für eine Krebserkrankung, sondern auch für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, den Typ-2-Diabetes und Gelenkerkrankungen.“

Aus Sicht der Deutschen Krebshilfe ist es nicht leicht, sich in einer Welt voller Verführung durch hochkalorische Lebensmittel ausgewogen zu ernähren. Gerd Nettekoven, Chef der Deutschen Krebshilfe, unterstrich: „Die Prävention von Übergewicht muss bereits im Kindesalter ansetzen, denn hier hat Übergewicht oftmals seinen Ursprung.“  

Deshalb müsse an Kinder gerichtete Werbung für übergewichtsfördernde Lebensmittel verboten werden, wie es die Ampelkoalition bereits angekündigt habe. Denkbar sei auch eine „gesunde Mehrwertsteuer“: Die Abgaben für stark zucker-, fett- und salzhaltige Nahrungsmittel müssten erhöht, für Obst und Gemüse hingegen gestrichen werden.  

Auch verbraucherfreundliche Nährwertkennzeichnungen sowie ausgewogene Ernährungsangebote an Schulen seien hilfreich.

Mehr Prävention in Deutschland nötig

Deutschland hinkt nach Einschätzung der Experten in Sachen Prävention hinter anderen europäischen Ländern her. So besteuerten England und Frankreich stark gezuckerte Limonaden, Portugal verbiete an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel. „In Deutschland haben wir dringenden Handlungsbedarf“, resümierte Michael Ghadimi, Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft. Quelle: dpa / vs