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Ökotest: Welche Lippenpflegestifte sind frei von Mineralöl?

Ökotest hat Lippenpflegeprodukte unter die Lupe genommen. Darunter auch einige Apothekenmarken. | Bild: uhhha | AdobeStock

Was sollte ein Lippenpflegestift leisten? In erster Linie sollte er die rissig-spröden, teils blutigen Lippen wieder „heile“ machen. Gerade in der kalten Jahreszeit klagen viele Kunden in der Apotheke über aufplatzende Lippen. Unsere Lippen sind nur mit vereinzelten Talgdrüsen ausgestattet. Daher macht es durchaus Sinn, diesen geplagten Kunden spezielle und fettende Lippenpflegeprodukte zu empfehlen. Doch die Wirksamkeit ist nicht der einzige Aspekt, den PTA und Apotheker im Auge haben sollten. Was sollte ein Lippenpflegestift noch „können“ – beziehungsweise vielleicht eher: Was sollte er im optimalen Fall nicht sein? Gesundheitlich bedenklich. Dieser Mission – „gesundheitlich unbedenklich für den Anwender“ – widmet sich Ökotest unermüdlich. Und stellt sich so auch in seiner aktuellen Januar-Ausgabe 2018 die Frage: Welche Lippenpflegestifte sind frei von Mineralöl-Bestandteilen und empfehlenswert? 

24 Lippenpflegestifte haben die Verbraucherschützer eingekauft, ins Labor geschickt und auf Mineralöl geprüft. Überraschen dürfte nicht, dass sich unter den 24 getesteten Lippenpflegeprodukten auch Apothekenware befand – Avène, La Roche-Posay, Eucerin, Weleda, Dr. Hauschka, Neutrogena und die „Kugel“ von Eos.

Ökotest prüft Lippenpflegestifte auf Mineralöl

Warum stört sich Ökotest an den Paraffinen? Tierversuche zeigten, dass sich diese Erdöl-basierten Inhaltsstoffe teilweise im Fettgewebe und der Leber anreicherten, erklärt Ökotest. Insbesondere würden sie jedoch die Gefahr bergen, auch mit aromatischen Kohlenwasserstoffen verunreinigt zu sein – diese stünden im Verdacht krebserregend zu sein. Nun kann man argumentieren, dass die Lippen einen relativ kleinen Anteil der Körperoberfläche ausmachen, und somit die Aufnahme von Pflegeprodukten beziehungsweise darin enthaltenen Paraffinen über die Lippen gering sein dürfte. Das sieht Ökotest anders. Glaubt man den Verbraucherschützern, schlucken wir vier komplette Lippenpflegestifte allein durch Abschlecken der Lippen – pro Jahr. 

Lag das Augenmerk von Ökotest auf „Mineralöl-Freiheit“, konnten grundsätzlich nur Lippenpflegestifte die Bestnote „sehr gut“ erreichen, wenn sie dieses primäre Kriterium erfüllten. Das waren gar nicht einmal so wenige Pflegestifte – bei über der Hälfte der getesteten Lippenpflegestifte fand Ökotest kein Mineralöl. Aus der Apotheke schafften Dr. Hauschka Lippengold, Weleda Everon Lippenpflege und der kugelförmig gestaltete Eos Visibly soft Kokosmilch Lippenbalsam Note eins – sie sind frei von Paraffinen. 

Konkurrenz um den ersten Platz bekommen Dr. Hauschka, Weleda und Eos aber auch nicht zu knapp, und zwar von L’Occitane en Provence, den Pflegestiften der Discount-Drogerien Rossmann, Dm und Müller - Alterra Naturkosmetik Lippenpflege Bio-Kamille, Alverde Lippenpflege Bio-Calendula und Aveo Lippenpflege Classic. Auch das häufig in Alnatura-Supermärkten erhältliche Lavera-Produkt, Lavera Basis Sensitiv Lippenbalsam, darf sich über Note eins freuen. Allerdings heben sich Dr. Hauschka und L’Occitane dennoch ein klein wenig von den übrigen „sehr guten“ Lippenpflegestiften ab: Sie sind die einzigen, bei denen Ökotest auch sonst keine Mängel findet und etwas auszusetzen hat. Das lassen sich die beiden Kosmetikhersteller allerdings auch ganz gut bezahlen – Dr. Hauschka verlangt 7,50 Euro für Dr. Hauschka Lippengold, der L’Occitane 10 % Shea Butter Ultra Rich Lip Balm kostet sogar noch ein paar Cent mehr, 8 Euro. 

Was stört Ökotest bei Weleda Everon?

Selbst wenn Weledas Everon und die Eos-Lippenpflegekugel mit auf dem Siegertreppchen stehen, haben die Verbraucherschützer hier Gründe zu meckern. Bei beiden, auch in Apotheken erhältlichen Lippenpflegeprodukten, moniert Ökotest den Umkarton. Den erachten die Verbraucherschützer bei Lippenstiften aus Kunststoff für überflüssig. „Wie nötig ist eigentlich eine Schutzhülle aus Pappe oder Plastik?“ fragt Ökotest. Hier büßen Weleda und Eos positive Bewertungspunkte ein – wie die meisten anderen Lippenpflegestifte übrigens auch, so unter anderem diejenigen von Rossmann, Dm, Müller und Lavera. Tatsächlich verzichten nur wenige Anbieter von Lippenpflegestiften auf eine Kartonage um den Stick: Dr. Hauschka, L’Occitane aber auch die Apothekenpflegestifte von La Roche-Posay, Eucerin und Avène. Auch Yves Rocher spart Pappe und bietet seinen Lippenpflegestift ohne Umkarton an. Bei Weleda stört Ökotest – zusätzlich zum Verpackungsaspekt – jedoch noch ein weiterer Punkt: Denn Weleda deklariert zwar die ätherischen Öle Citronellol und Geraniol, allerdings finden die Analysten im Labor diese Inhaltsstoffe gar nicht in der Weleda Everon Lippenpflege. 

La Roche-Posay, Avène , Eucerin und Neutrogena mit Mineralöl

Wie sieht die Bewertung bei den sonst in Apotheken üblicherweise vertretenen Kosmetikmarken aus? Ökotest ringt sich bei La Roche-Posay noch zu einer Note drei, „befriedigend“, durch, Eucerin erhält mit „mangelhaft“ die zweitschlechteste Bewertung und Avène und Neutrogena – „ungenügend“. Nicht gerade berauschend. Grund für die schlechte Bewertung sind die in den Lippenpflegestiften enthaltenen Mineralöle. La Roche-Posay Nutritic Lippen enthält lediglich Paraffine. Bei Eucerin Lip Aktiv Empfindliche Haut von Beiersdorf, Eau Thermale Avène Pflege für empfindliche Lippen und Neutrogena Lippenpflege fanden die Verbraucherschützer bei ihren Laboranalysen außerdem aromatische Kohlenwasserstoffe. Ökotest moniert bei Eucerin Lip Aktiv Empfindliche Haut einen weiteren Punkt: den UV-Filter. Eucerin-Hersteller Beiersdorf lobe für seinen Stift einen UV-Schutz aus, jedoch warne der Hersteller nicht vor den Gefahren einer übermäßigen Sonnenexposition. Das gibt Abzug, Deklarationsmangel. Bei Neutrogena Lippenpflege bemängelt Ökotest diesen Punkt ebenfalls. Dass Neutrogena in der Gesamtbewertung noch eine Note schlechter abschneidet als Eucerin, liegt daran, dass der bei der Neutrogena Lippenpflege enthaltene Lichtschutz Ethylhexylmethoxycinnamat bedenklich sei, erklärt Ökotest. Ethylhexylmethoxycinnamat zeigte im Tierversuch estrogenartige Hormonwirkungen. 

Was ist nichts bei Eau Thermale Avène Pflege für empfindliche Lippen?

Pierre Fabre, der Hersteller von Eau Thermale Avène Pflege für empfindliche Lippen, muss sich ebenfalls mit dem Vorwurf der falschen Deklaration auseinandersetzen. So weise Avène explizit auf die „nicht komedogene Wirkung“ des Lippenpflegestifts hin, tatsächlich fand Ökotest aber Isopropyl Myristat. Für Isopropyl Myristat lägen jedoch Hinweise auf eine komedogene, also Pickel-fördernde, Wirkung vor. Die Frage bleibt, warum ein Lippenpflegestift, der auf eigentlich Talgdrüsen-freie Haut aufgetragen wird, überhaupt „nicht komedogen“ sein muss? Was macht eigentlich der Klassiker Labello? Dieser schneidet ebenfalls nicht überragend ab. Note fünf und „mangelhaft“. Auch hier sind Mineralöl-Bestandteile die Ursache allen schlechten „Bewertungsübels“, und auch bei Labello Original Lippenpflegestift hätte Ökotest gerne einen Verzicht auf den Umkarton gesehen.