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Autismus: Wenn soziale Kontakte schwerfallen

Tallulah Willis, Tochter von Bruce Willis
Bei Tallulah Willis, der Tochter von Schauspieler Bruce Willis, wurde im vergangenen Jahr eine Autismus-Diagnose festgestellt. | Bild: IMAGO / MediaPunch

Im Sommer 2023 hat die heute 30-jährige Tallulah Willis – Tochter von Schauspieler Bruce Willies und Schauspielerin Demi Moore – die Diagnose Autismus erhalten. 

Auf Instagram machte Tallulah Willis ihre Autismus-Diagnose öffentlich, indem sie ein altes Video, das sie als junges Mädchen auf dem Arm ihres Vaters zeigte, veröffentlichte. Während der Schauspieler Fragen von Pressevertretern beantwortet, streicht Töchterchen Tallulah wiederholt über dessen Glatze und spielt an seinem Ohr herum. Daraufhin wirft Willis ihr einen ruhigen, aber mahnenden Blick zu. „Sag mir, dass du autistisch bist, ohne zu sagen, dass du autistisch bist“, schreibt Willis zu dem Video.

Auf die Frage von Followern, ob bei Tallulah Willies bereits im Kindesalter Autismus diagnostiziert wurde, antwortete sie: „Dies ist tatsächlich das erste Mal, dass ich die Diagnose mit der Öffentlichkeit teile.“ Weiter erwähnte sie, dass sie es im vergangenen Sommer herausgefunden und die Diagnose ihr Leben verändert habe. 

Welche Beeinträchtigungen treten bei Autismus auf?

Bei Autismus handelt es sich um eine komplexe und vielgestaltige neurologische Entwicklungsstörung, die zwar häufig im Kindesalter bereits diagnostiziert wird, aber dennoch über die gesamte Lebensspanne hinweg bestehen bleibt.  Diese Störung ist kausal nicht behandelbar und Betroffene gelten häufig als schwerbehindert.

Autistische Beeinträchtigungen können sich in diversen Bereichen manifestieren und unterschiedliche Ausprägungen haben. Daher ist oft auch von Autismus-Spektrum-Störungen (ASS)´S3-Leitlinie Autismus-Spektrum-Störungen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter. Teil 2: Therapie´  die Rede.  

Die Krankheit wird durch folgende Beeinträchtigungen charakterisiert:

  • Gestörte Kommunikation und Sprachauffälligkeiten,
  • Störung der sozialen Interaktionsfähigkeit,
  • sich wiederholende Verhaltensmuster und besondere Interessen.

Neben diesen spezifischen Verhaltensauffälligkeiten können zusätzlich Wutausbrüche und Aggressionen auftreten. 

Zentraler Aspekt der Autismus-Spektrum-Störungen ist allerdings die Besonderheit in der Kommunikation. Betroffene wiederholen immer wieder bestimmte Wörter, sprechen entweder sehr ausführlich oder meiden das Gespräch. Autisten verstehen nur bedingt spontane Witze sowie Ironie und fallen durch ihre Direktheit auf.

Inselbegabungen bei Autisten möglich

Häufig wird fälschlicherweise angenommen, dass Autisten grundsätzlich weniger intelligent sind und beruflich nicht erfolgreich sein können. Doch auch Autisten können ihre berufliche Ausbildung oder ihr Studium erfolgreich abschließen und auf einem Gebiet zu Spezialisten werden.

So treten bei Autisten nicht selten sogenannte Inselbegabungen auf, das heißt, die betroffene Person erzielt auf einem bestimmten Gebiet überdurchschnittliche Erfolge. Betroffene können sich beispielsweise sehr gut Kalenderdaten merken, sind künstlerisch begabt, können besonders gut Sprachen lernen, werden zu Wissenschaftlern oder zu einem Rechengenie.  

Allerdings können Autisten diese besonderen Begabungen nicht so erfolgreich nutzen, um die Anforderungen in anderen Bereichen zu bewältigen.

Zum Welt-Autismus-Tag am 2. April

Unter dem Motto „Not Invisible”, also „Nicht unsichtbar” findet der diesjährige Welt-Autismus-Tag statt. Mit diesem Aktionstag soll auf die Lebenslag und Bedürfnisse von autistischen Menschen, sowie auf den Zugang zu Bildung und Arbeit, aufmerksam gemacht werden.

Durch verschiedene Veranstaltungen und Projekte wird den Betroffenen und ihren Familien Unterstützung angeboten. Nähere Informationen zum Programm liefert die Webseite des Bundesverbands zur Förderung von Menschen mit Autismus.

Autisten in der Ausbildung und im Beruf

Viele Autisten haben Probleme einen Job zu finden und ecken häufig an, sei es während der Schulzeit oder später im Berufsleben. Auch fallen sie oft als „schwierige Kunden“ auf, die sich häufig über Kleinigkeiten aufregen und beschweren.

Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen werden von anderen als merkwürdig, still oder aggressiv wahrgenommen und können sich einer Gruppe nicht anpassen. Sie beteiligen sich selten am Smalltalk, können jedoch auf Fragen sehr ausführlich, detailliert und mit einem „gehobenen“ Wortschatz antworten.  

Empathie und „Zwischen-den-Zeilen-Lesen“ ist erschwert

Autisten nehmen Gesagtes sehr wörtlich und können schlecht Empathie oder Mitgefühl für ihren Gegenüber empfinden. Sie nehmen implizite Regeln, die in einem Team herrschen, nur selten wahr. Stattdessen erwarten sie klar ausgesprochene Richtlinien und Normen.  

Betroffene schauen häufig im Gespräch weg oder starren den Gesprächspartner lange an, sodass der Blick als unangenehm empfunden wird. Sie führen auch ungern Telefonate durch – denn dabei können sie den Gesprächspartner noch weniger einschätzen.  

Autisten halten gerne lange Monologe und es kann durchaus vorkommen, dass sie gar nicht merken, wann das Gespräch beendet werden sollte. Insbesondere Kundengespräche können sich dann als „schwer“ darstellen und die Betroffenen überfordern.

Auf der Suche nach Ruhe und Routine

Autistische Personen können sehr gut allein arbeiten und insbesondere Tätigkeiten gut ausführen, die strukturiert und routiniert ablaufen. Allerdings möchten sie in ihrer Arbeit nicht gestört werden, weder von anderen Personen noch von visuellen, akustischen oder anderen Reizen. 

Diese Verhaltensweisen machen einen Autisten in einem Team oder Klassenverband nicht besonders beliebt. Sie werden von anderen als sonderbar, sozial nicht anpassungsfähig oder gar arrogant wahrgenommen.  

Für das Arbeitsklima ist es daher hilfreich zu wissen, wenn jemand aus dem Team oder aus dem Kundenstamm an einer autistischen Störung leidet. Dadurch kann besser auf die betroffene Person eingegangen und die damit zusammenhängenden Probleme begrenzt werden.

Behandlung der Autismus-Spektrum-Störungen 

Autismus als Krankheit an sich kann nicht therapiert werden. Eine psychopharmakologische Behandlung betrifft die Begleiterscheinungen wie Depressionen, Ängste, Zwangsstörungen und teilweise auch ADS/ADHS.  

Darüber hinaus können motorische Probleme, Schwierigkeiten beim Essen oder auch Schlafstörungen entsprechend medikamentös behandelt oder durch den Einsatz von Medizinprodukten und Hilfsmitteln abgemildert werden.

Autismus in Kürze

  • Autismus-Spektrum-Störungen umfassen sehr viele Symptome und Betroffene sind in Bezug auf die Teilhabe am Leben unterschiedlich stark beeinträchtigt.
  • Erkrankten gelingt es unterschiedlich gut, fehlende Kompetenzen auszugleichen und im Alltag zurechtzukommen.
  • Nicht heilbar; nur Begleiterscheinungen wie Depressionen, Ängste oder Zwangsstörungen können therapiert werden.
  • In der Praxis hilft es, sich über die Vielfalt der Symptome und Ausprägungen zu informieren, damit die Kommunikation mit autistischen Kunden und Kollegen effektiver und einfacher ablaufen kann.