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mehr wissen: Aus dem Gleichgewicht?

von Annina Bergner

Hormone sind körpereigene Substanzen, die der Regulation zahlreicher Funktionen des menschlichen Körpers dienen. Sie werden von hormonbildenden Zellen in die Blutgefäße oder das umliegende Gewebe abgegeben und tragen unter anderem entscheidend zur Regulation des Energie- und Wasserhaushalts im Körper bei. Weiterhin spielen sie eine wichtige Rolle für das Wachstum und bei der Fortpflanzung. Die meisten Hormone werden nach einem bestimmten Rhythmus ausgeschüttet, der von der Tageszeit, den Mahlzeiten und auch von äußeren Einflüssen bestimmt wird. Sie haben eine zeitlich begrenzte Wirkung und werden im Zielgewebe meist rasch wieder abgebaut.

Äußere Einflüsse

In bestimmten Lebensabschnitten wie der Pubertät, während einer Schwangerschaft oder in den Wechseljahren sind Schwankungen im Hormonhaushalt normal. Doch auch der Lebensstil beeinflusst das hormonelle Gleichgewicht. Starke Belastungen und Stress führen zu einer verstärkten Produktion von Cortisol, einem Hormon der Nebennierenrinde. Erhöhte Spiegel an Cortisol wirken negativ auf den Schlaf, können den Menstruationszyklus und damit die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und auch zu einer gestörten Produktion von Schilddrüsenhormonen führen. Untersuchungen haben gezeigt, dass hoher Alkoholkonsum und Zigarettenrauch ebenfalls zu einer verstärkten Ausschüttung von Cortisol führen. Durch schlechten Schlaf bildet der Körper wiederum weniger Leptin, ein Hormon, das im Fettgewebe produziert wird und für das Sättigungsgefühl sorgt. So können Schlafstörungen die Entstehung von Übergewicht begünstigen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein ausgeglichener Hormonhaushalt ist für verschiedenste Körperfunktionen unerlässlich.
  • Phytoestrogene sind als Substanzen mit estrogenartiger Wirkung bekannt.
  • Einen eindeutigen wissenschaftlichen Nachweis, dass bestimmte Lebensmittel einen Einfluss auf den Hormonstoffwechsel haben, gibt es bisher nicht.

Kann man den Hormonhaushalt selbst beeinflussen?

Durch Stressreduktion lässt sich der Cortisolspiegel im Blut vermindern, wodurch sich meist auch der Schlaf bessert. Die genauen Einflussfaktoren sind aber noch wenig untersucht. Ansonsten sind die persönlichen Einflussmöglichkeiten auf den Hormonspiegel gering. Es gibt bisher nur wenig wissenschaftliche Erkenntnisse, ob die Zufuhr bestimmter Nahrungsmittel den Hormonhaushalt positiv beeinflussen kann.

Soja und Leinsamen als Phytoestrogene

Am bekanntesten dürfte der Einfluss bestimmter Lebensmittel auf den Estrogenhaushalt sein. Estrogen gilt als eines der wichtigsten weiblichen Sexualhormone. Es ist unter anderem entscheidend an der Steuerung des weiblichen Zyklus beteiligt. Ein reduzierter Estrogenspiegel in den Wechseljahren wird für die typischen Beschwerden wie Hitzewallungen, Scheidentrockenheit und Schlaflosigkeit verantwortlich gemacht. Dieser Mangel soll – laut Tipps aus dem Internet – durch Zufuhr von Phytoestrogenen aus der Nahrung ausgeglichen werden können. Bei diesen handelt es sich um sekundäre Pflanzenstoffe, die eine ähnliche Wirkung wie das körpereigene Hormon haben. Bekannte Pflanzeninhaltsstoffe mit estrogenähnlicher Wirkung sind die Isoflavone und die Lignane. Untersuchungen konnten zudem Hinweise liefern, dass eine Ernährung mit hohem Isoflavon- und Lignangehalt das Risiko für bestimmte Krebsarten reduzieren kann. Isoflavone sind reichlich in Sojabohnen und deren Produkten wie Tofu, Sojamilch und Sojajoghurt enthalten, Lignane finden sich in Leinsamen und Kürbiskernen, in geringeren Mengen auch in Nüssen und Getreide. Ein Verzehr der genannten Lebensmittel soll – neben einer Reduktion des Krebsrisikos – einen positiven Einfluss auf Beschwerden in den Wechseljahren haben. Letzteres konnte allerdings nicht durch die Mehrheit der durchgeführten Untersuchungen gezeigt werden.
Walnüsse sollen den Melatoninspiegel im Blut erhöhen. | Foto: klaravlas – iStockphoto.com

Senfölglykoside aus Gemüse

Zur Pflanzenfamilie der Brassicaceae gehören zahlreiche Gemüsesorten wie Brokkoli, Blumenkohl, Grünkohl, Rosenkohl und Kohlrabi. Auch diese enthalten bestimmte sekundäre Pflanzenstoffe, die sich positiv auf den Hormonhaushalt auswirken könnten. Bekannt ist in diesem Zusammenhang das aus Senfölglykosiden entstehende Indol-3-Carbinol. Es könnte einen Einfluss auf den Estrogenspiegel haben. Unter dem Einfluss von Indol-3-Carbinol konnte in Tierversuchen und Zellkulturen eine krebshemmende Wirkung gezeigt werden. Studien am Menschen gibt es darüber aber nicht, sodass auch hier der Einfluss der Substanz noch nicht genau geklärt ist.

Auch Walnüsse sollen den Hormonhaushalt regulieren

Walnüsse gelten als gesunde Snacks, sie haben einen hohen Anteil an Antioxidanzien und Omega-3-Fettsäuren. Weiterhin sollen Walnüsse die Produktion des Schlafhormons Melatonin begünstigen. Menschen, die unter Schlafstörungen leiden, sollen durch den abendlichen Verzehr von Walnüssen besser einschlafen können. Auch hier ist der genaue Zusammenhang aber unklar und wissenschaftliche Untersuchungen fehlen.

Wie erkläre ich es meinen Kunden?

  • „Sie haben im Internet gelesen, dass Sie Ihren Hormonspiegel durch bestimmte Nahrungsmittel beeinflussen können. Hierzu gibt es bisher nur wenig wissenschaftliche Erkenntnisse.“
  • „Walnüsse haben einen hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren und sollen die Produktion von Melatonin begünstigen. Der genaue Zusammenhang ist jedoch noch unklar.“
  • „Sie leiden unter Schlafstörungen? Das kann an einem erhöhten Cortisolspiegel liegen. Haben Sie zurzeit viel Stress?“

Allgemeine Empfehlung

Einen eindeutigen Nachweis, dass einzelne Lebensmittel den Hormonhaushalt beeinflussen können, gibt es bisher nicht. Wird eine Hormonstörung vermutet, muss diese unbedingt ärztlich abgeklärt werden. Allein durch Zufuhr bestimmter Nahrungsmittel lässt sich diese mit Sicherheit nicht beheben. Es spricht aber nichts dagegen, die vorgestellten Lebensmittel regelmäßig in den Speiseplan einzubauen. Es handelt sich dabei um gesunde Nahrungsmittel, die einen wichtigen Beitrag zu einer vollwertigen Ernährung liefern. •

Dr. Annina Bergner

Apothekerin, Fachjournalistin

Höchberg

autor@ptaheute.de