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Fibrodysplasia ossificans progressiva: Was ist eigentlich FOP?

Jugendlicher hält sich schmerzende Hand
Die seltene Krankheit FOP (Fibrodysplasia ossificans progressiva) führt zur Versteifung des Bewegungsapparates. | Bild: Orawan / AdobeStock

Wo gestern noch ein Muskel war, ist heute plötzlich Knochen. So lässt sich das Hauptmerkmal der Fibrodysplasia ossificans progressiva (FOP) beschreiben. Bei der sehr seltenen genetischen Erkrankung können Muskeln, Binde- und Stützgewebe fortschreitend (progressiv) verknöchern (ossifizieren). Es bilden sich also Knochen außerhalb des Skelettsystems. 

FOP: zunehmende Verknöcherung und Versteifung

Die Verknöcherungen können bei einer FOP spontan erfolgen oder durch Gewebeverletzungen ausgelöst werden. Meist kündigen sie sich in Form schmerzhafter Schwellungen oder Beulen an. 

Dies geschieht bei vielen Betroffenen bereits im Kindes- und Jugendalter. Die Folge sind starke Bewegungseinschränkungen und eine zunehmende Versteifung. Am Ende der Pubertät sind häufig alle rumpfnahen großen Gelenke versteift, sodass sich die Jugendlichen nur noch eingeschränkt fortbewegen können.  

Schon frühzeitig versteifen außerdem Halswirbelsäule und Schultergürtel. Die Brustwirbelsäule kann nach vorne verkrümmen (Kyphose) und der Rumpf kann sich seitwärts verbiegen (Skoliose). Infolgedessen werden auch die Lungen nicht mehr ausreichend belüftet und es drohen zum Beispiel Lungenentzündungen. Im weiteren Krankheitsverlauf der FOP führen häufig Atemprobleme zum Tod. Die mittlere Lebenserwartung beträgt 40 Jahre.  

Gewebeverletzungen verursachen Knochenschübe

Die zunehmende Verknöcherung kann sowohl in Schüben als auch schleichend erfolgen. Insbesondere Verletzungen der Muskulatur, Stürze und Injektionen in den Muskel (z. B. bei Impfungen) sind bei den Betroffenen potenzielle Auslöser für eine fehlplatzierte Knochenneubildung. Chirurgische Eingriffe gilt es unbedingt zu vermeiden, da sie massive Knochenschübe auslösen können.  

Eine frühzeitige Diagnose der FOP kann viel unnötiges Leid verhindern. Beim Großteil der Betroffenen zeigt sich schon bei der Geburt ein klassisches Indiz: eine auffallende Verkrümmung der Großzehen (Hallus valgus) oder deren Verkürzung.  

Einzelne Mutation als Ursache der FOP

Allerdings ist die FOP so selten, dass die Symptome nicht unbedingt gleich richtig gedeutet werden. Nur eine von ungefähr zwei Millionen Personen erkrankt an FOP. Weltweit sind nur rund 700 Patienten bekannt. 

Ein genetischer Test liefert eine zuverlässige Diagnose. Denn Ursache für die Erkrankung ist eine Punktmutation in einem bestimmten Gen – dem sogenannten ACVR1-Rezeptorgen. Durch die Mutation kommt es zur Überaktivität des Rezeptors und einer gesteigerten Aktivität bestimmter Wachstumsfaktoren, wodurch der Knochenstoffwechsel entgleist. 

Wie die meisten genetischen Erkrankungen ist auch die FOP bisher nicht ursächlich behandelbar. Treten Schübe auf, kommen oftmals entzündungshemmende Arzneimittel zum Einsatz. Allerdings könnten in Kürze innovative Wirkstoffe verfügbar sein, die spezifisch in den Krankheitsprozess der abnormen Knochenbildung eingreifen. Sie werden derzeit in klinischen Studien, unter anderem in Deutschland, geprüft. In Kanada wurde im vergangenen Jahr mit Palovaroten (Sohonos™) bereits das erste Medikament zur Behandlung der FOP zugelassen. Quellen: FOP e.V.; Eva Luise und Horst Köhler Stiftung für Menschen mit Seltenen Erkrankungen; Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden; www.ipsen.com; Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V.  

Fibrodysplasia ossificans progressiva in Kürze

  • sehr seltene genetische Erkrankung; führt zur fortschreitenden Verknöcherung von Muskeln und Bindegewebe.
  • Verknöcherungsschübe spontan oder durch Gewebeverletzungen ausgelöst
  • Hauptkrankheitsaktivität meist im Kindes- und Jugendalter; zunehmende Versteifung von Gelenken und Wirbelsäule
  • verursacht schwere Behinderung; durch Verknöcherungen und Verkrümmungen wird auch die Lungenfunktion beeinträchtigt
  • bisher in Europa keine spezifische Therapiemöglichkeit, neue Medikamente aber im Prüfverfahren