COVID-19-Therapieoptionen
Corona-Pandemie
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Neue Therapieoption für leicht bis mittelschwer Erkrankte?: Molnupiravir bei COVID-19: vielversprechend, doch kein Wundermittel

Gealterte Hand reicht anderer Hand durchsichtige Dose mit Tabletten
Mit Molnupiravir behandelte COVID-19-Patienten mussten seltener im Krankenhaus behandelt werden. | Bild: nito / AdobeStock

Molnupiravir zählt zu den hoffnungsstärkeren Kandidaten, wenn es um Arzneimittel gegen COVID-19 geht. Zwar verfügen wir mittlerweile über sehr effektive Impfstoffe, dürftig sieht es hingegen bei den Arzneimitteltherapiemöglichkeiten bei bereits an COVID-19-Erkrankten aus. Vom ersten antiviralen Arzneimittel, das gegen COVID-19 zugelassen wurde – Remdesivir in Veklury –, rät die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sogar ab. Derzeit steht die WHO nur hinter der Therapie mit der Antikörperkombination Casirivimab und Imdevimab bei leicht, schwer und kritisch Erkrankten. Bei schwer und kritisch erkrankten COVID-19-Patienten spricht sie sich zudem nachdrücklich für eine Behandlung mit Interleukin-6-Rezeptorblockern (Tocilizumab) und Glucocorticoiden aus.  

Molnupiravir – ein oraler antiviraler Wirkstoff aus der gemeinsamen Forschungs-Pipeline von MSD (Merck & Co in Kanada und den USA) und Ridgeback Biotherapeutics – nährt nun neuen Studienergebnissen zufolge zumindest die Hoffnung, die knappe Arzneimittel-Liste bei COVID-19 ergänzen zu können. Warum? 

50 Prozent weniger Todesfälle

Nach Angaben von MSD reduzierte Molnupiravir in der klinischen Studie (Phase 3) MOVe-OUT das Risiko der Patienten um 50 Prozent, wegen COVID-19 ins Krankenhaus zu kommen oder zu versterben. Die COVID-19-Patienten waren alle leicht bis mittelschwer erkrankt und hatten mindestens einen Risikofaktor für einen schweren COVID-19-Verlauf. Nach laborbestätigter SARS-CoV-2-Diagnose erhielten sie innerhalb von fünf Tagen und dann über fünf Tage entweder zweimal täglich Molnupiravir (800 mg) oder Placebo. Nach 29 Tagen wurde verglichen, wie viel Prozent der Molnupiravirpatienten und der Placebopatienten ins Krankenhaus gekommen oder verstorben waren (Ziel der Studie). In beiden Punkten zeigte sich für mit Molnupiravir behandelte COVID-19-Patienten ein Vorteil: 7,3 Prozent (28/385) von ihnen mussten im Krankenhaus behandelt werden, in der Placebogruppe waren es 14,1 Prozent (53/377). Auch verstarb kein COVID-19-Patient, der Molnupiravir erhalten hatte, in der Placebogruppe kam es zu acht Todesfällen.

Keine weiteren Studienteilnehmer aufgenommen

Bislang sind die Studienergebnisse nicht wissenschaftlich veröffentlicht, doch haben sie die Erwartungen an Molnupiravir übertroffen. Aus diesem Grund hat das unabhängige Aufsichtsgremium der Studie (Data Safety Monitoring Board) empfohlen, die Aufnahme weiterer Studienteilnehmer in MOVe-OUT zu stoppen. MSD will nun so schnell wie möglich einen Antrag auf Notfallzulassung bei der FDA und weltweit bei weiteren Arzneimittelbehörden stellen.

Gut zu wissen: Wie wirkt Molnupiravir?

Molnupiravir zählt zu den Virostatika und hemmt die Vermehrung von RNA-Viren. Die RNA enthält die genetische Information des Virus. Es handelt sich um eine lange Zucker-Phosphat-Kette, an die einzelne Nukleinbasen – Adenin, Cytosin, Guanin und Uracil – angeknüpft sind. Als Zuckerbaustein dient Ribose, daher auch der Name Ribonukleinsäure. Will sich ein Virus nun vermehren, muss es zunächst seine Erbinformation für die Nachfolgegeneration verdoppeln und eine neue RNA-Kette, bestehend aus Zucker-Phosphat und den daran angehängten Nukleinbasen, knüpfen. Monupiravir ähnelt von seinem chemischen Aufbau dem der Nukleinbase Cytosin, und wird so als „falscher“ Baustein in die neue RNA der Virus-Nachkommen eingebaut, was die RNA-Synthese und damit Virusvermehrung stört. Molnupiravir ist in Forscherkreisen auch bekannt als EIDD-2801 und wurde schon als Wirkstoff bei Grippe untersucht, wohl aber noch nicht klinisch.

Orale Tablette erleichtert Behandlung

Der Vorteil einer Behandlung mit Molnupiravir besteht in der oralen Gabe, was eine einfache Therapie ermöglicht. Anders die derzeit angewendeten Arzneimittel: Die Antikörper Casirivimab/Imdevimab, der Interleukin-6-Rezeptorblocker Tocilizumab, Remdesivir und die Corticosteroide werden parenteral (meist intravenös) verabreicht. Diesen Vorteil einer ambulanten Behandlungsmöglichkeit betont auch Professor Stefan Kluge, Direktor der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Er sieht Molnupiravir vor allem als Therapieoption für Patienten mit Risikofaktoren im ambulanten Bereich und in der Frühphase der Erkrankung. Ein Wundermittel – „Gamechanger“, wie er es nennt –, sieht Kluge in Molnupiravir jedoch nicht. Vor allem werde der Wirkstoff die Impfungen „selbstverständlich auch nicht überflüssig machen“, sagte er gegenüber dem „Science Media Center“.

Nicht wirksam bei bereits hospitalisierten Patienten

MSD hatte Molnupiravir auch an bereits hospitalisierten COVID-19-Patienten untersucht, die MOVe-IN-Studie jedoch im Frühjahr abgebrochen, da der antivirale Wirkstoff bei diesen COVID-19-Patienten keinen Nutzen gezeigt hatte. 

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