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Pränataler Stress erhöht Herzinsuffi­zienz beim Kind

Schwangere Frau liegt auf der Couch und fasst sich an den Kopf
Stress während der Schwangerschaft kann sich auf die Gesundheit des ungeborenen Kindes auswirken. | Bild: globalmoments / AdobeStock

Die Herzinsuffizienz, umgangssprachlich auch Herzschwäche genannt, ist eine Erkrankung, die oft schleichend im Laufe des Lebens auftritt. Vor allem ältere Menschen sind davon betroffen, dass das Herz nicht mehr ausreichend Leistung bringt, um den Körper mit Blut und Sauerstoff zu versorgen. 

In den vergangenen 30 Jahren ist die Inzidenzrate bei unter 50-Jährigen um circa die Hälfte gestiegen. Stand jetzt sind 10 % aller Herzinsuffizienz-Patienten unter 50 Jahre alt. Eine schwedische Studie fand eine mögliche Ursache für eine frühe Herzinsuffizienz.

Gut zu wissen: Symptome und Ursachen einer Herzinsuffizienz 

Bei einer Herzinsuffizienz (HI) ist das Herz nicht in der Lage, sich selbst und andere Organe ausreichend mit Blut und somit mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Der Körper versucht die unzureichende Pumpleistung zu kompensieren. Dauerhaft schädigt das das Herz jedoch noch mehr und so entsteht ein so genannter Circulus vitiosus, ein Teufelskreis.

Die Herzinsuffizienz ist ein komplexes Geschehen. Die Einteilung kann anhand verschiedener Kriterien erfolgen: Z. B. nach Stadien (NYHA Stadien 1–4), Lokalisation (Links- oder Rechtsherzinsuffizienz, auch beide Hälften möglich), diastolische oder systolische HI, akut (nach Herzinfarkt) oder chronisch (schleichende Entwicklung), Auswurfleistung des Herzens und einige mehr.

Symptome:

  • Atembeschwerden, Wasser in der Lunge
  • Müdigkeit/Erschöpfung/Schwäche
  • verminderte Leistungsfähigkeit
  • Herzrasen, aber niedriger Blutdruck
  • Wassereinlagerungen (Ödeme)
  • Schwindel und Übelkeit
  • abdominelle Schmerzen u.a.

Symptome bei Säuglingen/Kindern:

  • beschleunigter Puls
  • niedriger Blutdruck
  • kalte Extremitäten
  • Zyanose („blau anlaufen“)
  • Atembeschwerden und Husten
  • Trinkschwäche
  • Flüssigkeitseinlagerung mit sprunghafter Gewichtszunahme
  • Schwitzen

Häufigste Ursachen:

  • koronare Herzkrankheit (KHK) und Herzinfarkt
  • Vorhofflimmern
  • Herzklappenerkrankungen
  • Herzmuskelentzündungen
  • arterielle Hypertonie
  • Ein ungesunder Lebensstil begünstigt das Fortschreiten der Erkrankung
    • Risikofaktoren: Adipositas, körperliche Inaktivität, Diabetes mellitus, Nierenschwäche, starker Alkohol-Konsum

Ursachen bei Kindern:

  • häufig angeborener Herzfehler
  • selten Kardiomyopathie, Hypertonie, Rhythmusstörungen, metabolische Probleme

Große, schwedische Follow-up-Studie zu Herzinsuffizienz bei geborenen Kindern

Das Forscherteam um Dr. Fen Yang vom Karolinska Institut in Stockholm fand einen Zusammenhang zwischen großer Trauer von Schwangeren und einer Herzinsuffizienz bei den geborenen Kindern. 

Dafür untersuchten sie Daten aus schwedischen und dänischen Geburten- und Gesundheitsregistern. Insgesamt wurden 6,7 Millionen Geburten in die Beobachtung eingeschlossen, der längste Nachbeobachtungszeitraum war dabei 48 Jahre.

Pränataler Stress durch Tod von Angehörigen 

Ziel der Studie war es, zu untersuchen, ob und wie weit pränataler Stress beim Ungeborenen eine spätere Herzinsuffizienz bei den Nachkommen begünstigen kann. Als erfassbare Kenngröße dafür definierten die Forschenden Stress und Trauer der Mutter in der Schwangerschaft durch Verlust eines engen Verwandten (Stichwort: Broken-Heart-Syndrom). 

Im Beobachtungszeitraum erlitten knapp 168.000 (2,5 Prozent) der 6,7 Mio. Frauen einen schweren familiären Verlust während oder im Jahr vor der Schwangerschaft. Einbezogen wurde 

  • der Tod des Partners,
  • eines älteren Kindes,
  • der eigenen Geschwister oder
  • der Eltern.

Herzinsuffizienz-Risiko beim Baby durch starke, unerwartete Trauer der Mutter

In den folgenden 48 Jahren wurde bei 4.812 Nachkommen – also 0,07 Prozent aller betrachteten Geburten – eine Herzinsuffizienz diagnostiziert. Der Verlust eines Angehörigen der Mutter zeigte dafür nicht grundsätzlich eine Assoziation (bereinigte Hazard Ratio: 1.04; 95 % CI: 0.88–1.23). 

Anders sah es bei starker oder unerwarteter Trauer aus: Starker Stress verursacht durch den Tod des Partners oder eines älteren Kindes erhöhte das Risiko für eine Herzinsuffizienz des Kindes um 47 Prozent und damit signifikant (bereinigte Hazard Ratio: 1.47; 95 % CI: 1.06–2.04). 

Starben Geschwister oder Elternteile der werdenden Mutter, war das Risiko für eine Herzinsuffizienz nur signifikant erhöht, wenn es sich um eine unnatürliche Todesursache handelte. Dann war die Mutter aber scheinbar so belastet, dass das Risiko beim Baby sogar dreifach erhöht war (bereinigte Hazard Ratio: 2.77; 95 % CI: 1.49–5.17).

Die betroffenen Nachkommen der Mütter erhielten vor allem auffallend in jungen Jahren (< 18 Jahre) die Diagnose einer Herzinsuffizienz. Hatten die Kinder einen angeborenen Herzfehler oder kamen zu früh auf die Welt (Frühgeburt), verstärkte das die Assoziation und erhöhte das Risiko einer Herzinsuffizienz im Beobachtungszeitraum noch weiter.

Erhöhtes Herzinsuffizienz-Risiko bedingt durch Stresshormone

Die Herzinsuffizienz ist ein multifaktorielles Geschehen und eine komplexe Erkrankung. Die Ursachen lassen sich nicht immer vollends aufklären. Die Studienautoren schließen eine Verzerrung der Ergebnisse durch Genetik und Lebensstilfaktoren nicht aus. 

Sie vermuten als Ursache der Korrelation eine anhaltende Aktivierung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HNH-Achse) durch den starken Stress der Mutter. Diese Flut an Stresshormonen schaffe eine suboptimale Umgebung für das Ungeborene, was die fetale Entwicklung des Herzens negativ beeinflussen kann.

Stressauslösende Komplikationen wie Frühgeburten und fetale Wachstumsrestriktion sowie konventionelle Risikofaktoren wie Diabetes und Bluthochdruck können die Entstehung von Herzinsuffizienzen zusätzlich begünstigen. Ebenso auch familiär gehäuft auftretende kardiovaskuläre Risiken.

Weitere Studien notwendig

Zusammengefasst wurden die Ergebnisse von den Autoren folgendermaßen: „Wir fanden heraus, dass schwerer pränataler Stress mit einem erhöhten Risiko für eine Herzinsuffizienz der Nachkommen in deren ersten fünf Lebensdekaden assoziiert war und dass angeborene Herzfehler und Frühgeburten im Wesentlichen zu dieser Assoziation beitragen.“

Zukünftige Studien werden zeigen, ob häufigere, aber weniger schwere Stressereignisse während der Schwangerschaft auch mit einem gesteigerten Risiko für frühe Herzinsuffizienz beim Nachwuchs einhergehen. Quellen:
- https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Starker-Stress-in-der-Schwangerschaft-Herzinsuffizienz-beim-Kind-447390.html
- https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2213177924000775?via%3Dihub
- https://www.springermedizin.de/emedpedia/detail/paediatrie/herzinsuffizienz-und-hypoxaemie-bei-kindern-und-jugendlichen?epediaDoi=10.1007%2F978-3-642-54671-6_200#FPar17
- https://www.dhzb.de/ratgeber/herzinsuffizienz#c17019
 

Gut zu wissen: Herzinsuffizienz behandeln

Komplexe Therapiemöglichkeiten:

  • operative Möglichkeiten, je nach Ursache
  • Lebensstilanpassung
  • Blutdruckkontrolle
  • Arzneimitteltherapie je nach Ausprägung/Lokalisation/Besonderheiten z. B. durch
    • ACE-Hemmer oder Sartane
    • ARNI = Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor Entresto
    • Spironolacton/Eplerenon
    • Betablocker
    • SGLT-2-Inhibitoren wie Dapagliflozin (Forxiga) oder Empagliflozin (Jardiance)
    • Diuretika
    • Herzglykoside wie Digitoxin, Digoxin
    • selten: ISDN, Hydralazin, PDE-3-Hemmer
  • Pharmaka, die bei HI gemieden werden sollten
    • Calciumantagonisten ( z. B. Nifedipin, Verapramil, Diltiazem), besser Amlodipin
    • NSAR, außer ASS 100 mg zur TAH
    • Antiarrhythmika, außer Amiodaron
    • Alpha-Blocker wie Urapidil, Tamsulosin, Mirtazapin
    • negativ inotrope Substanzen (Kontraktionskraft beeinflussend) wie Carbamazepin, Itraconazol, trizyklische Antidepressiva
    • Vorsicht bei Metformin, Laktatazidosegefahr