Labor
In dieser Serie finden Sie Informationen zu gängigen Nachweismethoden aus dem Apothekenalltag sowie Vorgaben für die Prüfung von Ausgangsstoffen. 
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Identitätsprüfung: Nasschemische Nachweise in der Apotheke

PTA führt Nachweisprüfungen im Labor durch
Zur Überprüfung auf Identität von Arzneistoffen kommen in der Apotheke unter anderem auch nasschemische Nachweise zum Einsatz. | Bild: Kadmy / AdobeStock

Ausgangsstoffe zur Herstellung von Arzneimitteln müssen laut Apothekenbetriebsordnung in ordnungsgemäßer Qualität vorliegen. Um diese pharmazeutische Qualität sicherzustellen, müssen Identität, Reinheit und Gehalt der Substanzen nach der gültigen Arzneibuchmonografie bestimmt werden. Diese Prüfungen müssen aber nicht notwendigerweise in der Apotheke erfolgen. 

Normalerweise werden Wirk- und Hilfsstoffe zur Rezepturherstellung mit einem Prüfzertifikat geliefert, darin werden die bereits durchgeführten Prüfungen detailliert beschrieben. Enthält das Prüfzertifikat alle geforderten Informationen, muss in der Apotheke bei der Eingangsprüfung nur die Identität der gelieferten Substanz festgestellt werden. 

Damit lassen sich Fehler beim Abfüllen oder Etikettieren ausschließen, die beim Herstellungsprozess auftreten können.

Identitätsprüfung nach Arzneibuch

In den jeweiligen Arzneibuchmonografien finden sich bei den Identitätsprüfungen meist zwei sogenannte Identifikationsreihen, die mit den Ziffern 1 und 2 gekennzeichnet sind. 

Die Prüfungen der 1. Identifikationsreihe können prinzipiell immer durchgeführt werden. Diese sind jedoch für die Industrie gedacht und enthalten oft Verfahren, die in der Apotheke mit der üblichen Laborausstattung nicht durchgeführt werden können. 

Speziell für die Offizin ist dagegen die 2. Identifikationsreihe. Die darin aufgeführten Prüfungen können bei Vorhandensein eines gültigen Prüfzertifikats durchgeführt werden.

Prüfung auch nach alternativer Identifizierung möglich

Beim Vorliegen eines Prüfzertifikats können Ausgangsstoffe auch nach den Prüfverfahren der alternativen Identifizierung nach DAC/NRF geprüft werden. Für mehr als 1.000 apothekenübliche Substanzen gibt es dazu Prüfvorschriften, um zu überprüfen, ob der Inhalt eines Gefäßes der Deklaration entspricht. 

Zur Feststellung der Identität müssen immer zwei verschiedene Prüfungen durchgeführt werden. In Betracht kommen verschiedene physikalische Verfahren oder nasschemische Nachweise.

Zur Erinnerung: Physikalische Verfahren zur Identitätsprüfung

Mit Methoden der physikalischen Chemie kann in der Apotheke die Identität einer Substanz überprüft werden. Folgende Verfahren kommen dabei häufig zum Einsatz:

Beim Wirkstoff Amfetaminsulfat soll beispielsweise neben der Überprüfung des Aussehens auch die Schmelztemperatur bestimmt und zusätzlich ein nasschemischer Nachweis auf das Sulfat-Anion durchgeführt werden.

Nasschemische Reaktionen als Identitätsprüfung

Bei nasschemischen Nachweisen handelt es sich um Identitätsreaktionen auf Ionen, die in wässrigen Lösungen ablaufen. Die zu untersuchende Substanz wird dazu zunächst aufgelöst und anschließend mit genau beschriebenen Reagenzien versetzt. Dabei kommt es zu sichtbaren, chemischen Reaktionen. Meist bildet sich ein Niederschlag in Form eines schwerlöslichen Salzes, der auch gefärbt sein kann.

Nachweis von Anionen

Anionen sind negativ geladene Ionen aus Nichtmetallen und spielen pharmazeutisch als Gegenionen von Wirkstoffen eine Rolle. Häufig kommen dabei die Anionen der Halogene wie Chlorid (Cl-)- und Bromid (Br-)-Ionen sowie Iodid (I-)- und Fluorid (F-)-Ionen vor. Weitere Beispiele sind zusammengesetzte Anionen wie Sulfat (SO42-), Nitrat (NO3-), Phosphat (PO43-) und Carbonat (CO32-). 

Dazu kommen noch die organischen Anionen wie Benzoat, Citrat und Tartrat, die aus der entsprechenden Carbonsäure durch Abgabe von Protonen entstehen.

Chlorid-Ionen: Nachweis mit Silbernitrat-Lösung

Das Chlorid-Anion kommt als Gegenion zahlreicher Wirkstoffe vor, die dann als Hydrochlorid gut wasserlöslich sind. Beispiele hierfür sind Ambroxolhydrochlorid, Clonidinhydrochlorid und das Konservierungsmittel Benzalkoniumchlorid. 

Zur Identitätsprüfung dieser Substanzen wird das Chlorid-Anion nachgewiesen. Dazu wird die zu prüfende Substanz in Wasser aufgelöst und anschließend mit einer Silbernitratlösung versetzt. Dabei kann ein weißer Niederschlag beobachtet werden. 

Reaktionsgleichung: Cl- + AgNO3 (Silbernitrat) → AgCl (Silberchlorid, weißer Niederschlag) + NO3-

Der Nachweis basiert auf der geringen Löslichkeit von Silberchlorid, das als feiner weißer Niederschlag ausfällt. Unter Einfluss von Licht verfärbt sich der Niederschlag dunkel, was auf einer Abscheidung von elementarem Silber beruht.

Gut zu wissen: Verwendung von Wasser bei nasschemischen Verfahren

Bei der Durchführung von nasschemischen Nachweisen schreibt das Arzneibuch die Verwendung von Wasser R vor. Dieses Wasser muss der Monografie von Gereinigtem Wasser (Aqua purificata) entsprechen. 

Wasser im chemischen Labor wird meist durch Ionenaustauscher gewonnen und darf im Gegensatz zu Gereinigtem Wasser für die Arzneimittelherstellung noch Mikroorganismen enthalten. Durch das Verfahren des Ionenaustauschs sind praktisch keine Ionen mehr enthalten, deshalb spricht man auch von demineralisiertem Wasser.

Sulfat-Ionen: Fällung als Bariumsulfat

Auch das Sulfat-Anion kommt als zweifach negativ geladenes Ion als Gegenion zahlreicher Wirkstoffe vor. Zu finden ist es beispielsweise bei Neomycinsulfat, Chininsulfat und Gentamicinsulfat. 

Eine Prüfung auf Identität ist wieder durch eine chemische Reaktion möglich. Dazu wird eine wässrige Lösung des Arzneistoffs mit verdünnter Salzsäure und einer Bariumchlorid-Lösung versetzt. Daraufhin entsteht ein weißer Niederschlag.  

Reaktionsgleichung: SO42- + Ba2+ → BaSO4 (Bariumsulfat, weißer Niederschlag)

Benzoat-Ionen: Reaktion mit einer Eisen(III)-chlorid-Lösung 

Beim Benzoat-Ion handelt es sich um das Anion der Benzoesäure. Pharmazeutisch werden Benzoate wie Natriumbenzoat als Konservierungsmittel verwendet. 

Zum Nachweis kann eine wässrige Lösung von Natriumbenzoat mit einer Eisen(III)-chlorid-Lösung (Fe3+-Lösung) versetzt werden. Dabei kann ein beigefarbener Niederschlag beobachtet werden. Benzoat-Anionen reagieren dabei mit den Eisen(III)-Kationen zu einem farbigen Komplex. Nach Zugabe von etwas Diethylether löst sich dieser Niederschlag wieder auf und die Etherphase ist braunrot gefärbt.

Nachweis von Kationen

Kationen sind positiv geladene Ionen, die hauptsächlich aus Metallen der I. und II. Hauptgruppe, teilweise auch aus der III. gebildet werden. In der Pharmazie können diese Kationen in anorganischen Salzen wie Aluminiumchlorid-Hexahydrat, Natriumchlorid oder Magnesiumsulfat-Heptahydrat vorkommen. Sie spielen häufig auch als Gegenion negativ geladener Wirkstoffsalze eine Rolle.

Aluminium-Ionen: Zugabe einer Natriumhydroxid-Lösung

Zum Nachweis von Aluminium-Kationen wird die Substanz zunächst in Wasser gelöst, anschließend wird tropfenweise eine Natriumhydroxid-Lösung dazugegeben. Dabei kann ein weißer Niederschlag beobachtet werden, der sich nach weiterer Zugabe von Natriumhydroxid-Lösung wieder auflöst. Nach Zusatz einer Ammoniumchlorid-Lösung bildet sich erneut ein weißer Niederschlag.

Fällung:
Al3++ 3 OH-→ 

Al(OH)

Aluminiumhydroxid (weißer Niederschlag)

 
Auflösung:
Al(OH)3+ OH-→ 

[Al(OH)4]-

Tetrahydroxoaluminat-Ion (wasserlöslich)

 
Rückfällung:
[Al(OH)4]-+ NH4+→ 

Al(OH)3

Aluminiumhydroxid (weißer Niederschlag)

+ NH3 + H2O

Natrium-Ionen: Gelbe Flamme als Identitätsnachweis

Natrium-Kationen können mithilfe der Flammenfärbung nachgewiesen werden. Dazu wird eine Spatelspitze des Feststoffs mit Salzsäure befeuchtet, auf ein ausgeglühtes Magnesiastäbchen gegeben und in die nicht leuchtende Flamme des Bunsenbrenners gehalten. Beim Vorhandensein von Natrium-Ionen kann eine intensiv gelbe Flamme beobachtet werden. 

Das Prinzip der Flammenfärbung beruht im Übrigen darauf, dass durch die Hitze der Flamme Elektronen der zu untersuchenden Substanz angeregt werden. Bei Zurückfallen in den Grundzustand wird Licht einer bestimmten Wellenlänge abgegeben. Natrium-Ionen haben dabei eine gelbe Linie bei einer Wellenlänge von 589 nm, was zu der beschriebenen Flammenfärbung führt. Quellen:
- Werz A.: Chemisch-pharmazeutische Übungen für PTA, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2024
- DAC/NRF, Alternative Identifizierung
 

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