Rezeptur
Praxiswissen
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Tipps zur Verarbeitung von Aluminiumchlorid-Hexahydrat

Deodorant wird auf weibliche Achsel gerieben
Hydrogele mit Aluminiumchlorid-Hexahydrat kommen bei Hyperhidrose, der krankhaft vermehrten Schweißbildung zum Einsatz. Aufgrund der korosiven Eigenschaften sollte bei Herstellung und Verpackung auf metallische Gegenstände verzichtet werden. | Quelle: nenetus / AdobeStock

Um den Körper zu kühlen ist Schwitzen ein lebenswichtiger Vorgang. Sobald die Ist-Temperatur über die Soll-Temperatur des Körpers von etwa 37 °C ansteigt bilden die Schweißdrüsen ein wässriges Sekret. Der Schweiß gelangt auf die Haut, verdunstet und kühlt so den Körper. Im Rahmen einer Hyperhidrose produzieren die Schweißdrüsen ständig zu viel Schweiß, für die betroffenen Patienten ist dies äußerst unangenehm. Sie leiden unter feuchten Händen, Schweißflecken unter den Armen, Schweißperlen im Gesicht oder unter nassen Füßen. 

Zur Behandlung der Hyperhidrose kommen lokal anzuwendende Zubereitungen mit Aluminiumchlorid-Hexahydrat zum Einsatz. Aluminiumchlorid hemmt dabei konzentrationsabhängig die Schweißsekretion. Durch Schädigung der Epithelzellen in den Ausführungsgängen der Schweißdrüsen kommt es zum reversiblen Verschluss dieser Gänge. Zubereitungen mit Aluminiumchlorid wirken wegen ihrer antibakteriellen Aktivität auch desodorierend, die Bildung von geruchsaktiven Substanzen durch die normale Bakterienbesiedelung der Haut wird unterbunden.

Eigenschaften der Rezeptursubstanz

Aluminiumchlorid-Hexahydrat ist eine farblose, kristalline Substanz, die in Wasser eine sehr gute Löslichkeit zeigt. In Alkoholen wie Glycerol oder Propylenglycol sowie auch in Alkohol-Wasser-Mischungen ist sie gut löslich. Eine Verarbeitung der anorganischen Substanz erfolgt meistens zu Hydrogelen oder wässrig-alkoholischen Lösungen, die übliche therapeutische Konzentration liegt dabei zwischen 10 und 30 Prozent. Aufgrund der korrosiven Wirkung sollten zur Herstellung von Rezepturen grundsätzlich keine Gegenstände aus Metall verwendet werden. Ein kurzfristiger Kontakt mit den Werkzeugwellen eventuell eingesetzter automatischer Rührsysteme ist jedoch unbedenklich.

Alkoholische Lösungen

Möchte der Arzt neben der antihidrotischen Wirkung die Haut zusätzlich kühlen, so kann er eine wässrig-alkoholische Lösung verordnen. Im NRF ist dazu unter der Vorschrift 11.1. eine 2-Propanolhaltige Aluminiumchlorid-Hexahydrat Lösung in Dosierungen von 15 und 20 Prozent monographiert.

2-Propanolhaltige Aluminiumchlorid-Hexahydrat Lösung

  • Aluminiumchlorid-Hexahydrat 15,0 g
  • Gereinigtes Wasser 15,0 g
  • 2-Propanol zu 100,0 g

Aluminiumchlorid-Hexahydrat zeigt in Wasser eine bessere und schnellere Löslichkeit als in reinem 2-Propanol. Deshalb wird bei der Herstellung empfohlen, den Wirkstoff zunächst weitgehend im Gereinigten Wasser zu lösen. Der verbleibende Rest löst sich dann nach Zugabe von 2-Propanol.

Anwendung

Zu Beginn der Behandlung wird die Lösung normalerweise 1 bis 2 Wochen lang jeden zweiten Tag vor dem Schlafengehen aufgetragen, eventuell verbleibende Rückstände können am Morgen abgewaschen werden. Anschließend kann die Wirkung durch nur noch eine Anwendung in der Woche aufrechterhalten werden. Da die Lösung bei starkem Schweißfluss rasch weggespült wird und dann nahezu unwirksam ist, sollte sie nicht auf schwitzende Haut aufgetragen werden. Durch Einmassieren und auch unter Okklusivbedingungen nimmt die Wirksamkeit der Substanz zu. Im Bereich der Achselhöhlen herrschen naturgemäß annähernd okklusive Bedingungen. Eine Anwendung in den Achselhöhlen sollte grundsätzlich nicht unmittelbar nach der Rasur erfolgen, weiterhin ist Kontakt mit Augen und Schleimhäuten zu vermeiden.

Viskose Lösung und Hydrogele

Die meisten Patienten empfinden die Applikation eines Antihidrotikums mittels Deo-Roller als besonders einfach. Um diese Art der Anwendung zu ermöglichen kann die Viskosität der Lösung durch Zusatz eines Hilfsstoffs erhöht werden, dabei wird als Gelbildner meistens Hydroxyethylcellulose verwendet. In Konzentration von 2 Prozent können verdickte Lösungen erhalten werden, bei höherer Konzentration im Bereich 5 Prozent entstehen Hydrogele. Da Aluminiumchlorid-Hexahydrat zu den kationischen Wirkstoffen zählt, kann es mit anionischen Quellstoffen wie Carbomer und Carmellose-Natrium nicht verarbeitet werden.

Hydrophiles Aluminiumchlorid-Hexahydrat-Gel 20% NRF 11.24.

  • Aluminiumchlorid-Hexahydrat 20,0 g
  • Hydroxyethylcellulose 250 5,0 g
  • Gereinigtes Wasser zu 100,0 g

Zur Herstellung wird zunächst der Arzneistoff in Gereinigtem Wasser aufgelöst. Danach kann der Gelbildner unter Rühren auf die Oberfläche der Flüssigkeit aufgestreut und in dem Ansatz vorsichtig dispergiert werden. Kleine Pulvernester können an der Wand des verwendeten Becherglas zerstoßen werden. Normalerweise lässt sich Hydroxyethylcellulose 250 aber relativ problemlos verarbeiten und zeigt eine rasche Quellung. Schon nach einer Stunde sollte das Gel nur noch wenige Luftblasen enthalten und kann nach Ergänzung eventueller Verdunstungsverluste abgefüllt werden.

Weiteres Beispiel eines Hydrogels

  • Aluminiumchlorid-Hexahydrat 20,0 g
  • Hydroxyethylcellulose 5000 3,0 g 
  • Propylenglycol 5,0 g
  • Gereinigtes Wasser zu 100,0 g

Neben Zubereitungen mit Hydroxyethylcellulose 250 kann zur Herstellung von Hydrogelen auch der Gelbildner Hydroxyethylcellulose 5000 verwendet werden. Von diesem stärker verdickend wirkenden Quellstoff werden geringere Konzentrationen benötigt, die benötigte Quellzeit ist allerdings deutlich länger.

Konservierung und Verpackung

Normalerweise müssen wasserhaltige Rezepturen wie Lösungen oder Hydrogele durch Zusatz eines Konservierungsmittels vor mikrobiellem Verderb geschützt werden. Aluminiumchlorid-Hexahydrat zeigt allerdings in therapeutischen Konzentrationen eine stark saure Reaktion und eiweißfällende Wirkung. Entsprechende Zubereitungen sind daher mikrobiell nicht anfällig und bedürfen keiner weiteren Konservierung. Aufgrund der korrosiven Eigenschaft von Aluminiumchlorid-haltigen Zubereitungen dürfen diese nicht in Aluminiumtuben gepackt werden. Tabelle 1 zeigt eine Übersicht über geeignete Packmittel für verschiedene Darreichungsformen.

Primärpackmittel für Zubereitungen mit Aluminiumchlorid-Hexahydrat

Wässrig-alkoholische LösungenRundflasche aus Polyethylen mit Tropfeinsatz und Verschlusskappe
Viskose LösungenRoll-on-Glas
Hydrogele

Einwegspritze mit Verschlusskonus

Weithalsglas aus Braunglas und einem Spatel als Applikationshilfe

Gut zu wissen: Sind Aluminiumsalze gesundheitsschädliche?

Immer wieder wird die Anwendung von Aluminiumchlorid-Hexahydrat in Antitranspirantien kritisch hinterfragt und eine mögliche Beteiligung der Verbindung an der Entstehung von Brustkrebs oder der Alzheimer-Krankheit vermutet. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sieht bisher aber keine Hinweise auf eine gesundheitliche Gefährdung bei der Anwendung entsprechender Zubereitungen. Im Vergleich zur täglichen Aufnahme von Aluminium über die Nahrung, ist der Anteil bei lokaler Anwendung wohl sehr gering. 

In Lösungen und Hydrogelen liegt Aluminiumchlorid-Hexahydrat gelöst vor, auf der Haut entstehen jedoch mit Eiweißen und anderen Bestandteilen von Haut und Schweiß chemische Komplexe, die von einer gesunden Haut praktisch nicht aufgenommen werden. Zudem begrenzt die positive Ladung des Wirkstoffs prinzipiell die Fähigkeit zur Haut-Penetration. Nach der Applikation Aluminiumchlorid-haltiger Deodorants können zwar in der Epidermis und in der Dermis erhöhte Mengen an Aluminium festgestellt werden, dies ist insofern jedoch nicht überraschend, da das Salz die Ausführgänge der Schweißdrüsen blockiert und die Drüsen genau in diesen Bereichen der Haut lokalisiert sind. Ein Hinweis auf einen Übertritt der Aluminiumsalze in das umgebende Gewebe konnte in Biopsien bisher nicht gefunden werden. Um dies endgültig zu klären wird von Seiten des BfR jedoch weiterer Forschungsbedarf gesehen. Bis dahin lautet die Empfehlung die Exposition mit Aluminiumsalzen gering zu halten. Die Konzentration in Deodorants sollte nicht unnötig hoch gewählt und diese nicht auf verletzter oder frisch rasierter Haut aufgetragen werden.

Für den Überblick: Verarbeitung von Aluminiumchlorid-Hexahydrat in Rezepturen

Aluminiumchlorid-HexahydratHinweise
Synonyme Aluminium chloratum hexahydricum, Aluminiumchlorid 6 H2O
therapeutische Konzentration10 bis 30%
rezeptierbarer pH-BereichpH-Wert ≤ 4
ArzneiformenLösungen und Hydrogele
StabilitätZubereitungen gelten als chemisch stabil
Inkompatibilitäten Aluminiumchlorid-Hexahydrat ist als kationischer Arzneistoff mit anionischen Gelbildnern wie Carbomer (Polyacrylsäure) und Carmellose-Natrium unverträglich.
VerarbeitungDer Wirkstoff wird zunächst in Gereinigtem Wasser gelöst, anschließend wird der Alkohol zugegeben oder der Gelbildner aufgestreut und im Ansatz dispergiert.
KonservierungWirkstoff selbst antimikrobiell wirksam, keine Konservierung erforderlich.

Frage aus der Rezeptur?

Sie hatten eine schwer oder gar nicht herstellbare Rezeptur? Die Inhaltsstoffe waren beispielsweise nicht kompatibel? Die Phasen haben sich getrennt oder Ähnliches? Dann schicken Sie uns gerne eine Kopie des Rezepts. Wir greifen interessante Rezepturthemen in unserer Rubrik „Fragen aus der Rezeptur“ auf. Die Anfragen werden von unserer erfahrenen Rezeptur-Expertin Dr. Annina Bergner oder einem anderen kompetenten Ansprechpartner bearbeitet. Hierfür wird Ihre Anfrage per E-Mail weitergeleitet. Ihre persönlichen Daten werden nach der Bearbeitung gelöscht. Bitte beachten Sie, dass wir keine akute Hilfestellung vor der Abgabe leisten können.

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