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Mit dem Rauchen aufhören: Wie klappt es endlich?

Gerade zu Jahresbeginn ein großes Thema in vielen Apotheken: der Rauchstopp! | Bild: © L.Klauser - Fotolia.com

Verheißungsvoll wie Schneeglöckchen an den ersten Frühlingstagen sprießen die guten Vorsätze zum Jahreswechsel. Ernüchternd erlöschen sie meist allerdings auch wieder recht zügig, oft schon mit den letzten Funken der Feuerwerkskörper in der Silvesternacht. Rauchen aufhören, weniger Alkohol, keine Schokolade mehr dafür aber umso eifriger Sport treiben – das sind die Klassiker bei den gesunden Vorsätzen. Sie gehören zu Silvester wie Dinner for One und Raclette. Nicht umsonst steigen die Anmeldungen in den Fitnessstudios meist sprunghaft an, sobald Punkt Mitternacht das neue Jahr eingeläutet wird – während man sich gerade zum wiederholten Mal Sekt nachschenkt und sich am Buffet bei Mitternachtssnacks sündig tut.

"Same procedure as every year"

Sonderlich revolutionär sind die Vorsätze also meist nicht. Es gilt wohl nicht nur bei Miss Sophie und Butler James: Same procedure as every year. Warum ist das so? Offenbar scheint insbesondere mit dem Rauchen aufzuhören ein resistentes Unterfangen zu sein, und vielleicht ist das der Grund, warum sich Raucher jährlich das gleiche Ziel setzen können und bei ihren Neujahrsvorsätzen nicht sonderlich kreativ sein müssen: So ein Jahr ist lang, und irgendwann im Verlauf der Monate greifen viele abermals zur Zigarette – der alte Vorsatz ist aufs Neue gerettet, die Gesundheit weniger.

Neue Studie zeigt: Weniger rauchen genauso gefährlich

Dass der Rauchstopp zwar ein wiederholter, aber dennoch guter Vorsatz ist, zeigt eine aktuelle Studie aus den Vereinigten Staaten, die im JAMA Internal Medicine veröffentlicht wurde: Selbst Raucher, deren Konsum durchschnittlich bei weniger als einer Zigarette pro Tag liegt, haben ein höheres Sterberisiko als lebenslange Nichtraucher. Auch wenn sich der noch immer weit verbreitete Gedanke – wenig rauchen sei wie nicht rauchen – hartnäckig hält, ist dieser, nach der aktuellen Datenlage, offenbar also ein Irrglaube. 

Raucher sterben zehn Jahre früher

Gründe für den Rauchstopp finden nicht nur passionierte Nichtraucher, die meist nicht verlegen sind, die Belästigung durch den Raucher diesem offensichtlich und lautstark kundzutun und stets auf ihre Gefahren des Passivrauchens hinweisen. Auch bei Rauchern ist der Wunsch, die Zigarette endlich sein zu lassen durchaus vorhanden – an Silvester vielleicht ein bisschen ausgeprägter als an den restlichen 364 Tagen des Jahres. Neben den sozialen und gesellschaftlichen Aspekten – Rauchverbote, sozialer Druck durch das Umfeld – motivieren der Wunsch nach einer besseren körperlichen Fitness oder bereits aufgetretene gesundheitliche Beschwerden zum Rauchstopp. Auch finanzielle Überlegungen bewegen Tabakkonsumenten immer wieder einen Versuch zu starten, der Zigarette endgültig das Licht auszupusten: Rauchen ist teuer. Mittlerweile gibt es sogar Apps, die werdenden Nichtrauchern ihre durch den Rauchstopp gesparten Kosten täglich ausrechnen. Zigarettenkonsum ist also ungesund und teuer – nun ist es nicht so, dass Raucher nicht einschlägig vertraut sind mit den Fakten: 106.000 Tote infolge Tabakkonsums zählt die Bundesrepublik jährlich, weltweit sind es fünf Millionen. Im Mittel leben Raucher zehn Jahre kürzer als Nichtraucher. Zwei Drittel der Raucher haben allerdings bereits mindestens einen Versuch unternommen, der Zigarette den Garaus zumachen. Die Chancen auf Erfolg lesen sich allerdings ziemlich frustrierend: Lediglich drei bis sieben Prozent schaffen es, über sechs Monate erfolgreich rauchfrei zu sein.

Rauchstopp: Aller Anfang ist schwer

„Tabakabhängige Raucher bleiben lebenslang rückfallgefährdet“, diese ernüchternde Einschätzung findet die S3-Leitlinie Screening, Diagnostik und Behandlung des schädlichen und abhängigen Tabakkonsums. Die höchste Rückfallgefahr haben Raucher in den ersten Tagen ihrer Nicotinabstinenz – sie sinkt mit jedem Tag des Tabakverzichts, gleichermaßen steigen auch mit jedem Tag die Erfolgsaussichten, das Thema „Rauchen“ endgültig in den Papierkorb zu befördern. Was hilft Rauchern also durch die ersten zigarettenfreien Tage und macht gerade die schwierige Anfangszeit leichter? Rauchen ist eine Suchterkrankung, die sowohl die körperliche Abhängigkeit nach Nicotin als auch eine psychische Abhängigkeit beinhaltet. Hier ist es sinnvoll und für den Raucher hilfreich, zumindest das körperliche Verlangen nach Nicotin zu befriedigen. Zahlreiche Studien belegen die Wirksamkeit einer unterstützenden Nicotinersatztherapie (NET) bei der Tabakentwöhnung.

Nicotinersatz: Pflaster, Kaugummi & Co.

Die einzelnen Präparate – Pflaster, Kaugummis, Nicotinsprays, Inhaler oder Lutschtabletten – unterscheiden sich in ihrer Anwendung, aber auch in der Menge und Art, wie sie Nicotin freisetzen. Ein Nicotinpflaster gibt den Wirkstoff sehr gleichmäßig über die Haut ab, was bedeutet, dass Raucher damit sehr konstante Nicotinspiegel im Blut erhalten und wenigen Schwankungen ausgesetzt sind. Kaugummis, Sprays, Inhaler und Lutschtabletten wirken zwar viel rascher, dafür aber weniger gleichmäßig und deutlich kürzer.

Nicotinpflaster plus Kaugummi für starke Raucher

Nicht jedes dieser Nicotinpräparate eignet sich somit gleichermaßen für jeden Typ von Raucher. Für einen Gelegenheitsraucher ist eine Basalversorgung mit Nicotinpflastern nicht unbedingt erforderlich wie sie es für einen regelmäßigen oder starken Tabakkonsumenten sein kann. Gelegenheitsraucher kommen meist mit den kurzwirksamen Akutpräparaten (Spray, Inhaler, Kaugummi) ausreichend zurecht. Klassische Nicotinsubstitutionsprodukte gibt es beispielsweise von Nicorette® (Kaugummis in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen, Lutschtablette, Inhaler, Spray) oder auch von Nicotinell® (Kaugummis, Lutschtabletten). Regelmäßigen Tabakkonsumenten können PTAs eher die Pflaster anbieten (Nicotinell® Pflaster). Starke Raucher mit schweren Entzugserscheinungen profitieren hinsichtlich ihrer Erfolgschancen, wenn sie ein langwirksames Präparat mit einem schnell freisetzenden Akutpräparat kombinieren. Für eine solch duale Therapie eignen sich Pflaster plus Inhaler oder Kaugummis oder Spray. Zur Tabakentwöhnung sollen Raucher die NET über eine Dauer von acht bis zwölf Wochen anwenden und während dieser Zeit sukzessive reduzieren, entweder durch wirkstoffärmere Kaugummis oder den gelegentlichen Ersatz der Nicotinhaltigen Kaugummis durch wirkstofffreie. Die Dauer einer NET kann in bestimmten Fällen auch verlängert werden, wenn zwar ein guter Behandlungserfolg sichtbar ist, aber eine Rückfallgefahr immer noch besteht. Der psychischen Abhängigkeit beizukommen ist meist ein langwieriges Projekt. Die Hürde, dies in Angriff zu nehmen, meist deutlich höher als der Gang in die Apotheke für einen Nicotinersatz: Psychotherapien unterstützen eine dauerhafte Tabakabstinenz. So empfiehlt auch die Leitlinie Rauchern – mit dem höchsten Empfehlungsgrad A –verhaltenstherapeutische Maßnahmen wahrzunehmen.

Mit den drei A-Tipps können sich Raucher selbst austricksen

Hingegen ganz einfach umzusetzen – obendrein noch kostenfrei – sind die drei A-Tipps. Diese können PTA ihren künftigen Nichtraucherkunden in der Beratung zu NET immer unterstützend mit an die Hand geben: Aufschieben – wer den Wunsch nach einer Zigarette verspürt, sollte erst einmal zehnmal durchatmen. Raucher sollten außerdem Bereiche meiden, die eine besonders starke Versuchung darstellen, wie Rauchzonen im Bahnhof. Ausweichen also. Ablenken – ein einfaches Telefonat kann Rauchern helfen, ihre Gedanken auf etwas anderes als eine Zigarette zu fokussieren und so die Sucht ein wenig auszutricksen.

Nicotinersatz mit der E-Zigarette: Ein neuer Trend

E-Zigaretten sind auf dem Vormarsch. Sie werden zur Suchtentwöhnung mittlerweile ähnlich häufig eingesetzt wie andere Nicotinhaltige Ersatzpräparate. Bislang fehlen allerdings Langzeituntersuchungen zum Konsum von E-Zigaretten, weshalb ein Abschätzen der langfristigen gesundheitlichen Risiken derzeit nicht möglich ist. Kritik wird immer wieder laut zum Gehalt von Propylenglykol, das als Vernebelungsmittel dient. Auch wurden in manchen Liquids von E-Zigaretten Schwermetalle gefunden. 

Allerdings genießt die E-Zigarette eine sehr hohe Akzeptanz bei Rauchern, ist sie doch im Handling von allen Nicotinersatzpräparaten der Zigarette am ähnlichsten. Als Mittel zur „Harm Reduction“ kann sie drei Gruppen von Rauchern ansprechen und zur Tabakentwöhnung genutzt werden:  

  • Dauerhafte Alternative: Für Raucher ohne Abstinenzmotivation, die ihren Tabakkonsum reduzieren möchten. 
  • Vorübergehende Alternative bis zum Rauchstopp. Für Raucher, die erfolglos versucht haben, von der Zigarette loszukommen oder explizit eine neue Methode zur Rauchentwöhnung testen wollen. 
  • Dual Use: Kombinierter Gebrauch von Tabak- und E-Zigaretten, um dauerhaft den Zigarettenkonsum zu reduzieren.

Rauchstopp: Zahlt die Krankenkasse?

Immer wieder konfrontieren Kunden PTA bei der Beratung zu Nicotinersatzpräparaten mit der Frage: „Zahlt das nicht die Krankenkasse?“ Die Antwort ist hier eindeutig: Nein. Arzneimittel, die hauptsächlich dazu dienen, die Lebensqualität der Patienten zu erhöhen, schließt die Krankenkasse von der Erstattung aus (§ 34 SGB V Abs. 1 A). Darunter fallen auch Arzneimittel zur Rauchentwöhnung. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) argumentiert: „Da es sich dabei um Arzneimittel handelt, deren Einsatz im Wesentlichen durch die private Lebensführung bedingt ist, ist jeder Verbraucher für deren Finanzierung selbst verantwortlich.“ Somit zahlen Raucher Nicotinersatzpräparate oder andere Arzneimittel, die ihre Rauchentwöhnung unterstützen sollen, selbst. Der G-BA listet in der Anlage II der Arzneimittelrichtlinie Präparate, die von der Erstattung ausgeschlossen sind: Nicotin (Niquitin®, Nicopass®, Nicopatch®, Nicorette®, Nicotinell®, Nikofrenon®), Bupropion (Zyban®) und Vareniclin (Champix®). Die Arzneimittel Bupropion und Vareniclin sind rezeptpflichtig, dennoch aber nicht erstattungsfähig. Sie fallen nicht unter die First-Line-Therapie zur Rauchentwöhnung, sondern sollen erst dann zum Einsatz kommen, wenn eine Nicotinersatztherapie erfolglos geblieben ist.