Meine PTAheute
5 min merken gemerkt Artikel drucken

mehr wissen: Zuzahlung: Bezahlen trotz Rezept?

Gespräche wie das folgende kennen sicherlich viele aus der Apotheke: „Dann bekomme ich 7,50 Euro von Ihnen.“ – „Wieso, ich habe doch ein Rezept vom Arzt, und letztes Mal musste ich nichts bezahlen …“ Gut, wenn man erklären kann, was es damit auf sich hat.

Wie errechnen sich Zuzahlungsbeträge?

Mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) im Jahr 2004 wurde eingeführt, dass alle Versicherten ab 18 Jahren einen Eigenbeitrag an die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu zahlen haben, wenn sie ein Arzneimittel auf Kassenrezept in der Apotheke erhalten – die sogenannte Zuzahlung. Diese Zuzahlungsbeträge leitet die Apotheke dann weiter an die Krankenkassen. Den Rest der Kosten für das Arzneimittel trägt die GKV. Wie sich Zuzahlungsbeträge errechnen, ist in § 61 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) festgelegt: „Zuzahlungen, die Versicherte zu leisten haben, betragen 10 vom Hundert des Abgabepreises, mindestens jedoch 5 Euro und höchstens 10 Euro; allerdings jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. […]“ Die Zuzahlung fällt pro Arzneimittelpackung an, nicht pro Rezept. Der Eigenanteil von bis zu 10 Euro soll bei Versicherten einen verantwortungsvollen und kostenbewussten Umgang mit Leistungen der GKV bewirken. Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr sind von der Zuzahlungspflicht befreit.

Wann fällt keine Zuzahlung an?

Für ein rezeptpflichtiges Arzneimittel muss nicht immer eine Zuzahlung anfallen. Nach dem Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG) aus dem Jahr 2006 kann der Spitzenverband der Krankenkassen besonders preisgünstige Arzneimittel von der Zuzahlung befreien. Voraussetzung ist, dass der Preis mindestens 20 % unter dem Festbetrag liegt. Ärzte sollen damit auf das Preis-Leistungs-Verhältnis achten und präferiert zuzahlungsfreie Medikamente verordnen. Zu finden ist die Regelung in § 31 Abs. 3 Satz 4 SGB V: „Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind.“ Auch aufgrund von Rabattverträgen können Arzneimittel zuzahlungsbefreit sein. Grundlage hierfür ist das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (WSG), das 2007 in Kraft trat. Schließt eine Krankenkasse also Rabattverträge mit einem Arzneimittelhersteller ab, kann sie ihre Versicherten für Präparate dieses Herstellers zur Hälfte oder komplett von der Zuzahlung befreien. Wenn sich Patienten freuen, dass sie für ihr Medikament nichts zahlen müssen, kann das beim nächsten Apothekenbesuch wieder anders aussehen. Passen die Hersteller ihre Preise an (was 14-tägig möglich ist), können sich die zuvor befreiten Präparate ändern. Für Harn- und Blutteststreifen fällt in der Regel grundsätzlich keine Zuzahlung an.

Zuzahlungsbefreit und trotzdem zahlen?

Manchmal lösen Eltern ein Rezept für ihr Kind ein und stellen erstaunt fest, dass sie etwas zahlen müssen, obwohl die Kosten der Arzneimittel für Kinder doch eigentlich von der Krankenkasse erstattet werden. Grund dafür sind die sogenannten Festbeträge, von der GKV festgelegte Erstattungsobergrenzen für bestimmte Arzneimittelgruppen. Liegt der Preis eines Präparats über dem Festbetrag, sind die Mehrkosten vom Versicherten selbst zu tragen. Mehrkosten können zusätzlich zur Zuzahlung anfallen und müssen auch von zuzahlungsbefreiten Patienten bezahlt werden.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Zuzahlung beträgt 10 % des Verkaufspreises, mindestens 5 Euro und höchstens 10 Euro. Dabei liegt sie jedoch niemals über den tatsächlichen Kosten des Arzneimittels.
  • Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr sind zuzahlungsbefreit.
  • Bei Arzneimitteln können die Zuzahlungen aufgrund von Rabattverträgen oder weil sie besonders preisgünstig sind entfallen.
  • Patienten, deren Belastungsgrenze (abhängig vom Jahresbruttoeinkommen) erreicht ist, können sich eine Zuzahlungsbefreiung bei ihrer Krankenkasse ausstellen lassen.
  • Zusätzlich zu Zuzahlungen können in der Apotheke Mehrkosten anfallen, die auch zuzahlungsbefreite Patienten leisten müssen.

Belastungsgrenze erreicht?

Bei der GKV versicherte Patienten können sich von der Zuzahlungspflicht befreien lassen, wenn sie die sogenannte Belastungsgrenze erreicht haben. Die je nach Versichertem individuelle Belastungsgrenze liegt bei 2 % des Jahresbruttoeinkommens. Für chronisch Kranke liegt diese bei 1 % des jährlichen Bruttoeinkommens. Die Patienten können dann eine Zuzahlungsbefreiung bei ihrer Krankenkasse beantragen. Sobald diese vorliegt, wird in der Arztpraxis direkt bei der Rezeptausstellung das Feld „Gebühr frei“ angekreuzt. Wurde das Feld versehentlich nicht markiert, kann sich das Apothekenpersonal den Befreiungsausweis zeigen lassen und einen Vermerk auf dem Rezept notieren.

Exkurs: Haus- und Facharztprogramm

Es gibt zum Beispiel bei der AOK Baden-Württemberg das sogenannte Hausarzt- bzw. Facharztprogramm. Versicherte, die daran teilnehmen, erhalten spezielle Boni, unter anderem den Wegfall von Zuzahlungen bei rabattierten Arzneimitteln. Beim Hausarztprogramm soll der Hausarzt als zentrale Anlaufstelle fungieren. Für einen Besuch beim Facharzt benötigen Patienten dann eine Überweisung des Hausarztes (mit Ausnahmen). Mit der Teilnahme am Facharztprogramm verpflichten sich Patienten unter anderem, Fachärzte in Anspruch zu nehmen, die mit der Krankenkasse Verträge geschlossen haben. Auch für die kinder- und jugendärztliche Versorgung existiert solch ein Programm, das mit anderen Vorteilen, wie der Kostenübernahme von OTC-Arzneimitteln bis zum vollendeten 18. Lebensjahr, wirbt. •

Nadine Heisel

Apothekerin

DeutschesApothekenPortal, Köln

autor@ptaheute.de