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Erenumab: Der erste Antikörper zur Migräneprophylaxe ist da

Ab sofort steht Migräne-Patienten die Möglichkeit einer prophylaktischen Behandlung mit dem Antikörper Erenumab zur Verfügung. | Bild: gpointstudio / AdobeStock

Den Zulassungsantrag von Aimovig® hatte die Europäische Arzneimittelagentur EMA bereits Mitte 2017 akzeptiert. Der dortige Humanarzneimittelausschuss der EMA (CHMP) sprach seine Zulassungsempfehlung für Erenumab dann rund ein Jahr später, im Juni dieses Jahres, aus. Den nächsten „Step“ meisterte Novartis, der Hersteller von Aimovig®, mit der EU-Zulassung. Darüber entscheidet die die Europäische Kommission, und die Zulassung von Erenumab erfolgte im Juli 2018. Nun, zum 1. November, kommt der erste Antikörper zur Migräneprophylaxe in den deutschen Markt und somit zum Patienten. Wie so häufig waren die Vereinigten Staaten uns hier in Europa etwas voraus, die Zulassung der FDA (amerikanische Arzneimittelbehörde) erfolgte bereits im Mai dieses Jahres. Dort hält auch nicht Novartis die Vermarktungsrechte an Aimovig®, sondern Amgen. Die beiden Konzerne hatten Erenumab gemeinsam entwickelt und die Vermarktungsrechte dann untereinander aufgeteilt

Wie wirkt Erenumab?

Erenumab adressiert ein völlig neues Target (Zielstruktur) in der Therapie der Migräne. Der Antikörper bindet an den Rezeptor von CGRP. CGRP steht für Calcitonin Gene-Related Peptide, ein Eiweiß (Peptid), dem im Entzündungsgeschehen bei Migräne eine bedeutende Rolle zukommt. Dass CGRP bei der Entstehung der Migräne eine große Rolle spielt, wird unter anderem durch zwei Beobachtungen gestützt: CGRP-Injektionen können bei Migränepatienten einen Migräneanfall auslösen, außerdem weisen Migräniker während einer Attacke erhöhte Spiegel an CGRP auf. Durch die Bindung von Erenumab an den Rezeptor von CGRP, wird die entzündungsfördernde Wirkung des Peptids verhindert – und somit ein Faktor im Krankheitsgeschehen der Migräne ausgeschaltet.

Für wen eignet sich Aimovig®?

Erenumab dient der Migräne-Prophylaxe. Es ist indiziert für erwachsene Patienten mit mindestens vier Migränetagen pro Monat. Der Antikörper muss gespritzt werden, und zwar erfolgt die Injektion unter die Haut, subkutan. Novartis bietet zwei Applikationsarten für Erenumab an: als Fertigspritze und als Fertigpen. Der Fertigpen ist dafür gedacht, dass die Patienten – nach erfolgter Einweisung – sich Aimovig® auch selbst verabreichen können. 

Jeder Pen beziehungsweise jede Fertigspritze enthält 70 mg Erenumab. Die Injektion erfolgt alle vier Wochen. Wenn sich nach drei Monaten Therapie die Migräne nicht bessert, sollte die Erenumab-Behandlung überdacht werden. In der Regel erhalten Patienten 70 mg pro Applikation. Jedoch weist Novartis in der Fachinformation auch darauf hin, dass manche Migräniker von einer höheren Dosis mit 140 mg Erenumab profitieren können. Eine separate Fertigspritze oder einen extra Fertigpen mit dieser Stärke gibt es jedoch nicht, das heißt, der Patient bekommt einfach zwei Injektionen à 70 mg.

Erenumab ist der erste Migräne-Antikörper, doch weitere sind in der Pipeline

Aimovig® hat zwar das Rennen um den ersten Antikörper gegen Migräne gewonnen, doch auch andere forschende Pharmaunternehmen setzen auf das CGRP-Antikörper-Prinzip. Am weitesten sind Galcanezumab und Fremanezumab bereits gediehen. Beide Antikörper sind in den USA mittlerweile zugelassen. Handelsname von Galcanezumab ist EmgalitiyTM , Fremanezumab ist der Wirkstoff im Fertigarzneimittel AjovyTM. In Europa dauert es wohl noch etwas, bis Erenumab in Aimovig® Konkurrenz bekommt. Zwar hat der Humanarzneimittelausschuss der EMA für Galcanezumab seine Zulassungsempfehlung ausgesprochen, bei Fremanezumab allerdings ist bislang die Zulassung lediglich beantragt. Eine Entscheidung gibt es noch nicht. Beide Antikörper verhindern ebenfalls die Wirkung von CGRP, allerdings auf eine etwas andere Art als Erenumab in Aimovig®. Denn Galcanezumab und Fremanezumab richten sich nicht gegen den Rezeptor von CGRP, sondern neutralisieren CGRP direkt (binden an CGRP). Der vierte Migräne-Antikörper im Boot ist Eptinezumab. Jedoch sind hier weder in den USA noch in Europa die Zulassungen bislang beantragt.