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Antibiotikaresistenzen vermeiden: Der CRP-Test in der Apotheke

Innerhalb weniger Minuten kann in der Rathaus-Apotheke in Hagen eingeschätzt werden, ob es sich um einen viralen oder bakteriellen Infekt handelt, unter dem der Gast leidet. | Bild: privat

Eine Ursache von Antibiotikaresistenzen (bis hin zu den gefürchteten MRSA) ist unter anderem die stellenweise ungezielte Verschreibungspraxis. Das Gesetz zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV (AMVSG), das im April 2017 in Kraft trat, forderte Maßnahmen für einen gezielteren Antibiotikaeinsatz: Bis zum ersten Dezember 2017 sollte darüber entschieden werden, welche Diagnoseverfahren vergütet werden. Dem Gesetzgeber schwebten dabei unter anderem schnelle und einfache Tests vor, die auch in der ärztlichen Hausarztpraxis durchführbar seien. Der eingesetzte Bewertungsausschuss legte für die hausärztliche Praxis jedoch ein Testverfahren fest, welches nur im Labor durchführbar ist und deshalb nicht in der Praxis umsetzbar war. 
In mehreren Studien mit Patienten mit Atemwegsinfektionen, deren Ergebnisse unter anderem im Lancet (The Lancet ist eine der ältesten und renommiertesten medizinischen Fachzeitschriften der Welt) veröffentlicht wurden, konnte der Einsatz von CRP-Schnelltests die Antibiotikagabe signifikant reduzieren. Solche Schnelltests zur quantitativen Bestimmung des Entzündungsmarkers C-reaktives Protein (CRP) wurden im Bewertungsverfahren für Hausärzte 2017 jedoch nicht berücksichtigt. Akut erkrankte Patienten bis zum nächsten oder übernächsten Tag hinzuhalten, bis die Befunde für die Therapieentscheidung vorliegen, ist mit der hausärztlichen Praxis nachvollziehbar nicht vereinbar.

Antibiotikum ja oder nein? CRP-Schnelltest in der Apotheke

Hier, so der Inhaber der Internationalen Rathaus-Apotheke Dr. Fehske in Hagen, Dr. Christian Fehske, kommt die Apotheke vor Ort ins Spiel. Immer wieder kommen Patienten, die Fehske allerdings als seine „Gäste“ bezeichnet, vom Arzt zu ihm in die Apotheke und sind sich entweder nicht sicher, ob sie das verordnete Antibiotikum überhaupt nehmen sollen, oder der Arzt hat es nur „zur Sicherheit“ mitgegeben, wenn die Beschwerden schlimmer werden. Die Patienten seien mit dieser Anweisung oft überfordert. „Was meinen Sie, soll ich es nehmen, oder nicht?“, werden er oder eines seiner Teammitglieder dann gefragt. Auch die Rathaus-Apotheke in Hagen sei natürlich keine Arzt-Praxis, die Diagnosen stellen darf, aber Fehske und sein Team können den Gästen zumindest einen Hinweis darauf geben, ob die Beschwerden von einer viralen oder bakteriellen Infektion herrühren und wie plausibel in welchem Fall eine Einnahme eines Antibiotikums ist. Misst der Hagener Apotheker bei einem Gast einen niedrigen CRP-Wert, „kann ich davon ausgehen, dass es sich um einen viralen Infekt handelt und sich der Gast einen Arztbesuch vermutlich sparen kann. Dann beraten wir ihn natürlich ausführlich zur symptomatischen Behandlung seiner Beschwerden mittels OTC-Arzneimitteln“, so Fehske. Ist der Wert erhöht, wird der Gast zum Arzt geschickt, auch wenn der Wert durch eine nicht akute Ursache wie beispielsweise eine gerade abgeheilte Infektion, eine Operation oder Ähnliches bedingt sein könnte. „Das ist dann Sache des Arztes, das herauszufinden“, so der Apothekeninhaber. „Wir beraten im Rahmen unserer Verantwortung und solange kein erhöhtes Fieber oder schwerwiegende Symptome auftreten.“

CRP-Wert unterscheidet bakterielle von viralen Infektionen

Der Entzündungsmarker C-reaktives Protein (CRP) ist bei bakteriellen Infektionen deutlich stärker erhöht als bei viralen. Derzeit sind zwei CRP-Schnelltests in Deutschland auf dem Markt: Roche Diagnostics (QuikRead go CRP) und Orion Diagnostica (ORION QuikRead GO CRP). Nach Angaben der Hersteller wird das Blut aus der Fingerbeere des Patienten entnommen und das Testergebnis liegt in zwei Minuten vor.

Verunsicherung in der Bevölkerung

 „Die Menschen sind verunsichert. Denken Sie an die Fluorchinolone, die es vor ziemlich genau einem Jahr sogar in die Tagesthemen geschafft haben“, so Fehske. „Umstrittenes Antibiotikum: Ciprofloxacin – eine unterschätzte Gefahr“ hieß der Beitrag am 1. November 2018. „Wir als Apotheke vor Ort sind hier der richtige Ansprechpartner, um aufzuklären und dabei zu helfen, das Nebenwirkungspotenzial von Antibiotika zu minimieren und natürlich auch Resistenzen zu vermeiden. Außerdem, so Fehske, würde gerade intensiv über pharmazeutische Dienstleistungen diskutiert. Wieso nicht solche einfachen Blutuntersuchungen wie den CRP-Test, den er in der Rathaus-Apotheke für 9,00 Euro anbietet, als pharmazeutische Dienstleistung mit der Krankenkasse abrechnen können, fragt sich der Hagener Pharmazeut.

Engagierte Apotheke

Die Internationale Rathaus-Apotheke Dr. Fehske in Hagen ist „anders“ und im wahrsten Sinne des Wortes „merkwürdig“. Kunden und Patienten sind Gäste, die Apotheke ein Gasthaus. Ein großes Team aus ca. 80 Mitgliedern (10 Apotheker, 34 PTA, 10 PKA, 5 Kosmetikerinnen, 9 Fahrer und viele weitere) sorgt dafür, circa 250.000 Gäste im Jahr glücklich zu machen. Schon der Vater, Dr. Klaus Fehske, der noch einige Stunden pro Woche in der Offizin aushilft, war pharmazeutisch und gesellschaftlich sehr engagiert. Als er 2013 davon erfuhr, dass das Land Nordrhein-Westfalen die PTA-Schule in Hagen schließen will, nahm er 65 Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrer in zwei Bussen mit, um in Düsseldorf dagegen zu demonstrieren. Nachdem die letzten Klassen ihre Prüfungen abgelegt hatten, wurde die PTA-Schule in Hagen dennoch geschlossen.