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Was ist eigentlich das Stiff-Person-Syndrom?

Céline Dion
Céline Dion muss Konzerte absagen, da sie am Stiff-Person-Syndrom erkrankt ist. | Bild: IMAGO / ZUMA Press

Nur circa einer unter einer Million Menschen leidet an der neurologischen Erkrankung Stiff-Person-Syndrom. Zu diesen sehr seltenen Fällen gehört nun auch Céline Dion. Das gab die kanadische Sängerin vor ein paar Tagen bekannt. 

Schon seit längerer Zeit leide sie an gesundheitlichen Problemen, erklärte die 54-Jährige. Auch bei anderen Betroffenen dauert es oft mehrere Jahre, bis sie die richtige Diagnose erhalten. Denn das Stiff-Person-Syndrom äußert sich vielgestaltig. Häufig wird es zunächst als Parkinson-Krankheit, Multiple Sklerose oder Fibromyalgie fehlgedeutet. 

Charakteristische Symptome des Stiff-Person-Syndroms

Die englische Bezeichnung „stiff person“ – also „steife Person“ – drückt ein wesentliches Merkmal der Krankheit aus: eine zunehmende Körpersteifigkeit. Verursacht wird sie durch massive Steigerung des Muskeltonus, insbesondere der rumpfnahen Muskulatur. Oft kommt es zu Gangblockaden und Stürzen. So hat auch Céline Dion Schwierigkeiten beim Laufen. Zusätzlich sind ihre Stimmbänder betroffen, weshalb die Sängerin die für 2023 geplanten Europa-Konzerte verschieben bzw. absagen muss.  

Das Stiff-Person-Syndrom ist mit weiteren Symptomen verbunden. Dazu gehören schmerzhaft einschießende Muskelkrämpfe, mit denen auch Céline Dion zu kämpfen hat. Erhöhte Schreckhaftigkeit, Sensibilitätsstörungen und Skelettdeformierungen sind ebenfalls typisch für das Krankheitsbild. Manche Patienten leiden zusätzlich unter vegetativen Symptomen wie starkem Schwitzen oder beschleunigtem Puls. Auch Angstattacken bei motorischer und emotionaler Belastung sind charakteristisch.  

Wie entsteht das Stiff-Person-Syndrom?

Vom Stiff-Person-Syndrom sind deutlich mehr Frauen als Männer betroffen. Die Krankheit ist autoimmunologisch bedingt. Es bilden sich Autoantikörper gegen verschiedene Proteine, die an der hemmenden Neurotransmission beteiligt sind. Am häufigsten finden sich im Blut bzw. Liquor Autoantikörper gegen die Glutamat-Decarboxylase (GAD). Dieses Enzym katalysiert die Synthese des hemmenden Botenstoffs Gamma-Aminobuttersäure (GABA). Die autoimmune Störung führt zu einer Übererregbarkeit der Muskulatur.

Die Krankheit ist in der Regel chronisch, verläuft aber individuell unterschiedlich. Es können über Monate Verschlechterungen auftreten, eventuell gefolgt von einer jahrelangen stabilen Phase.  

Von Physiotherapie bis Immunmodulation

Mit gezielter Physiotherapie und antispastischen Substanzen wie Diazepam oder Clonazepam, außerdem Muskelrelaxantien wie Baclofen oder Tizanidin und vereinzelt Botulinumtoxin wird das Stiff-Person-Syndrom symptomatisch behandelt. 

Reicht diese Therapie nicht aus, werden zur Langzeitbehandlung Immuntherapeutika eingesetzt, vor allem Corticosteroide wie Methylprednisolon und Immunglobuline. In Einzelfällen kommen Rituximab oder Plasmapheresen (außerhalb des Körpers stattfindende Blutreinigungsverfahren) zum Einsatz. 

Unter der Therapie stellt sich häufig eine deutliche und langanhaltende Besserung ein. Darauf hoffen auch Céline Dion und ihre Fans. Die Sängerin wird derzeit von einem großen Ärzteteam betreut. Täglich arbeitet sie zudem mit einem medizinischen Sporttherapeuten. Ihr größter Wunsch sei es, möglichst bald auf die Bühne zurückzukehren, wie sie in einem YouTube-Video bekennt. Quellen: Deutsche Hirnstiftung; Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN); Orpha.net; Stiff-Person Vereinigung Deutschland e.V.; www.celinedion.com  

Stiff-Person-Syndrom in Kürze

  • Sehr seltene chronische Autoimmunerkrankung des ZNS
  • Hauptsymptome: erhöhte Muskelspannung mit Muskelverhärtungen und Steifigkeitsgefühl; oft auch einschießende schmerzhafte Muskelspasmen; außerdem Gangstörungen, Stürze. Möglich sind weitere, z. B. vegetative und neuropsychiatrische Symptome.
  • Ursache: Autoantikörper gegen Proteine, die an hemmender Neurotransmission beteiligt sind, vor allem gegen Glutamat-Decarboxylase
  • Meist schleichender Beginn, schubweise fortschreitend, lange stabile Phasen möglich; Frauen häufiger betroffen
  • Behandlung mit Physiotherapie, Muskelrelaxanzien, Immuntherapeutika