Vorsicht, Missbrauch!
Serien
4 min merken gemerkt Artikel drucken

Pregabalin: Wann besteht ein Abhängigkeitsrisiko?

Packung Pyrica Pregabalin auf einem Tisch
Typische Symptome eines Missbrauchs von Pregabalin sind Atemnot, Unruhe, Halluzinationen, Aggressionen und epileptische Anfälle. | Bild: I Viewfinder / AdobeStock

Kürzlich berichtete die Sunday Times in Großbritannien von 3.400 Todesfällen durch Pregabalin in den Jahren 2018 bis 2022 und verglich dies mit der Opioid-Epidemie in den USA. 

Meist wird Pregabalin (Lyrica®) zur Therapie von neuropathischen Schmerzen verschrieben, die beispielsweise als Komplikation eines Diabetes mellitus entstehen können.

2006 wurde die Zulassung auf die Therapie generalisierter Angststörungen erweitert. Häufig wird das Antiepileptikum auch off-label bei nicht neuropathischem Schmerz, instabiler Stimmungslage oder somatoformen Störungen (körperliche Beschwerden, für die keine organische Ursache gefunden werden können) ein­gesetzt.

Laut Arzneimittelverordnungsreport 2022 ist Pregabalin das am häufigsten in Deutschland verordnete Antiepileptikum. Droht hierzulande nun eine Pregabalin-Epidemie?

Wie wirkt Pregabalin?

Pregabalin hemmt im zentralen Nervensystem die Freisetzung der Neurotransmitter Glutamat und Noradrenalin sowie des Neurokinins Substanz P. Es sorgt so für eine entspannende, leicht sedierende Wirkung und senkt die Krampfneigung. Die maximale Tagesdosis bei bestimmungsgemäßem Gebrauch beträgt 600 mg.

Lyrica® sollte immer ausgeschlichen und niemals abrupt abgesetzt werden, da Entzugssymptome wie Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Angst, Nervosität oder Übelkeit entstehen können.

In der Drogenszene wird der Wirkstoff in deutlich höheren Dosen von bis zu 7.500 mg pro Tag konsumiert. In dieser überhöhten Dosierung zeigt Pregabalin auch euphorisierende Wirkungen, es führt zu einem „Kick“. 

Dabei muss, wie auch bei anderen abhängigkeitserzeugenden Substanzen, die Dosis immer weiter gesteigert werden, um eine gleichbleibende Wirkung zu erzielen.

Pregabalin: Abhängigkeitspotenzial bei Suchtkranken

Bereits 2020 wies die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft auf das Abhängigkeitspotenzial von Pregabalin hin: „Zwar sind überwiegend suchtkranke Patienten betroffen (insbesondere bei Konsum von Opioiden). In seltenen Fällen wird kasuistisch aber auch über eine Abhängigkeit bei nicht anderweitig abhängigen Patienten berichtet.“

Auch in der Fachinformation von Lyrica® wird auf die Abhängigkeit hingewiesen. Besonders bei Patienten mit Drogenmissbrauch in der Vorgeschichte sei Vorsicht geboten.

Gefahr droht unter anderem durch Mischkonsum

Typische Symptome eines Missbrauchs von Pregabalin sind Atemnot, Unruhe, Halluzinationen, Aggressionen und epileptische Anfälle. Dies führt unter anderem zu einer erhöhten Unfallgefahr. 

Da die Substanz häufig gemeinsam mit Alkohol und anderen Drogen eingenommen wird, steigt die Gefahr von lebensbedrohlichen Überdosierungen. 

Und so schätzen Experten auch die Todesfälle in Großbritannien überwiegend ein. In den von der Sunday Times dargestellten Fällen hätten die Personen Pregabalin mit Opioiden kombiniert oder das Arzneimittel nicht nach Anweisung des Arztes eingenommen.

Demnach lautet die Empfehlung, Co-Medikationen mit Opioiden zu vermeiden und nicht leitliniengerechte Verordnungen zu reduzieren. Außerdem sprechen sich manche Mediziner dafür aus, auch Personen, die Pregabalin als Freizeitdroge konsumieren, über die Gefahr durch Mischkonsum aufzuklären.

Pregabalin-Missbrauch in der Apotheke erkennen

Neben Medikamentendiebstahl und illegalem Verkauf über Dealer versuchen Süchtige auch immer wieder, Rezepte zu erschleichen. Dabei ist das sogenannte „Ärzte-Hopping“ keine Seltenheit: Patienten „sammeln“ Verordnungen von verschiedenen Ärzten, ohne den jeweiligen Arzt über den Besuch anderer Praxen zu informieren.

Die Problematik erfordert ein verantwortungsvolles Verschreibeverhalten der Ärzte, z. B. sollte Pregabalin möglichst nicht für Patienten eingesetzt werden, die bereits eine Suchtproblematik in der Vorgeschichte haben. 

Auch von PTA und Apothekern ist eine erhöhte Wachsamkeit gefordert. Sollte der Verdacht auf Missbrauch aufkommen, besteht die Möglichkeit, die Abgabe des Medikaments zu verweigern. In einem vertraulichen Gespräch könnte nach den Hintergründen gefragt und ein Arztbesuch angeraten werden. 

Patienten, die aufgrund der aktuellen Berichte in den Medien verunsichert sind, sollten Pregabalin aber auf keinen Fall ohne ärztliche Begleitung absetzen. Bei bestimmungsgemäßem Gebrauche handelt es sich um ein wirksames Arzneimittel und eine Abhängigkeit bei nicht suchtkranken Personen ist selten. Quelle: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2024/03/12/pregabalin 

Zurück