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Der besondere Rückblick: Als die moderne Krankheitslehre entstand

Bild: rolfkremming / Adobe Stock

Eine revolutionäre Theorie

Heutzutage lernt es jeder Schüler, doch als Rudolf Virchow (1821–1902) wirkte, sorgte diese Theorie für Aufsehen: Ein Organismus ist aus lauter einzelnen Zellen aufgebaut und die Zellen gehen auseinander hervor. „Wo eine Zelle entsteht, da muss eine Zelle vorausgegangen sein“, postulierte Virchow. Er formulierte dazu den griffigen lateinischen Lehrsatz: „Omnis cellula a cellula“ (zu Deutsch: „Jede Zelle geht aus einer anderen Zelle hervor“).

Säfte haben ausgedient

Basierend auf dieser Zellenlehre entwickelte Virchow auch sein pathologisches Konzept: Jede Krankheit ist auf Defekte in den Zellen zurückzuführen. Seine Lehre besagt also, dass die Ursachen von Krankheit und Gesundheit grundsätzlich in den Vorgängen der Körperzellen zu suchen sind. Diese Aussage ist für uns heute selbstverständlich. Im Jahre 1858 brachte sie jedoch ein jahrhundertealtes Weltbild zu Fall. Bis dahin hielten nämlich noch viele Wissenschaftler am sogenannten humoralpathologischen Konzept – der „Säftelehre“ – fest. Die Säftelehre ging davon aus, dass alle Erkrankungen auf einer fehlerhaften Zusammensetzung der Körperflüssigkeiten beruhen.

Grundstein der modernen Medizin

Virchows Konzept wurde zur Basis für die weitere Krankheitsforschung. In unserer Zeit konnten Molekularbiologie und Biochemie natürlich auch Strukturen und physiologische Vorgänge innerhalb der Zelle entschlüsseln. Anders als für Virchow gilt daher für uns heute die Zelle nicht mehr als kleinste Einheit. Dennoch kann man ohne Übertreibung sagen, dass Virchow mit seiner Zellularpathologie den Grundstein für die moderne Medizin legte.

Strafe für politisches Engagement

Rudolf Virchow war nicht nur Forscher. Er setzte sich als Arzt auch dafür ein, die krankmachenden Lebensbedingungen vor allem der armen Bevölkerung zu verbessern. Für sein gesellschaftspolitisches Engagement und seine Beteiligung an der Revolution im Jahr 1848 wurde er abgestraft: Er musste Berlin für einige Jahre verlassen. Doch er kehrte zurück und wurde Leiter des neu errichteten pathologischen Instituts an der Charité. Im Jahr 1858 verkündete er dann seine Zellularpathologie. Der Pathologe Rudolf Virchow setzte sich dafür ein, dass nicht nur in Berlin, sondern auch in anderen Orten Pathologische Institute entstehen konnten. Quellen: Eckart: Geschichte der Medizin, Springer 2005; Julius-Maximilians-Universität Würzburg; Ludwig-Maximilians-Universität München; Rudolf-Virchow-Zentrum