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gut beraten: Antivirale Nasensprays: Viren blockieren?

Nur eine widerstandsfähige Schleimhaut kann alle ihre Funktionen erfüllen, weshalb es durchaus Sinn ergibt, die Nasenschleimhaut bei Kälte oder trockener Heizungsluft mit befeuchtenden Nasensprays zu pflegen. Auch eine Nasendusche kommt ganz ohne Wirkstoff aus: Durch das Spülen wird nicht nur Schleim aus der Nase entfernt, sondern sie wird auch von Pollen, Staub und Krankheitserregern befreit. Eine täglich durchgeführte Nasendusche kann also als vorbeugende Maßnahme gegen Infektionen denkbar sein. Die Nasendusche bietet jedoch keinen länger anhaltenden Schutz gegen Eindringlinge.

Verschiedene Strategien zur Virenabwehr

Um eine Ansteckung mit Viren zu verhindern, kommen verschiedene Mechanismen zum Einsatz: Einerseits kann die Schleimhaut mit einer mechanischen Barriere ausgestattet werden, sodass Viren am Eindringen in die körpereigenen Zellen gehindert werden. Gelbildner sind dafür eine Möglichkeit. Andererseits wäre eine direkt antivirale Wirkung möglich, bei der eindringende Viren geschädigt werden, bevor sie an die Zellen andocken beziehungsweise in diese eindringen können.

Mechanische Barrieren

Rotalgenextrakt und daraus gewonnenes Carrageen (z.  B. in Algovir Erkältungsspray) bilden einen für Viren undurchdringlichen Film auf der Schleimhaut und hüllen die Viren ein. Auf diese Weise können sie effektiver aus dem Körper entfernt werden. In Deutschland ist zurzeit nur ein Nasenspray mit Rotalgenextrakt auf dem Markt, in anderen Ländern werden auch Mundsprays und Lutschpastillen mit Carrageen vermarktet. 

Tests an Zellkulturen haben gezeigt, dass Carrageen die Infektionsrate von Zellen mit SARS-CoV-2 deutlich reduziert. Auch in einer Studie an Patienten mit frühen Erkältungssymptomen linderte das Nasenspray die Beschwerden und reduzierte außerdem die Viruslast. Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene empfiehlt daher die Anwendung Carrageen-haltiger Nasensprays, um die Wahrscheinlichkeit einer Corona-Infektion zu senken. Sie sollten mindestens dreimal täglich angewendet werden.

Das Wichtigste in Kürze

  • Als antiviral beworbene Nasensprays verkürzen vor allem bei frühzeitiger Anwendung die Erkältungsdauer und reduzieren die Viruslast auf der Nasenschleimhaut.
  • Die Wirkmechanismen beruhen auf der Bildung einer mechanischen Barriere auf der Schleimhaut durch Gelbildner wie Rotalgenextrakt oder HPMC.
  • Die abschwellenden Wirkstoffe Oxymetazolin und Xylometazolin haben eine direkte antivirale Wirksamkeit bewiesen.
  • Antivirale Nasensprays bieten keine vollkommene Sicherheit vor einer Ansteckung. Sie können aber als zusätzliche Maßnahme zu Maske und Impfung zur Vorbeugung einer Infektion beitragen.

HPMC als Gelbildner

Auch mit einem Hydroxypropylmethylcellulose (Hypromellose, HPMC)-haltigen Erkältungsspray (z.  B. in Wick Erste Abwehr Spray) kann in den ersten sieben Tagen einer Erkältung die Schwere der Erkältungssymptome deutlich reduziert werden. Auch dieser Wirkstoff ist ein Gelbildner, der auf physikalische Weise die Schleimhaut vor Viren abschirmt. 

Dieses Spray sollte erst ab zwölf Jahren angewendet werden. Am besten werden bis zu viermal täglich zwei bis drei Sprühstöße in jedes Nasenloch gesprüht. Bei der Anwendung sollte weder der Kopf geneigt werden noch soll die Nase stark hochgezogen werden. Das Spray kann bei der Anwendung brennen – die vorübergehende Schleimhautreizung ist ein Teil des Wirkprinzips.

Stickstoffmonoxid als antiviraler Wirkstoff

Seit Oktober 2022 ist das Virx Viren-Barriere Nasenspray mit drei verschiedenen Bestandteilen verfügbar: Es enthält ebenfalls HPMC zur Bildung einer mechanischen Barriere und außerdem Zitronensäure, die direkt in der Nase antiviral wirken soll. Zusätzlich wird bei der Anwendung Stickstoffmonoxid freigesetzt – dieses hindert SARS-CoV-2-Viren am Zelleintritt, da es das Spike-Protein inaktiviert. In einer Studie senkte das Nasenspray bei sechsmal täglicher Anwendung die Viruslast in der Nase von Patienten, die an einer milden COVID-Erkrankung litten.

Alle genannten Nasensprays werden als Medizinprodukte vermarktet, da ihre Wirkungen auf physikalischen Prinzipien beruhen sollen. Daher haben sie kein Zulassungsverfahren durchlaufen, in dem sie ihre Wirksamkeit beweisen mussten. Die nachträglich durchgeführten Studien rechtfertigen jedoch eine Anwendung zur Vorbeugung vor viralen Infekten und auch eine Anwendung in der ersten Phase des Infekts, in dem die Virusvermehrung auf den Schleimhäuten noch sehr hoch ist.

Was können die Klassiker?

Die klassischen Wirkstoffe bei verstopfter Nase, Oxymetazolin (z.  B. in Nasivin, WICK Sinex avera) und Xylometazolin (z.  B. in Nasic, Imidin N), haben inzwischen bewiesen, dass sie nicht nur eine Schleimhautabschwellung durch Vasokonstriktion bewirken, sondern zusätzlich eine direkt antivirale und auch entzündungshemmende Wirksamkeit besitzen. Damit ist eine ursächliche Behandlung einer Rhinitis möglich.

Während der Corona-Pandemie wurde auch der antiallergische Wirkstoff Azelastin auf eine antivirale Wirksamkeit getestet. Es zeigte sich zwar eine leicht antivirale Wirkung, diese war in den Studien aber zu schwach, um den Einsatz zu rechtfertigen.

Rotalgen zur Gewinnung von Carrageen werden vor allem in Algenfarmen in den Küstengewässern vor Sansibar und den Philippinen angebaut. | Foto: Angelika Jakob – mauritius-images.com

Den Rachenraum nicht vergessen!

Eine Sonderrolle nimmt das Mundspray Viru-protect Erkältungsspray ein: Es konnte in einer Studie die Viruslast im Mund-Rachen-Raum senken und die Erkältungszeit nach der Infektion mit einem Rhinovirus verkürzen. Da nicht nur der Nasenraum, sondern auch der Rachen ein Zugang für Viren ist und dort eine starke Virusvermehrung stattfindet, erscheint die Anwendung eines Rachensprays gerechtfertigt. 

In den Studien, die mit den Nasensprays durchgeführt wurden, wurde lediglich die Viruslast anhand von Nasenabstrichen und nicht anhand von Rachenabstrichen bestimmt. Bei Corona hat sich allerdings herausgestellt, dass die Viren vor allem über die Riechschleimhaut der Nase eindringen – wodurch es zum Geruchsverlust kommt.

Eine nasale Impfung erzeugt eine höhere Immunität

Mit einem ganz anderen Ansatz erhofft man sich ebenfalls eine Art antiviraler Wirkung: Geforscht wird derzeit an nasalen Impfstoffen gegen COVID-19. Nasal applizierte Impfstoffe erzeugen wahrscheinlich eine Schleimhautimmunität, die bei den bisherigen intramuskulär verabreichten Impfstoffen nicht entsteht. 

IgA-Antikörper finden sich vor allem in Körpersekreten und führen durch eine direkte Inaktivierung eines Erregers auf der Schleimhaut zu einer höheren Immunität. IgA-Antikörper gegen SARS-CoV-2 werden daher bislang erst durch eine Infektion gebildet, nicht durch einen der bisher verfügbaren Impfstoffe.

Wie erkläre ich es meinen Kunden?

  • „Wenn alle in Ihrer Familie erkältet sind, empfehle ich Ihnen dieses Nasenspray. Es bildet eine Barriere auf der Schleimhaut und hüllt Viren so ein, dass sie schlechter in den Körper eindringen können. Man kann es zum Vorbeugen, aber auch bei den ersten Erkältungsanzeichen verwenden.“
  • „Nein, vollkommene Sicherheit gegen eine Corona-Erkrankung bietet ein Nasenspray nicht. Das Tragen einer Maske und die Impfung sind viel sicherer. Aber Sie können es für noch mehr Schutz zusätzlich verwenden.“
  • „Dieses Nasenspray kann bei der Anwendung ein wenig brennen. Das gehört zum Wirkprinzip, durch das die Schleimhaut kurz gereizt wird. Ziehen Sie es nicht zu stark in die Nase ein und halten Sie den Kopf bei der Anwendung gerade.“

Die Studienlage

Nasensprays, die als antiviral beworben werden, haben diese Wirkung vor allem in kleinen Studien gezeigt. Dabei hat sich eher eine Verkürzung der Erkältungsdauer gezeigt als ein vorbeugender Effekt. Dieser konnte auch gar nicht getestet werden, weil ethische Gründe eine bewusste Infektion mit einem Virus verbieten. 

Da die Nasensprays keine nennenswerten Nebenwirkungen haben, können sie bedenkenlos empfohlen werden. Es ist allerdings möglich, dass sie ein falsches Gefühl der Sicherheit erzeugen – ihre Wirkung ist keinesfalls vergleichbar mit dem Tragen einer Maske oder gar einer Impfung. Am sinnvollsten ist eine Anwendung in der ersten Phase einer Infektion. Dann ist die Virusvermehrung am höchsten und daher der Schutz der Schleimhäute am wichtigsten.

Rebekka Pavone

Apothekerin

Ehningen

autor@ptaheute.de