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Schlechtes Mikrobiom verursacht Darmerkrankungen

Das Mikrobiom im Darm spielt eine wichtige Rolle fürs Immunsystem – wenn es die richtige Zusammensetzung an Bakterien aufweist. | Bild: Steffen Kögler / AdobeStock

Im Darm befinden sich Billionen von Bakterien. Optimalerweise leben diese in Symbiose mit dem menschlichen Körper, also zum gegenseitigen Geben und Nehmen. Gute Darmbakterien, wie die Vielzahl der Laktobazillen und Bifidobakterien, bilden eine intakte und schützende Darmschleimhaut. Diese spielt eine wichtige Rolle bei der Regelung der Verdauung und währt zudem schädigende Substanzen ab.

Verschiedene Einflüsse wie Stress, Medikamente oder eine ungesunde Lebensweise können dazu führen, dass die Anzahl der schützenden Bakterien abnimmt und sich potenziell schädliche Keime ausbreiten können. Diese schlechten Bakterien unterstützen die Entstehung einer undichten Darmbarriere. Wie genau das abläuft und welche Bakterien genau dafür verantwortlich sind, wurde jetzt erstmals untersucht.

Wichtiger Signalweg identifiziert

Das Darmmikrobiom beeinflusst die Darmbarriere auf eine Art, die noch nicht genau geklärt ist. Neue Forschungen des Centrums für Thrombose und Hämostase der Universität Mainz konnten zum in dieser Form ersten Mal im Tiermodell zeigen, dass bestimmte Darmbakterien die Darmbarriere schwächen. Die Schädigung der Darmschleimhaut erfolgt über die Hemmung des Hedgehog-Signalwegs. Dieser ist wichtig für die Regulation der Zellteilung und damit auch für die Bildung einer dauerhaft funktionierenden Darmbarriere. 

Ein „löchriger Darm“, auch Leaky Gut genannt, entsteht durch den vermehrten Abbau der Zell-Zell-Verbindungen, den Tight Junctions, die als Diffusionsbarriere dienen. Es kommt dadurch zu einer Überstimulation des Immunsystems, was als Folge zahlreiche Erkrankungen fördern kann. Dazu zählen beispielsweise Allergien, eine erhöhte Infektanfälligkeit sowie Entzündungen aller Art. Im schlimmsten Fall können durch die dauerhaft geschädigte Darmbarriere chronisch-entzündliche Darmerkrankungen oder gar Darmkrebs entstehen.

Untersuchung in keimfreien Mäusen

Angewendet wurde die Methode der Gnotobiotik. Hier werden Versuchstiere eingesetzt, welche keine bzw. nur bestimmte Mikroorganismen enthalten. In diesem Untersuchungsfall waren es keimfreie Mäuse, in denen einzelne spezifische Bakterien untersucht wurden. Damit konnten die Forscher Wechselwirkungen von Bakterien mit dem Organismus entschlüsseln. Ein Augenmerk wurde vor allem auf negative Einflüsse der Bakterien auf die Darmbarriere gelegt. 

Die Forscher konnten feststellen, dass bei dieser Interaktion ein Mechanismus ausgelöst wird, durch welchen das Protein Neuropilin-1 abgebaut wird. Dieses ist Bestandteil des Darmepithels, also der schützenden Darmschleim-haut. Gibt es zu wenig Neuropilin-1, sinkt die Aktivität des Hedgehog-Signalwegs. Dadurch wird die Bildung neuer Darmepithelzellen gestört, was wiederum den löchrigen Darm fördert. Ergänzend wurde gezeigt, dass zu wenig Neuropilin-1 auch die Bildung von Blutgefäßen in den Darmzotten stört. Das führt dazu, dass Nährstoffe aus dem Darm nicht mehr richtig aufgenommen und verstoffwechselt werden können. Umgekehrt konnte festgestellt werden, dass erhöhte Spiegel an Neuropilin-1 in keimfreien Mäusen mit einer gestärkten Darmbarriere in Verbindung stehen.

Ergebnisse sollen in klinische Forschung übertragen werden

Diese neuen Ergebnisse konnten weitere Anhaltspunkte dafür liefern, dass ein schlecht zusammengesetztes Mikrobiom auch für entzündliche Darmerkrankungen oder sogar Darmkrebs verantwortlich sein kann. Die Untersuchungen wurden aktuell nur am Tiermodell durchgeführt. Ziel der Forschergruppe aus Mainz ist es, die Ergebnisse in die klinische Forschung zu übertragen, um zukünftig auch neue therapeutische Wege zu gehen.