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mein Beruf: Burn-out: Kein Feuer mehr

von Minou Hansen

PTA, die sich rund um das Thema Burn-out fortgebildet oder intensiver damit beschäftigt haben, betrachten das Team anschließend oft mit anderen Augen. Besonders, wenn ihnen eine Kollegin oder ein Kollege durch sein Verhalten Sorge bereitet. Wem die Anzeichen von Burn-out dagegen nicht vertraut sind, der wird sie im stressigen Alltag häufig übersehen. Oft ärgert man sich sogar darüber, dass eine Kollegin immer wortkarger wird oder sich ein Kollege gar nicht mehr an gemeinsamen Aktivitäten beteiligt.

Vielleicht merkt man auch an sich selbst Veränderungen, zum Beispiel, dass man schlecht schläft und häufig erschöpft ist. Kommt dazu noch ein unbehagliches Gefühl, wenn man an den nächsten Arbeitstag denkt, kann es an der Zeit sein, sich einmal Gedanken über einen möglichen Burn-out zu machen.

Stress kann zu Gefühlskrise führen

Burn-out – oder auch Burn-out-Syndrom – ist zwar in aller Munde, aber was genau bedeutet das eigentlich? Laut Wikipedia ist Burn-out ein Oberbegriff für bestimmte Arten von persönlichen Krisen, die als Reaktion auf andauernden Stress und Überlastung am Arbeitsplatz auftreten. In vielen Apotheken herrscht Personalmangel bei gleichzeitiger Verdichtung der Arbeit, sodass Stress und Überlastung vielerorts an der Tagesordnung sind. Kein Wunder also, dass es selbst in diesem Gesundheitsberuf viele Menschen gibt, die wortwörtlich einfach ausgebrannt sind.

Wie stellt man nun fest, ob die Kollegin oder der Kollege einfach der muffelige, wortkarge Typ ist oder ob er oder sie tatsächlich an einem Burn-out erkrankt ist?

Missgeschicke und fehlende Motivation

Über das Privatleben und das Freizeitverhalten der betreffenden Person wird man meist keine oder nur wenige Informationen haben. Es lohnt sich deshalb das aufmerksame Betrachten am Arbeitsplatz: Macht die Kollegin plötzlich Fehler und wirkt unkonzentriert? Es kann auch sein, dass sie unangemessen gereizt reagiert, wenn etwas den normalen Ablauf stört oder sie gar auf Fehler oder Missgeschicke hingewiesen wird. Ein Hinweis kann auch fehlende Motivation sein. So fällt möglicherweise auf, dass der Kollege, mit dem man tolle Fortbildungen besucht hat, plötzlich gar nicht mehr für Veranstaltungen zu begeistern ist, die außerhalb der Arbeitszeit stattfinden. Kommen gar häufigere oder längere Ausfallzeiten wegen Krankheit hinzu, kann ein Burn-out sogar schon fortgeschritten sein. Vielleicht merkt man ein solches Verhalten auch an sich selbst. Oder das familiäre Umfeld spricht einen darauf an, dass man sich verändert hat.

Ist man selbst betroffen, kann man auf zwei Wegen parallel vorgehen. Der eine Weg betrifft die Situation am Arbeitsplatz, die verändert werden muss. Der andere Weg ist die eigene Gesundheitsfürsorge.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Burn-out ist eine persönliche Krise, die durch ständigen Stress am Arbeitsplatz ausgelöst werden kann.
  • Anzeichen für einen Burn-out können schlechter Schlaf, Erschöpfung, fehlende Konzentration und/oder Motivation sowie Wortkargheit und Isolation von anderen Menschen sein.
  • Um die auslösende Situation am Arbeitsplatz zu verbessern, sollte eine Lösung mit der Apothekenleitung gesucht werden. Gleichzeitig sollte man gemeinsam mit einem Arzt Maßnahmen für die psychische Gesundheit ergreifen.

Sagen, wenn es einem schlecht geht

In der Apotheke besteht als Erste-Hilfe-Maßnahme die Möglichkeit einer Überlastungsanzeige. Damit teilt man der Apothekenleitung mit, dass man konkret durch äußere Umstände nicht mehr gewährleisten könne, die eigene Arbeit fehlerfrei zu erledigen. Falls man sich bereits Gedanken gemacht hat, was verbessert werden könnte, sollte man seine Ideen am besten gleich vorschlagen, um schnell eine Verbesserung zu erreichen. So kann man zum Beispiel verabreden, dass immer nur eine bestimmte, vorher festgelegte Zeit im HV verbracht wird. Das Gleiche gilt dann für Labor oder Backoffice, um nicht ständig in den HV gehen zu müssen. So werden bestimmte Zeitfenster garantiert, in denen eine begonnene Arbeit ohne Unterbrechungen beendet werden kann.

Manchmal sind es auch Umstände, die gar nichts mit der Apotheke selbst zu tun haben, die zu einem Burn-out führen können, zum Beispiel eine belastende Situation in der Familie. Wer gerade eine Scheidung durchmacht oder einen Todesfall zu verarbeiten hat, verfügt meist nicht mehr über ausreichende emotionale Kraft, stressige Situationen in der Apotheke zu bewältigen. Hier ist Transparenz gefragt: Auch wenn man sich scheut, Privates an den Arbeitsplatz zu tragen – es wird niemand helfen können, wenn man die Hilfsbedürftigkeit nicht signalisiert.

Apothekenleitungen müssen eine Gefährdungsbeurteilung für die einzelnen Arbeitsplätze in der Apotheke erstellen. Auch die psychische Gefährdung muss überwacht werden. Gerade Bereiche, in denen man häufig unterbrochen wird, sind belastend. Hinzu kommt, dass alle Teammitglieder täglich mit dem Schicksal kranker Menschen konfrontiert werden. Auch das kann auf Dauer an den eigenen emotionalen Kraftreserven zehren.

An die eigene Gesundheit denken

Der zweite Weg, der unabhängig von der Arbeitssituation beschritten werden muss, ist der Kontakt zum Hausarzt, um sich untersuchen zu lassen und, falls erforderlich, medizinische Maßnahmen zu ergreifen. Das fällt vielen schwer, weil sie nicht jammern wollen. Ein gängiges Argument zur Verdrängung lautet dann: „Es gibt viele Menschen, denen es noch schlechter geht.“ Aber gerade Menschen in Gesundheitsberufen achten oft viel zu wenig auf ihre eigene körperliche und emotionale Gesundheit. Dabei ist man in erster Linie auch für die eigene Gesundheit verantwortlich.

Mitgefühl, Verständnis und Hilfe

Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, dass man selbst den Arbeitsalltag gut bewältigt, aber das Gefühl hat, eine Kollegin oder ein Kollege steuert auf einen Burn-out zu. Eigentlich ist es die Aufgabe der Apothekenleitung, die Teammitglieder im Auge zu behalten. Oftmals haben aber Teammitglieder, die eng zusammenarbeiten, einen besseren Einblick als die Leitung.

Der erste Schritt sollte immer sein, die betreffende Person anzusprechen. Das sollte nicht vorwurfsvoll geschehen, indem man auf Fehler hinweist oder das Gegenüber mit einer potenziellen Diagnose wie „Ich glaube, du hast einen Burn-out“ überfällt. Dadurch würde man die Kollegin oder den Kollegen in eine Verteidigungsposition drängen und das Gespräch wäre vermutlich schnell zu Ende. Besser ist es, in der Ich-Form zu bleiben: „Ich mache mir Sorgen um dich.“ Wenn man ein gutes Vertrauensverhältnis hat und die Person in einem günstigen Moment erwischt, kann sich ein Gespräch entwickeln und man erfährt mehr über die Hintergründe. Dabei sollte man vorschnelle Bewertungen und gut gemeinte Ratschläge vermeiden, da sich die betroffene Person bestimmt schon selbst Gedanken gemacht hat und sich durch hastige Tipps nur bedrängt fühlt. Wenn man Glück hat und sich die Kollegin oder der Kollege öffnet, kann man sich eventuell gemeinsam über Hilfsangebote wie Selbsthilfegruppen informieren – die gibt es auch online und sie können eine erste Unterstützung bieten.

Nicht jeder möchte Hilfe annehmen

Es kann auch passieren, dass die Person abblockt und einen abweist. Wenn man dann deutlich macht, dass man aus Fürsorge handelt, kann es sein, dass die Person zu einem späteren Zeitpunkt doch Kontakt sucht. Dann muss man aufmerksam zuhören. Vielleicht gibt es etwas, das man selbst tun kann, um die Kollegin oder den Kollegen zu entlasten. So könnte man anbieten, vorübergehend Aufgaben oder Arbeitszeiten zu übernehmen, die eine außerordentliche Belastung für die Kollegin oder den Kollegen darstellen – vorausgesetzt, dass man dadurch nicht selbst überlastet wird. Ebenso sollte man die Person dazu ermutigen, die Apothekenleitung oder, falls vorhanden, den Betriebsarzt anzusprechen.

Auch wenn man alles richtig gemacht hat, kann es trotzdem sein, dass die Kollegin oder der Kollege nicht bereit ist, Kontakt zu suchen. Möglicherweise kann ein anderes Teammitglied helfen, das einen besseren Draht zur betroffenen Person hat. Dabei muss man aber immer Vertrauen und Vertraulichkeit beachten! Niemand schätzt es, zum Gesprächsgegenstand im Team zu werden, und jede oder jeder hat auch das Recht, Hilfsangebote nicht anzunehmen.

Den Arzt nicht außen vor lassen

Macht eine Kollegin oder ein Kollege so weiter wie bisher und man beobachtet weiterhin Unkonzentriertheit oder Fehler, kann es als letzte Maßnahme erforderlich sein, die Apotheken- oder Filialleitung anzusprechen. Auch das sollte nicht vorwurfsvoll, sondern fürsorglich und wertschätzend geschehen. Die Leitung ist für das Team verantwortlich und muss ganz im Sinne der Gefährdungsbeurteilung Maßnahmen treffen, die gesundheitliche Schäden von den Mitarbeitenden abwenden.

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung kann die zuständige Person das Gespräch suchen und für Abhilfe sorgen. Auch hier sollte man immer ärztliche Unterstützung einbeziehen. Gerade bei fortgeschrittenem Burn-out wird oftmals die Umgestaltung des Arbeitsplatzes allein nicht ausreichend sein. Es kann gut sein, dass eine medikamentöse Behandlung oder Verhaltenstherapien erforderlich sind. Schlimmstenfalls kommt der Arzt zu dem Schluss, dass die Kollegin oder der Kollege gar nicht arbeitsfähig ist, und verordnen zusätzlich häusliche Regeneration. Entscheidend ist, dass Betroffene wieder Freude am schönen PTA-Beruf finden! •

Minou Hansen

Leitung Rechtsabteilung bei ADEXA – Die Apothekengewerkschaft

autor@ptaheute.de