Arzneiformen richtig anwenden
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Transdermale therapeutische Systeme (TTS): Wirkstoffhaltige Pflaster: So werden sie angewendet

Frau klebt durchsichtiges Pflaster auf Oberarm
Was ist bei der Anwendung von wirkstoffhaltigen Pflastern zu beachten? | Bild: ABDA

Bei den transdermalen therapeutischen Systemen (TTS) handelt es sich um Pflaster, bei denen ein Wirkstoff über die Haut in den Blutkreislauf gebracht wird. Dabei wird ein Wirkstoffdepot mit einem entsprechenden Freisetzungssystem auf die Haut aufgeklebt. Eine konstante Wirkstoffmenge pro Zeiteinheit kann freigesetzt werden und systemisch wirken. 

Welche transdermalen therapeutischen Systeme gibt es?

Transdermale Pflaster lassen sich von ihrem Aufbau her in zwei Kategorien unterteilen: in Membran- und Matrixpflaster. 

Bei den Membranpflastern liegt der Wirkstoff in einer Flüssigkeit oder einem alkoholhaltigen Hydrogel gelöst vor. Durch eine Kontrollmembran zwischen Haut und Wirkstoffdepot wird die Freisetzung der Substanz gesteuert. 

Bei einer Beschädigung der Kontrollmembran kann es zu einer schlagartigen Freisetzung des Wirkstoffs und damit zu einer gefährlichen Überdosierung kommen. Membranpflaster dürfen daher keinesfalls zerschnitten werden. 

Die mittlerweile häufiger vorkommenden Matrixpflaster bestehen aus einer dünnen Folie, auf die einseitig eine Klebeschicht aufgebracht ist. In dieser Klebematrix liegt der Wirkstoff gelöst oder suspendiert vor und diffundiert aus dieser Matrix heraus durch die Haut. 

Matrixpflaster weisen eine hohe Anwendungssicherheit auf, sind meist sehr dünn und fühlen sich angenehm auf der Haut an. Theoretisch könnten Matrixpflaster auch zerschnitten werden, da jedoch genaue Untersuchungen zur Sicherheit von zerschnittenen Pflastern fehlen, wird auch hier davon abgeraten. Zumal die wirkstoffhaltigen Pflaster mittlerweile in verschiedenen Stärken erhältlich sind und ein Zerschneiden damit überflüssig ist. 

Gut zu wissen: Pflaster mit Überschuss an Wirkstoff

Bei beiden transdermalen therapeutischen Systemen liegt der Wirkstoff in deutlichem Überschuss vor. Nur durch diese Überfüllung kann eine ausreichende Diffusionsgeschwindigkeit durch die Haut erreicht werden. 

Dieser Mehrgehalt an Arzneistoff zählt dabei nicht zur therapeutisch erforderlichen Wirkstoffmenge. Werden die Pflaster nach der vorgeschriebenen Anwendungsdauer von der Haut entfernt, enthalten sie daher noch einen beträchtlichen Restgehalt an Wirkstoff.

Welche Wirkstoffe werden mit TTS eingebracht?

Um über die Haut in den Blutkreislauf zu gelangen, müssen die Wirkstoffe bestimmte Eigenschaften aufweisen: 

  • Die Substanzen müssen die Hautbarriere durchdringen können. Am besten gelingt das lipophilen Wirkstoffen mit relativ geringer Molekülgröße. 
  • Zudem muss der Arzneistoff bereits bei niedriger Dosierung eine therapeutische Wirkung aufweisen. 

Zu den bekanntesten transdermal angewendeten Wirkstoffen gehören in Deutschland die beiden Opioide Fentanyl und Buprenorphin. Hinzu kommen zahlreiche weitere Substanzen wie Nicotin zur Raucherentwöhnung, Pflaster mit Glyceroltrinitrat zur Vorbeugung von Angina-pectoris-Anfällen oder hormonhaltige Pflaster zur Verhütung und zur Hormonersatzbehandlung in den Wechseljahren.

Welche Vor- und Nachteile haben wirkstoffhaltige Pflaster?

Ein großer Vorteil der transdermalen Anwendung ist die lange Wirkdauer der Darreichungsform. Der Wirkstoff kann daraus konstant über mehrere Tage abgegeben werden. Dadurch bleibt Patienten das mehrmals tägliche Schlucken von Tabletten oder Kapseln erspart. Auch können in der Nacht sinkende Wirkstoffspiegel umgangen werden. 

Transdermale Pflaster sind allerdings nicht zur Akutbehandlung geeignet. Nach dem Aufkleben auf die Haut werden ausreichende Wirkstoffspiegel erst nach einiger Zeit erreicht. Auch eine rasche Anpassung der Dosierung ist mit dieser Arzneiform nicht möglich. 

Pflaster aufkleben – worauf ist zu achten?

Die wirkstoffhaltigen Pflaster werden vom Patienten auf eine jeweils vorgeschriebene Körperstelle geklebt, das kann beispielsweise ein flacher Bereich des Oberkörpers, des Oberarms oder der Hüfte sein. 

Die betreffende Hautstelle muss dazu intakt, möglichst unbehaart, sauber und trocken sein. Vernarbte, tätowierte und kurz davor eingecremte Haut kann die Freisetzung des Wirkstoffs aus dem Pflaster verändern und ist daher zum Aufkleben ungeeignet. 

Vorhandene Haare werden mit einer Schere gekürzt. Rasieren ist nicht erlaubt, da dadurch kleine Verletzungen auf der Haut entstehen und die Wirkstoffaufnahme durch die Haut erhöht sein kann. 

Auch eine Reinigung der vorgesehenen Hautstelle mit Seife oder alkoholhaltigen Gesichtswässern verändert die Durchlässigkeit der Haut und darf daher nicht unmittelbar vor dem Aufkleben des Pflasters erfolgen. 

Zum Aufkleben wird das Pflaster mit der Klebefläche auf die Haut gedrückt, dabei darf die Klebefläche nicht berührt werden. Das Andrücken soll mit leichtem Druck meist zwischen 10 und 30 Sekunden erfolgen. Beschädigte Pflaster dürfen nicht verwendet werden. Eine konstante Freisetzung des Wirkstoffs wäre dann nicht mehr gewährleistet. 

Wirkstoffhaltige Pflaster: Wärme unbedingt vermeiden

Grundsätzlich sind die Pflaster wasserdicht, sodass normales Duschen, Baden und auch Schwimmen möglich ist. Zu beachten ist allerdings, dass eine Temperaturerhöhung des transdermalen therapeutischen Systems und der betreffenden Hautstelle zu einer erhöhten Wirkstofffreigabe und einer verbesserten Aufnahme über die Haut führt. 

Direkte Sonneneinstrahlung, heißes Baden und Duschen, Saunabesuche oder das Auflegen eines Heizkissens oder einer Wärmeflasche sind daher nicht erlaubt. Bei einer Erhöhung der Körpertemperatur in Folge von Fieber kann es vor allem bei der Anwendung von Opioid-Schmerzpflastern zum verstärkten Auftreten von Nebenwirkungen kommen. Die Patienten sollten daher Rücksprache mit ihrem Arzt halten. 

Wie werden wirkstoffhaltige Pflaster gewechselt?

Nach der vorgeschriebenen Anwendungszeit, die je nach Wirkstoff zwischen zwölf und 96 Stunden liegen kann, ist das gebrauchte Pflaster vorsichtig abzuziehen und bei Fortsetzung der Behandlung durch ein neues Pflaster zu ersetzen. 

Um Hautreizungen zu vermeiden, sollte die gleiche Hautstelle erst nach ungefähr einer Woche wieder benutzt werden. Damit der Pflasterwechsel am richtigen Tag erfolgt, sollten Datum und Uhrzeit der Applikation auf der Verpackung notiert werden. Das Pflaster selbst darf jedoch nicht beschriftet werden. 

Zur Entsorgung wird die gebrauchte Darreichungsform mit der Klebeseite nach innen gefaltet und fest aneinander geklebt. Anschließend kann das Pflaster in einem geschlossenen Beutel im Restmüll entsorgt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass das Pflaster nicht für Kinder zugänglich ist. 

Hinweise zur Lagerung von transdermalen Pflastern

Die Aufbewahrung der Pflaster zu Hause erfolgt bei Raumtemperatur. Eine Lagerung im Kühlschrank und bei Temperaturen von über 25 °C sind zu vermeiden, da es dadurch zu einer Änderung der Arzneistoffverteilung innerhalb des Pflasters und damit zu einem veränderten Abgabeverhalten kommen kann. 

Vor allem von älteren Patienten wurden transdermale Pflaster schon mit Wundpflastern verwechselt. Deshalb sollten diese deutlich getrennt von normalem Verbandmaterial aufbewahrt werden. Quellen
Kirchner W.: Arzneiformen richtig anwenden, Deutscher Apotheker Verlage, 4. Auflage, Stuttgart 2016.
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2005/daz-31-2005/uid-14373
https://www.deutschesapothekenportal.de/download/public/patienteninformationen/dap_patienteninformation_tts.pdf
https://www.hexal.de/patienten/ratgeber/arzneimittel-richtig-anwenden/transdermale-pflaster
Gebrauchsinformation Fentanyl-Hexal MAT 12 µg/h Transdermales Pflaster
 

Gut zu wissen: Besonderheiten von Fentanylpflastern

Der Wirkstoff Fentanyl zählt zu den Betäubungsmitteln und wird als Analgetikum bei starken chronischen Schmerzen eingesetzt. Aufgrund der ausgeprägten Lipophilie der Substanz gibt es bei der Anwendung von Transdermalpflastern einige Besonderheiten, die bei der Abgabe an Patienten genau erklärt werden sollen. 

Nach dem Aufkleben des Pflasters reichert sich das lipophile Fentanyl zunächst in der obersten Hautschicht, der Hornschicht, an und gelangt erst deutlich verzögert in den Blutkreislauf. 

Nach erstmaligem Aufkleben kommt es daher erst nach zwölf bis 24 Stunden zu einer analgetischen Wirkung. Die Temperatur der Haut beeinflusst den Blutspiegel in hohem Maß, sodass es bei einer Erwärmung leicht zu toxischen Werten kommen kann. Eine solche Überdosierung äußert sich meist durch eine ungewöhnliche Schläfrigkeit und eine langsame und flache Atmung. 

Werden solche schweren Nebenwirkungen bemerkt, sollte das Pflaster sofort entfernt und ein Arzt aufgesucht werden. Nach dem Entfernen des Pflasters kann das Wirkstoffdepot in der Haut noch über einige Stunden Fentanyl freisetzen. Patienten mit klinisch relevanten Nebenwirkungen müssen daher bis zu 24 Stunden beobachtet werden. 

Insbesondere bei hochwirksamen Schmerzpflastern ist eine sichere Entsorgung wichtig. Auch benutzte Pflaster können, wenn sie auf die Haut von Kindern oder in den Mund gelangen, tödliche Folgen haben.

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