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Zum Welt-Rheuma-Tag: Was ist eigentlich Morbus Bechterew?

Junger Mensch hält schmerzenden Rücken
Entzündungen im Beckenbereich können bei Morbus Bechterew langfristig zu Versteifungen der Wirbelsäule führen. | Bild: photo 5000 / AdobeStock

450.000 Menschen in Deutschland leiden an einer Krankheit, die zu den Spondyloarthritiden gehört, meldet die Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew e.V. anlässlich des Welt-Rheuma-Tages. Dazu zählt auch die Spondylitis ankylosans, gemeinhin als Morbus Bechterew bekannt.

Gut zu wissen: Woher kommt der Name Morbus Bechterew?

Der Name geht auf den russischen Neurologen Wladimir Bechterew (1857–1927) zurück, der Ende des 19. Jahrhunderts eine im deutschen Sprachraum viel beachtete Beschreibung der chronisch entzündlich-rheumatischen Erkrankung verfasste. 

Der medizinische Name lautet Spondylitis ankylosans. Das bedeutet so viel wie versteifende Wirbelsäulenerkrankung und beschreibt anschaulich, worunter Betroffene leiden.

Morbus Bechterew zählt zu den chronisch entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und äußert sich zunächst durch Schmerzen im unteren Rücken, die fälschlicherweise meist mit Überlastung oder Abnutzungserscheinungen in Verbindung gebracht werden. 

Daher wird die rheumatische Erkrankung durchschnittlich erst nach sieben Jahren erkannt, wie die Deutsche Vereinigung erklärt. 

Welche Symptome treten bei Morbus Bechterew auf?

Die ersten Symptome treten meist zwischen dem 15. und 35. Lebensjahr auf. Zu Beginn leiden die Betroffenen unter dumpfen Beckenschmerzen im Bereich der Kreuz-Darmbein-Gelenke (Iliosakralgelenke). Diese können bis ins Gesäß oder in die Oberschenkel ausstrahlen. Unter Bewegung lassen die Schmerzen in der Regel nach und nehmen dann in Ruhe wieder zu, vor allem wenn man länger sitzt.  

Typischerweise treten diese Schmerzen zunächst nachts auf und sind so stark, dass die Patienten davon aufwachen. Am Morgen fühlen sich die Gelenke für etwa 30 Minuten oder länger steif an.

Gut zu wissen: Hauptsymptome von Morbus Bechterew

  • chronische, tief sitzende Rückenschmerzen
  • morgendliche Steifigkeit
  • nächtliche Schmerzen, die zum Aufwachen führen
  • Schmerzen, die unter Bewegung nachlassen
  • wechselnder Gesäßschmerz

In einem fortgeschrittenen Stadium können die Entzündungen auf die ganze Wirbelsäule übergreifen und Knochenwucherungen erzeugen, die die Wirbelsäule versteifen.

Begleitend können Entzündungen der Sehnenansätze, der Regenbogenhaut des Auges oder größerer Gelenke wie Schultern, Knie und Ellbogen auftreten. Betroffene berichten auch von Müdigkeit, Fieber oder Gewichtsverlust.  

Ursache von Morbus Bechterew noch unklar

Die genaue Ursache von Morbus Bechterew ist derzeit noch unbekannt. Man geht davon aus, dass es sich um eine Autoimmunerkrankung handelt, also eine Fehlfunktion des Immunsystems, die eine überschießende Entzündungsreaktion hervorruft.

Da die Erkrankung familiär gehäuft auftritt, vermutet man außerdem eine genetische Veranlagung. Etwa 90 Prozent aller Betroffenen besitzen ein spezielles Eiweiß, das HLA-B27. Doch auch bei Menschen ohne HLA-B27 kann Morbus Bechterew ausbrechen.

Schleichender Krankheitsverlauf bei Morbus Bechterew

Die chronische Erkrankung kann bei den Betroffenen sehr unterschiedlich verlaufen. Meist entwickelt sie sich jedoch schleichend über Jahre oder gar Jahrzehnte, in denen sich Entzündungsphasen mit nahezu beschwerdefreien Zeiten abwechseln.  

Prinzipiell kann es in jedem Stadium zu einem Stillstand der Erkrankung kommen. Meist versteifen sich jedoch in den Schüben die entzündeten Bereiche der Wirbelsäule, sodass die Beweglichkeit der Betroffenen zunehmend eingeschränkt wird.  

Wie wird Morbus Bechterew behandelt?

Die chronische Erkrankung gilt als unheilbar, weshalb sich die Behandlung auf die Symptomlinderung konzentriert. Hierbei wird meist eine Kombination aus medikamentöser und physikalischer Therapie verordnet.

Als schmerzlindernde und entzündungshemmende Arzneimittel werden bevorzugt nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen eingesetzt. Bei schweren Verläufen zeigten auch Biologika wie TNF-alpha-Inhibitoren gute Ergebnisse.

Zur Erinnerung: Was sind Biologika?

Biologika sind biotechnologisch hergestellte Arzneimittel, das heißt Arzneimittel, die beispielsweise mithilfe gentechnisch veränderter Zellen oder aus tierischen bzw. pflanzlichen Zellen mittels eines komplexen Herstellungsprozesses gewonnen werden. 

Dadurch werden die charakteristischen Eigenschaften der Biologika nicht nur durch den enthaltenen Wirkstoff definiert. Auch die Ausgangsstoffe und der Herstellungsprozess haben Einfluss auf die Struktur und damit auf die Wirkeigenschaften des Endprodukts.Quelle: Nadine Graf   

Wichtig ist auch eine regelmäßige Bewegungstherapie. Spezielle Gymnastikübungen, die Betroffene täglich ausführen sollen, können der Versteifung der Wirbelsäule entgegenwirken, die Atmung verbessern und Schmerzen senken.  

Auch sportliche Aktivitäten wie Nordic Walking, Schwimmen oder Radfahren wirken sich günstig auf den Gesundheitszustand von Bechterew-Betroffenen aus.

Moderne Technik erlaubt frühzeitige Diagnose

Schätzungen zufolge erkrankt bis zu 1 % der europäischen Bevölkerung an Morbus Bechterew. Dank moderner Technik sei eine frühe Diagnostik möglich, erklärt die Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew e.V. Mithilfe von Magnetresonanztomographie (MRT) können chronische Entzündungen bereits im Frühstadium erkannt werden, lange bevor sie auf einem Röntgenbild sichtbar sind.

Deshalb nutzt die Deutsche Vereinigung den Welt-Rheuma-Tag am 12. Oktober, um mit diversen Aktionen auf Morbus Bechterew aufmerksam zu machen. Mit der Kenntnis über diese chronisch entzündliche Erkrankung könne bei Rückenschmerzen frühzeitig ein möglicher chronischer Verlauf und Morbus Bechterew erkannt werden.

Morbus Bechterew in Kürze

  • unheilbare, chronisch entzündlich-rheumatische Erkrankung, beginnt zwischen 15. und 35. Lebensjahr
  • in Schüben erfolgender, schleichender Krankheitsverlauf
  • chronische Schmerzen im unteren Rücken, morgendliche Steifigkeit, wechselnder Gesäßschmerz, im weiteren Verlauf Versteifung der Wirbelsäule
  • Behandlung durch medikamentöse und physische Therapie zur Schmerzlinderung und Entzündungshemmung
  • Frühdiagnose mittels MRT möglich