Rezeptur
Praxiswissen
6 min merken gemerkt Artikel drucken

Einwaagekorrektur bei der Herstellung von Rezepturen

Hände in Gummihandschuhen tippen auf Taschenrechner
Schwankungen im Gehalt von Ausgangsstoffen erfordern eine Einwaagekorrektur. | Bild: Dmitry Vereshchagin / AdobeStock

Schwankungen im Gehalt kommen bei zahlreichen Wirkstoffen vor. Die zulässige Abweichung ist dabei im Arzneibuch unter der jeweiligen Stoffmonographie zu finden. 

Kommt noch ein relativ hoher Wassergehalt oder ein Trocknungsverlust hinzu, kann es bei solchen Substanzen auch bei korrekter Einwaage leicht zu einer Unterdosierung der hergestellten Zubereitung kommen. 

Beispiel: 100 g Hydrophile Erythromycin-Creme 2 Prozent

Bei Rezepturen muss der Wirkstoffgehalt zwischen 90 und 110 Prozent des deklarierten Gehalts liegen. 100 g einer Erythromycin-Creme 2 Prozent müssen also zwischen 1,8 Gramm und 2,2 Gramm Arzneistoff enthalten. Das Arzneibuch schreibt für die Substanz Erythromycin einen Gehalt von 93 % bis 102 % vor und lässt einen Wassergehalt von bis zu 6,5 % zu. 

Kommt nun zur Herstellung der Zubereitung eine Charge mit der unteren Gehaltsgrenze von 93 % und einem Trocknungsverlust von 6,5 % zum Einsatz, so liegt die Menge des Arzneistoffs auch bei korrekter Einwaage bereits um rund 13 % unter dem geforderten Wert. 2 Gramm Erythromycin würden dann tatsächlich nur 1,74 Gramm Wirkstoff enthalten.

Wie berechnet man die Einwaagekorrektur?

Zum Ausgleich von Mindergehalten sind daher bei zahlreichen Ausgangsstoffen Einwaagekorrekturen erforderlich. Diese müssen bei Wirkstoffen und Konservierungsmitteln berücksichtigt werden. Bei Hilfsstoffen sowie verwendeten Fertigarzneimitteln sind sie dagegen nicht nötig. 

Um die Differenz zwischen verordneter und abzuwiegender Menge an Substanz zu ermitteln, wird die verschriebene Menge mit einem Faktor f korrigiert. Dieser sogenannte Einwaagekorrekturfaktor gibt an, mit welcher Zahl die auf dem Rezept angegebene Menge an Wirkstoff (msoll) zu multiplizieren ist, damit der Gehalt im fertigen Rezeptur- oder Defekturarzneimittel richtig ist. 

msoll erhöht = f × msoll  

Die so berechnete Wirkstoffmenge (msoll erhöht) ist die Masse an Substanz, die tatsächlich abgewogen werden muss. 

Diese erhöhte Soll-Einwaage wird im Herstellungsprotokoll und – sofern zutreffend – in der Betäubungsmittel-Dokumentation notiert. Auch bei der Taxation der Zubereitung wird die Mehreinwaage berücksichtigt und zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet. Bei der Beschriftung des Abgabegefäßes für den Patienten wird dagegen die ursprünglich verordnete Menge an Wirkstoff angegeben. 

Einwaagekorrekturfaktor: So wird er ermittelt

Um die Einwaagekorrektur vornehmen zu können, muss der entsprechende Einwaagekorrekturfaktor f bekannt sein. 

Einige Hersteller geben den Einwaagekorrekturfaktor für die jeweilige Substanz bereits auf dem Etikett und dem Prüfzertifikat an. Ist dies nicht der Fall, kann der Korrekturfaktor auch selbst berechnet werden. Zu diesem Zweck benötigt man zunächst den geforderten Soll-Gehalt (normalerweise 100 %) und den tatsächlichen Ist-Gehalt des Wirkstoffs. Es gilt dann folgender Zusammenhang: 

f = Soll-Gehalt / Ist-Gehalt

Beispiel: Berechnung Korrekturfaktor f

Für eine Substanz mit einem tatsächlichen Gehalt laut Analysenzertifikat von 96 % gilt: f = 100 / 96 = 1,042

Der Einwaagekorrekturfaktor liegt somit bei 1,042. 

Bei dieser Grundformel kommen allerdings meist noch weitere Faktoren wie Wassergehalt und Trocknungsverlust hinzu, die genauen Berechnungen und Formeln dazu können im NRF nachgelesen werden. 

Am einfachsten ist es jedoch, direkt die Excel-Wirkstoffdatenbank des DAC/NRF zu nutzen. Diese ist entweder als Beilage-CD im Loseblattwerk oder auf www.dac-nrf.de bei den Rechenhilfen zu finden. Die Nutzenden erhalten damit Zugriff auf eine alphabetische Liste aller gängigen Substanzen, einschließlich den dazugehörigen Daten aus der jeweiligen Monographie. 

Zur Berechnung des Korrekturfaktors müssen die Werte für Gehalt und Wassergehalt bzw. Trocknungsverlust aus dem jeweiligen Prüfzertifikat in das gelbe Feld eingetragen werden. Im blauen Ergebnisfeld kann anschließend der Faktor auf drei Nachkommastellen abgelesen werden.

Empfehlenswert ist es, den Einwaagekorrekturfaktor f direkt bei der Eingangskontrolle der jeweiligen Substanz zu berechnen und sowohl im Prüfprotokoll als auch auf dem Standgefäß zu notieren. Dadurch kann bei der Herstellung von Arzneimitteln direkt die erhöhte Soll-Einwaage berechnet werden.

Gut zu wissen: Für jede Charge neu ermitteln

Der Einwaagekorrekturfaktor f einer Substanz muss für jede Charge neu ermittelt werden, da der Gehalt, der Wassergehalt und der Trocknungsverlust jeweils unterschiedlich sind.

Wann ist ein Einwaagekorrekturfaktor zu berücksichtigen?

Im Neuen Rezeptur-Formularium können im Kapitel I.2.1.1. allgemeine Hinweise zur Einwaagekorrektur bei Ausgangsstoffen nachgelesen werden. Das NRF empfiehlt dabei grundsätzlich die Berücksichtigung eines Korrekturfaktors, sobald ein Mindergehalt vorliegt

Bei nur geringfügigem Mindergehalt kann nach eigener Einschätzung auf die Faktorisierung verzichtet werden. Ab einer Minderung des Gehalts von 2 % sollte jedoch eine Einwaagekorrektur erfolgen. 

Durch Streuung der Ergebnisse bei der Gehaltsbestimmung können bei manchen Wirkstoffen theoretisch auch Werte von über 100 % auf dem Prüfzertifikat aufgeführt sein. Eine negative Korrektur der Einwaage (also eine Erniedrigung) wird erst bei einem Gehalt von über 110 % durchgeführt. 

7 Regeln zur Einwaagekorrektur

  • Bei der Eingangskontrolle einer Substanz wird der Korrekturfaktor f auf drei Stellen nach dem Komma berechnet.
  • Der Korrekturfaktor wird auf das Standgefäß geschrieben.
  • Anzuwenden bei Wirkstoffen und Konservierungsmitteln, nicht bei Hilfsstoffen.
  • Ab einem Mindergehalt von 2 % nötig
  • Keine Erniedrigung der Einwaage bei einem Gehalt von > 100 % (erst ab > 110 %)
  • Im Herstellungsprotokoll wird die erhöhte Soll-Einwaage notiert.
  • Auf dem Etikett der Zubereitung wird die ursprünglich verordnete Menge angegeben.

Einwaagekorrektur bei Wirkstoffen mit biologischer Aktivität

Im Rezepturbetrieb kommen auch Arzneistoffe mit biologischer Aktivität zum Einsatz. Dazu gehören unter anderem Nystatin, Gentamicinsulfat und Vitamin A. Der Gehalt dieser Substanzen, deren Aktivität über mikrobiologische Verfahren bestimmt wurde, wird in Form Internationaler Einheiten (IE) meist in Milligramm oder Gramm Substanz auf dem Prüfzertifikat angegeben. 

Normalerweise verordnet der Arzt eine Rezeptur mit einer bestimmten Aktivität und in der Apotheke muss daraus die abzuwiegende Menge an Arzneistoff berechnet werden. Dabei muss gegebenenfalls auch ein Einwaagekorrekturfaktor berücksichtigt werden.

In der bereits vorgestellten Excel-Wirkstoffdatenbank gibt es ein eigenes Tabellenblatt für Substanzen, deren Gehaltsangabe als Aktivität erfolgt. Damit kann sowohl der Korrekturfaktor als auch die benötigte Einwaage an Wirkstoff leicht berechnet werden. 

Die Werte aus dem Prüfzertifikat für die Aktivität in Milligramm, Gramm oder Milliliter und der Wassergehalt bzw. Trocknungsverlust werden wieder in gelbe Eingabefelder eingetragen. Nach Angabe der verordneten Aktivität des Wirkstoffs in I.E. kann dann direkt die abzuwiegende Menge im blauen Feld abgelesen werden.  Quellen
NRF Kapitel I.2.1.1. Einwaagekorrektur
DAC/NRF-Rechenhilfe Einwaagekorrekturfaktor
 

Beispiel: Hydrophile Nystatin-Creme 70000 I.E./g (NRF 11.105.)

  • Nystatin (mikrofein gepulvert) 3.500.000 I.E.
  • Glycerol 85 % nach Bedarf
  • Anionische hydrophile Creme DAB, konserviert mit 0,1 % Sorbinsäure zu 50,0 g

Im genannten Rezeptur-Beispiel beträgt die Aktivität des Nystatins laut Prüfzertifikat in Internationalen Einheiten pro Milligramm 6.292 I.E./mg und der Trocknungsverlust liegt bei 4,2 %. Diese beiden Werte werden eingeben, zusätzlich der Sollwert des verordneten Wirkstoffs von 3.500.000 I.E. Anschließend kann direkt die erforderliche Einwaage an Nystatin von 0,5806 Gramm abgelesen werden.

Zurück